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Dringliche Anfrage: SPÖ sieht wohnpolitische Versäumnisse der Bundesregierung

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Die SPÖ nahm die heutige Bundesratssitzung zum Anlass, die Bunderegierung mit einer Dringlichen Anfrage unter dem Titel "umfassendes Reformpaket für leistbares Wohnen" zu konfrontieren. Darin bemängeln Antragsteller Christian Fischer (SPÖ/N) und seine Mitstreiter:innen zahlreiche aus ihrer Sicht unerledigte wohnpolitische Vorhaben aus dem Regierungsprogramm und richten 20 diesbezügliche Fragen an Bundeskanzler Karl Nehammer. In dessen Vertretung stand Staatssekretärin Claudia Plakolm den Bundesrät:innen Rede und Antwort.

Offen seien laut Anfrage etwa die angekündigten Maßnahmen gegen den Leerstand, die verfassungsrechtliche Verankerung der Widmungskategorie "Sozialer Wohnbau", die Wiedereinführung der Zweckwidmung der Wohnbauförderung im Rahmen des Finanzausgleichs sowie das gesamte Kapitel "Schaffung von leistbarem Wohnraum". Die Mieterhöhungen der letzten Monate hätten die "galoppierende Inflation" weiter befeuert, was nicht nur einen Schaden für die Mieter:innen darstelle, sondern auch für die gesamte Wirtschaft. Es brauche insgesamt ein neues System mit klaren Mietobergrenzen und einem neuen Index für die Mietpreisentwicklung, so die Sozialdemokrat:innen.

In der Dringlichen Anfrage sowie in zwei Entschließungsanträgen führen sie außerdem ihre wohnpolitischen Forderungen neben den aus dem Regierungsprogramm genannten Maßnahmen an. Diese umfassen unter anderem das Einfrieren sämtlicher Mieten bis Ende 2025, die Ausrichtung der Indexierung am EZB-Leitzinssatz mit einer Deckelung von 2 % pro Jahr, die Einführung eines transparenten neuen Mietrechts (Universalmietrecht), die Wiedereinführung der Wohnbauinvestitionsbank (WBIB) zur Sicherstellung der Finanzierung des sozialen Wohnbaus, die Erhöhung der Wohnbauförderung auf 1 % des BIP und die Einführung eines Zinsregulierungsgesetzes, das für bestimmte Grundbeträge einen Mindestzinssatz für Spareinlagen

und einen Höchstzinssatz für Wohn- und Überziehungskredite

festlegt. Beide im Zuge der Debatte eingebrachten Entschließungsanträge blieben in der Minderheit.

SPÖ: Gescheiterte Inflationsbekämpfung ist Grundproblem

Im Bundesratsplenum betonte Antragsteller Christian Fischer (SPÖ/N), dass 28 der 34 von der Bunderegierung angekündigten wohnpolitischen Maßnahmen weniger als ein Jahr vor der Nationalratswahl noch nicht umgesetzt seien. Während die Unternehmer:innen zahlreiche Unterstützungsleistungen erhalten hätten, seien die Mieter:innen angesichts der hohen Inflationsraten praktisch leer ausgegangen. Sowohl ÖVP als auch FPÖ hätten die SPÖ-Forderung nach einem Aussetzen der Mieterhöhungen mehrmals abgelehnt, so Fischer. Den von der Bunderegierung geplanten Mietpreisdeckel bezeichnete er als "Schmäh", da der gesamte unregulierte Wohnungsmarkt nicht berücksichtigt werde.

Das Grundproblem in vielen Bereichen – und insbesondere in der Wohnpolitik – sei das Scheitern der Bundesregierung bei der Bekämpfung der Inflation, konstatierte Korinna Schumann (SPÖ/W). Die Mieten seien teilweise in kürzester Zeit dreimal erhöht worden, was die Mieter:innen oftmals vor existenzielle Probleme stelle. Es hätte von Anfang an die von der SPÖ geforderte Mietpreisbremse gebraucht, die auch die Inflation gedämpft hätte, so Schumann. Auch die Bauwirtschaft "liegt darnieder" und habe einen Anstieg der Arbeitslosigkeit um 14 % sowie der Insolvenzen um 13 % zu verzeichnen. Diese Entwicklung werde sich auch auf andere Branchen übertragen, weshalb es dringend einen "Schutzschirm" benötige.

