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Nationalrat: FPÖ kritisiert in Kurzdebatte Anfragebeantwortung des Finanzministers zu Aufträgen für Karmasin Research

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Wien (PK) – Im Rahmen einer Kurzdebatte in der heutigen Nationalratssitzung zeigte sich die FPÖ unzufrieden über die Beantwortung ihrer Anfrage zu Auftragsvergaben an das Meinungsforschungsinstitut der ehemaligen Familienministerin Sophie Karmasin durch das Finanzministerium. Die ÖVP sei weiterhin nicht daran interessiert, Aufklärung zuzulassen, kritisierte FPÖ-Abgeordneter Christian Hafenecker. Die aufgezeigte Praxis der Korruption durch Bestellung von Umfragen und Inseraten sei immer noch verbreitet. Auch SPÖ und NEOS kritisierten die Bemühungen, solche Praktiken abzustellen, als unzureichend.

In der parlamentarischen Anfrage bezieht sich Hafenecker auf Medienberichte, wonach Karmasin im März 2022 festgenommen wurde. Laut Festnahmeanordnung soll Karmasin Urheberin und maßgebliche Ideengeberin bei der Entwicklung des sogenannten „Beinschab-Österreich-Tools“ gewesen sein. Darüber hinaus werde ihr vorgeworfen, bis 2021 mit anderen Meinungsforscherinnen Scheinangebote an das Bundesministerium für öffentlichen Dienst und Sport derart gelegt zu haben, dass Karmasin als Bestbieterin den Zuschlag erhalten haben soll. Als Gegenleistung für diese Absprache sollen Subaufträge von Karmasin vergeben worden sein, heißt es in der FPÖ-Anfrage.

In seiner Anfragebeantwortung informiert Finanzminister Magnus Brunner über die von 2013 bis 2021 an die Karmasin Research & Identity GmbH sowie an die BB Research Affairs GmbH ab 2019 vom Finanzministerium vergebenen Aufträge. Zur Frage, ob das Ministerium bei der Ausschreibung von Leistungen Absprachen von Anbieter:innen prüfe, gibt der Finanzminister an, dass man plausible Anhaltspunkte für Absprachen unter Auftragsnehmer:innen nachgehen würde. Mit dem Projekt „Beschaffung in der Zentralstelle“ verfolge man zudem das Ziel, die Beschaffungen der letzten Jahre umfassend zu analysieren und die entsprechenden Konsequenzen zu ziehen. Das Kabinett sei bei der Ausschreibung von Leistungen nicht eingebunden.

Hafenecker: ÖVP ist offenbar weiterhin nicht bereit, Transparenz zuzulassen

Die Finanzierung der ÖVP durch Pseudo-Studien beschränke sich nicht allein auf das Finanzministerium, meinte Hafenecker, sondern das so genannte „Beinschab-Tool“ sei auch in anderen Ministerien zur Anwendung gekommen. Im Zeitraum von nur zwei Jahren seien mit fragwürdigen „Fantasiestudien“ 672.000 € an Steuergeldern „abgesaugt“ worden. „Der Gipfel der Schamlosigkeit“ sei jedoch, dass man nicht weniger als 500.000 € offenbar nur dafür verwendet habe, um sich günstige Berichterstattung für die Corona-Politik der Bundesregierung zu erkaufen. Hafenecker zog dabei eine Linie zur fragwürdigen Inseratenpraxis des Wirtschaftsbundes der ÖVP in Vorarlberg und warf der ÖVP vor, hier keine Transparenz zuzulassen. Der Vorarlberger Landeshauptmann müsse dem Untersuchungsausschuss des Parlaments Rede und Antwort stehen, die FPÖ werde hier nicht lockerlassen. Auch in Wien gebe es unterdessen eine Inseratenaffäre, der seine Fraktion die gebührende Aufmerksamkeit schenken werde. Sie betreffe die Schaltung von Inseraten im Polizeimagazin „Österreich Sicher“. Die ÖVP habe ein weit verbreitetes „strukturelles Inseratenproblem“, das aufgeklärt werden müsse.

