56. Wiener Gemeinderat: Rechnungsabschluss 2023 (16)
GRin Mag. Ursula Berner, MA (GRÜNE) widmete sich dem Thema Kinder- und Jugendhilfe in Wien. Jedes einzelne Kind würde eine sichere Umgebung zum Aufwachsen verdienen, darum müsse sich die Stadt kümmern. Viele Kinder könnten nicht bei ihren Eltern leben, genau hier würde Wien Verantwortung übernehmen. Doch die Zustände etwa in den Krisen-Wohngemeinschaften seien leider nicht verbessert worden, „es ist immer noch viel zu tun“. Die Mitarbeiter*innen dort seien bemüht, aber durch die herrschenden Bedingungen überfordert. Die Wohngemeinschaften seien weiterhin überbelegt. Kleinkinder würden in Wohngemeinschaften untergebracht, weil es für sie zuwenig Kriseneltern gebe. Die Anstellung der Kriseneltern sei ein guter Ansatz gewesen, doch 1.500 Euro Monatsgehalt für einen emotional anstrengenden 24/7-Job seien zuwenig. Die Stadt würde sich im Bereich der Pflegeeltern auf das Ehrenamt und auf die Selbstlosigkeit verlassen. Für eine gute Zukunft der betroffenen Kinder müsse eine strukturell besser verankerte Fürsorge geschaffen und stärkere finanzielle Anreize angeboten werden. Längerfristig würden auch junge Erwachsene, die nach dem 18. Lebensjahr in Krisen kommen, Hilfe benötigen. „Bauen Sie die MA 11 von einem Feuerlöscher in dramatischen Krisensituationen zu einer präventiven Abteilung um, damit wir Familien und Jugendliche begleiten können, bevor etwas passiert“, verlangte Berner in Richtung Vizebürgermeister Wiederkehr. Berner brachte außerdem einen Antrag auf Zuweisung an den zuständigen Gemeinderatsausschuss betreffend legale Graffiti-Flächen ein.
Auch wenn er Deutsch, Wienerisch und alle Dialekte liebe, hob GR Jörg Neumayer, MA (SPÖ) den positiven Nutzen der Mehrsprachigkeit in der Stadt hervor, damit so die wirtschaftlichen Partnerschaften in einem vernetzten Europa gestärkt werden. Acht Bundesländer würden verhältnismäßig mehr Kontingente an Lehrpersonal und finanziellen Zuwendungen vom Bund erhalten als Wien. Das österreichische Schulsystem sei teuer und ineffizient, hielt Neumayer fest. Im finnischen Schulsystem zum Beispiel sei die Lehrkraft ein Coach und eine begleitende Person, die die jungen Menschen auf das zukünftige Leben in einer Gesellschaft vorbereite. Der modulare Wohnbau sei in der ganzen Welt bekannt, deshalb verstehe er das Urteil von Gemeinderat Kieslich nicht, dass Kinder in Container unterrichtet würden. Zur Digitalisierung im Bildungsbereich: Im Kindergarten seien im Vorjahr sieben Millionen Euro investiert worden, auch in den städtischen Musikschulen seien die Möglichkeiten erweitert worden. „Uns geht es darum, dass jedes Kind heute die beste digitale Bildung bekommt, damit es sich morgen den Arbeitsplatz der Zukunft selber aussuchen kann“, schloss Neumayer.