Plakolm: Eigenheim muss wieder ermöglicht werden

In Österreich könne jeder der Arbeiten gehe auch ein "ordentliches Dach über dem Kopf" haben, zeigte sich Staatssekrtärin Claudia Plakolm überzeugt und betonte, dass auch denjenigen geholfen werde, die "nicht auf die Butterseite des Lebens" gefallen seien. Die Bundesregierung habe viele nachhaltige Maßnahmen im Wohnbereich gesetzt, wie etwa den Wohnschirm gegen Delogierungen, die Einführung von Unterstützungsleistungen bei Sanierungen oder des Bestellerprinzips bei Maklergebühren, was insbesondere jungen Menschen zugutekomme. Generell sei das Regierungsprogramm in einer Zeit beschlossen worden, in der die Krisen der vergangenen Jahre noch nicht absehbar gewesen seien, erklärte Plakolm. Deshalb habe "der Blickwinkel" auf die politischen Problemlagen geändert und auf schnelle Entlastungsmaßnahmen gerichtet werden müssen.

Viele der SPÖ-Forderungen, wie die Wiedereinführung der WBIB oder die Erhöhung der Leerstandsabgaben seien laut Plakolm "zu einfach gedacht". So sei etwa ein gewisser Leerstand notwendig, um Sanierungen oder Wohnungswechsel zu ermöglichen. Eines der drängendsten Probleme sah Plakolm darin, dass ein "gefährlicher Dreiklang" aus hohen Baukosten und Zinsen sowie strengen Kreditrichtlinien den Eigenheimerwerb für junge Menschen fast verunmöglichen würde, obwohl sich laut Studien über 90 % den Besitz "der eigenen vier Wände" als Ziel setzen würden. Wenn etwa ein Paar, von dem beide Vollzeit arbeiten, keinen Kredit bekäme, laufe etwas falsch, erklärte Plakolm. Hier habe die Bundesregierung insbesondere bei den staatlichen Nebenkosten für Erleichterungen gesorgt. Nun müsse die Finanzmarktaufsicht auch die Kreditrichtlinien "entschärfen", um jungen Menschen wieder eine Perspektive zu geben.

Koalition: Bundesregierung hat die richtigen Maßnahmen gesetzt

ÖVP-Bunderätin Andrea Eder-Gitschthaler aus Salzburg zeigte kein Verständnis für die sozialpolitische Lageanalyse der SPÖ. Diese würde ein gänzlich anderes Bild von Österreich zeichnen, als der Realität entsprechen würde. Die Christkindlmärkte und Restaurants seien überfüllt, da die Menschen glücklicherweise "Freude am Leben" hätten. Eder-Gitschthaler verhehle nicht, dass es auch Menschen gebe, die Hilfe benötigten, aber diese bekämen sie auch. Sie zählte eine Reihe an umgesetzten Entlastungsmaßnahmen auf und vermutete, dass die SPÖ aus strategischen Gründen "alles schlecht redet". Es sei an der Zeit, an Österreich und seine Menschen zu glauben, so Eder-Gitschthaler.

Ihr Wiener Fraktionskollege Matthias Zauner gestand zu, dass das Leben in Österreich teurer geworden sei, allerdings hätten sich auch die Löhne, Gehälter und Sozialleistungen erhöht. Laut Eurostat verzeichne Österreich bei der manifesten Armut mit 2,3 % den sechstbesten Wert in der EU und die Kaufkraft sei um 50 % höher als im europäischen Durchschnitt. Dies zeige, dass die Bundesregierung die richtigen Maßnahmen gesetzt habe, sagte Zauner.

Elisabeth Kittl (Grüne/W) sprach der SPÖ in Sachen Wohnpolitik ihre Glaubwürdigkeit ab, da sie ihre Forderungen in den von ihnen geführten Bundesländern selbst nicht umsetze. Etwa Wien habe erst Maßnahmen gesetzt, nachdem die Bundesregierung mit Entlastungsmaßnahmen auf die Teuerung reagiert habe. Für Kittl grenze es auch an "Hohn" den vorgesehenen Mietpreisdeckel der Bundesregierung als "Schmäh" zu bezeichnen, da dieser in den nächsten drei Jahren 2,5 Mio. Österreicher:innen nachhaltig entlasten werde. Zudem würden Studien zeigen, dass das unterste Einkommensfünftel der Bevölkerung 2023 über eine höhere Kaufkraft verfüge als 2019 vor der Pandemie-Krise. Auch die Baubranche werde von dem gerade beschlossene Finanzausgleichsgesetz und den damit zur Verfügung gestellten Mitteln profitieren, entgegnete Kittl der SPÖ.

FPÖ: Massenzuwanderung und "Aushungerung" des ländlichen Raums als Faktoren für hohe Wohnkosten

Die Christkindelmärkte seien gut besucht, da Tourist:innen aus Ländern kämen, deren Regierungen die Inflation besser in den Griff bekommen hätten als die österreichische, widersprach Andrea Michaela Schartel (FPÖ/St) der Darstellung der ÖVP. Viele Menschen hätten hierzulande einen "wahren Überlebenskampf" zu bestreiten. Die "explosionsartige" Steigerung der Mieten sei jedoch nicht ausschließlich auf die Inflation zurückzuführen. So seien laut Schartel auch die "unkontrollierte Massenzuwanderung" und die "systematische Aushungerung" des ländlichen Raums ausschlaggebend, für den ständigen Zuzug in die Städte, wodurch sich die Mieten erhöhen würden.

Isabella Theuermann (FPÖ/K) sprach von einem "nicht enden wollenden schwarz-grünen Alptraum" und verwies auf Immobiliengeschäfte in den Reihen der ÖVP, die sie als "Freunderlwirtschaft" klassifizierte. Die von der Bunderegierung geplante Mietpreisbremse sei eine "Mogelpackung" und nicht durchdacht, da die Wohnbaugenossenschaften die dadurch entstehenden Mindereinnahmen nicht abgegolten bekämen. Laut Theuermann biete jedoch auch die SPÖ in den von ihr geführten Bundesländern keine effektiven Lösungen.

NEOS: SPÖ-Vorschläge teilweise fragwürdig

Generell könne niemand etwas gegen leistbares Wohnen haben, doch seien einige der von der SPÖ vorgeschlagenen Maßnahmen dafür fragwürdig, sagte NEOS-Mandatar Karl-Arthur Arlamovsky aus Wien. Manche von ihnen seien fehlgeleitet, andere griffen zu kurz. So würde etwa die Indexierung der Mieten mit einer Deckelung von 2 % pro Jahr letztlich den Mieter:innen schaden, da viele kleinere Eigentümer:innen sich eine Vermietung dann nicht mehr leisten könnten. Die Mieter:innen würden dann an größere Vermieter:innen geraten, denen sie nicht mehr auf Augenhöhe begegnen könnten, so Arlamovsky. Die Erhöhung der Leerstandabgabe sah er als "Etikettenschwindel", da auch der Leerstand den Eigentümer:innen etwas koste und teilweise – unter anderem für Umbauvorhaben -notwendig sei. Generell stieß sich Arlamovsky an der Fixierung der SPÖ auf die Mieter:innen, die laut Statistik Austria lediglich eine Minderheit ausmachen würden. Die Mehrheit wohne im Haus- oder Wohnungseigentum. (Schluss Bundesrat) wit

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