VBgm Christoph Wiederkehr, MA (NEOS) meinte, dass das Budget 2023 bereits während der Corona-Krise 2021 erstellt worden sei. Und mit neuen Herausforderungen wie dem Krieg in der Ukraine, sei es schwierig das Budget vorausschauend zu planen. Wichtig sei ihm die Entlastung der gesellschaftlichen Mitte, wie es mit dem kostenfreien Mittagessen an allen Ganztagsschulen gelungen sei. Mit 3,84 Mrd. Euro könne seine Geschäftsgruppe Rekordinvestitionen vorweisen. Das Geld diene dazu, Kindergärten und Schulen zu stärken sowie auf Krisen reagieren zu können. Im Schulbereich entgegnete Wiederkehr dem Vorwurf, dass Krisen nicht im Budget eingeplant worden seien, dass man etwa einen Krieg in der Ukraine nicht vorhersehen und also auch nicht einplanen könne. Trotzdem sei es gelungen, 4.000 Kinder in kürzester Zeit aufzunehmen und in den Unterricht zu integrieren. Gleichzeitig mit dem Bevölkerungswachstum und der verstärkten Familienzusammenführung seien große Herausforderung für die Infrastruktur entstanden, die aber mit der vorausschauenden Planung bewältigt worden seien. Allein im Jahr 2023 sei Wien um mehr als 50.000 Menschen gewachsen, im Pflichtschulbereich gab es zehn Prozent mehr Wiener Kinder. Bei der Schulwahl gebe es in Wien eine immense Freiheit – „und das ist auch gut so“, fand Wiederkehr. Gleichzeitig würden die verschiedenen Schulformen unterstützt, etwa mit dem Gratis-Mittagessen für offene Volksschulen. „Das wird aber nicht der letzte Schritt sein, denn unsere Vision ist eine kostenfreie Bildung für alle Kinder“, so Wiederkehr. Abseits der Unterstützungsmaßnahmen für Schulen seien auch innovative Bildungsprojekte wie die Wiener Bildungschancen, das Wiener Bildungsfestival, die Wiener Mutmillion, die zweite Auflage des Wiener Bildungsversprechens und das Zentrum für Bildungsinnovation geschaffen worden. In der Elementarbildung seien beispielsweise mehr als 500 Millionen Euro für private Kindergärten in die Hand genommen worden. „Die Kinder sind uns sowohl in privaten und als auch in städtischen Einrichtungen wichtig, deshalb stärken wir beide Träger. Es geht um die Bildungschancen der Kleinsten in unserer Stadt“, so Wiederkehr. Es gebe zuwenig Plätze für Kinder mit Behinderung, morgen am Freitag gebe es dazu gemeinsam mit Expert*innen eine Veranstaltung, um dort gemeinsam die besten Lösungen für ein neues Gesetz zu finden. Essentiell sei für Wiederkehr die Sprachförderung. Eine Herausforderung sei dabei, dass ein Drittel der Kinder im Volksschulbereich außerordentliche Schüler*innen seien. Das Teilen und Vermitteln von gemeinsamen Grundwerten sei in der Stadt von größter Bedeutung, deshalb sei das Projekt Prinzip Wien gestartet worden; im kommenden Herbst werde dazu ein Wertekonvent stattfinden. Der Ausbau der ambulanten Angebote in der ganzen Stadt im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe mache ihn stolz, von der Ausweitung würden zusätzlich mehr als 240 Familien profitieren. Er habe die Vision, Wien mit Projekten wie den Summer City Camps oder die Bildungsgrätzl zur kinder- und jugendfreundlichsten Stadt der Welt zu machen, sagte Wiederkehr. Zur Magistratsabteilung 35: Viele Reformen seien bereits umgesetzt worden, stolz sei er darauf, dass die Verfahrensdauer im Bereich der Einwanderung um 60 Prozent gesenkt worden sei. Im Bereich der Staatsbürgerschaft gebe es aber mit dem großen Anstieg von Anträgen weiterhin Herausforderungen, so Wiederkehr, der abschließend allen Mitarbeiter*innen in der Geschäftsgruppe seinen Dank aussprach.
Beratung der Geschäftsgruppe Wohnen, Wohnbau, Stadterneuerung und Frauen gemeinsam mit dem Jahresabschluss der Unternehmung „Stadt Wien – Wiener Wohnen“ für das Jahr 2023
GR Mag. Dietbert Kowarik (FPÖ) sprach zum Zustand des sozialen Wohnbaus in Wien. Es gebe einen „Schatz“ aus früheren Jahren – nämlich die Gemeindebauten, die eine positive Basis bilden würden, damit die Menschen kostengünstig wohnen können. Der Druck am Wohnungsmarkt in Wien würde stetig steigen, deshalb sei es notwendig, dass die Bauleistung für neue Gemeindebauten wesentlich erhöht werde, meinte Kowarik. Der Zustand einiger Gemeindebauten zeige den dringenden Bedarf an Sanierungen der Wohnbauten. Der Bundesrechnungshofbericht habe gezeigt, dass der Sanierungszyklus auf 40 Jahre gestreckt worden sei – „aber auch das werden wir nicht schaffen“, prophezeite Kowarik. In der Leebgasse 94-96 in Favoriten habe der Stadtrechnungshofbericht gezeigt, „dass Wiener Wohnen nicht die Fähigkeiten besitzt Sanierungsmaßnahmen durchzuführen“. 2005 sei dort erstmals festgestellt worden, dass der Gemeindebau Leebgasse saniert werden müsse, mit einer Summe von rund 1,1 Millionen Euro. Zehn Jahre später sei der Wiener Wohnen Kundenservice GmbH die Projektleitung übertragen worden, der Baubeginn sei mehrmals verschoben worden. Massive Kritik und Empfehlungen seitens des Stadtrechnungshofberichts würden zeigen, dass zahlreiche Unklarheiten bei den Abrechnungen dazu geführt hätten, dass eine Endabrechnung auch 2024 noch nicht vorliegen würde. „So sollte eine Sanierungsmaßnahme nicht durchgeführt werden. Mit so einem Vorbild schaffen wir das Ziel, die Gemeindebauten in angemessener Frist zu sanieren, bei weitem nicht“, bilanzierte Kowarik.
GRin Dipl.-Ing. Selma Arapovic (NEOS) bezeichnete Wien als lebenswerteste Stadt der Welt, dazu gehöre aber auch die Leistbarkeit der Angebote. Leistbarkeit werde oft über das Wohnen definiert, da sei Wien mit dem sozialen Wohnbau gut aufgestellt. Darüber hinaus brauche es mehr als eine Vielfalt an qualitativen Angeboten, diese Angebote müssen auch leistbar für alle Menschen und Familien sein, meinte Arapovic. Wien schaffe es, mit dem Stadterneuerungsprojekt „WieNeuPlus“, das sich mit der Bestandsstadt und deren Weiterentwicklung auseinandersetzt, diese Leistbarkeit zu ermöglichen. „WieNeuPlus“ zeige, was notwendig sei, damit die einzelnen Grätzl lebenswerter, klimafitter und zukunftsfähiger werden. Ein weiterer wichtiger Punkt für die Leistbarkeit sei die Höhe der Energiekosten, die durch Einsparungen und auch Änderungen der Energiequellen hin zu Photovoltaik und Fernwärme gesenkt werden könne, meinte Arapovic. Dazu gehöre auch die Dekarbonisierung mit Heizungstausch und Tausch der Heizkörper in den Wohnungen. Zu diesen oft komplexen Themen biete die „Hauskunft“ kostenlose Beratung und zweimal im Monat Info-Veranstaltungen. Mit der Wohnbeihilfe Neu seien die Fördersätze und der Kreis der Anspruchsberechtigen erweitert worden, dafür stehen nun 150 Millionen Euro bereit. Mit „Raus aus Gas“ und dem Wiener Wärmeplan seien die Voraussetzungen gegeben, dass in Wien 2040 keine Gasheizungen mehr in Betrieb sein werden. Die 2023 beschlossene Bauordnungsnovelle beinhalte ein umfassendes Paket zum Erhalt schützenswerter Gebäude, eine verstärkte Regulierung der Kurzzeitvermietung, einen Paradigmenwechsel im Umgang mit der Stellplatzverpflichtung und zusätzliche Infrastruktur für nachhaltige Mobilität, schloss Arapovic. (Forts.) nic
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