Brunner: Finanzressort nach Bericht der internen Revision Organisationsreform begonnen

Finanzminister Magnus Brunner betonte, er wolle grundsätzlich eine Lanze für die Mitarbeiter:innen seines Ressorts brechen, die exzellente Arbeit leisten und dafür auch international hohes Ansehen genießen würden. Er wende sich gegen Pauschalverurteilungen, die in der öffentlichen Diskussion oft gepflegt würden. Wo es in der Vergangenheit Verfehlungen gegeben habe, sei ihm Aufklärung sehr wichtig, betonte der Minister. Sein Ressort kooperiere dabei selbstverständlich mit allen Stellen, darunter auch dem Parlament. Er habe sofort alle Aufträge und Studien stoppen lassen und eine Untersuchung der internen Revision beauftragt. Um einen falschen Umgang mit Steuermitteln zu verhindern, brauche es eine gelebte Kultur der Compliance und moderne, transparente Vergabeprozesse. Die habe er bereits auf den Weg gebracht. Sein Ressort arbeite zudem an einer Organisationsreform, mit der die Lehren aus dem internen Revisionsbericht gezogen werden. Die Ausgaben für Inserate seines Ressorts seien bereits massiv zurückgefahren worden. Zum Teil hänge das auch damit zusammen, dass der Informationsbedarf zur COVID-Pandemie stark zurückgegangen sei. Allerdings habe das Ressort weiterhin auch eine Informationsverpflichtung. Hier gelte es, die richtige Balance zu finden, betonte Brunner. Er versicherte, dass das Finanzministerium künftig alle Studien veröffentlichen werde. Für eine faktenorientierte Politik werde es auch weiterhin notwendig sein, gelegentlich solche zu beauftragen.

Koalition: Aufklärung ist im Gange

Corinna Scharzenberger (ÖVP) würdigte die Bemühungen des Finanzministeriums um Aufklärung und Neuordnung der Beschaffungsvorgänge. Der angesprochene Revisionsbericht sei im Untersuchungsausschuss bereits umfassend diskutiert worden, wies sie Kritik der Opposition zurück. Die Klärung der strafrechtlichen Verantwortung liege bei den Gerichten, betonte Scharzenberger. Könne ein Fehlverhalten nachgewiesen werden, so seien daraus selbstverständlich die Konsequenzen zu ziehen. Die Koalition arbeite konstruktiv im Sinne einer faktenbasierten Politik für Österreich und werde das weiterhin tun, ungeachtet aller „Anpatzversuche“ seitens der Opposition.

Nina Tomaselli (Grüne) erinnerte an das nun vor genau drei Jahren bekannt gewordene Ibiza-Video und meinte, die FPÖ versuche, in der Frage der Korruption eine Art „Kindesweglegung“ zu betreiben. Die damals ausgelösten Ermittlungen und Untersuchungsausschüsse hätten eine große Anzahl weiterer Korruptionsaffären aufgedeckt. Dabei sei viel Vertrauen der Politik zerstört worden. Jetzt sei es an der Zeit für ehrliche Entschuldigungen von Seiten aller, die in Korruptionsaffären verwickelt waren, meinte Tomaselli. Die Grenze des Akzeptablen in der Politik könne jedenfalls nicht das Strafrecht sein. Sie erwarte sich ein gemeinsames Bemühen um Aufklärung und Transparenz und Anstrengungen, damit das Vertrauen der Bevölkerung in die Politik wieder zurückgewonnen werden kann.

Opposition sieht Korruptionsproblem in ÖVP-geführten Ressorts

Kai Jan Krainer (SPÖ) zweifelte den Willen des Finanzministers an, für tatsächliche Transparenz zu sorgen, und warf ihm vor, mit seiner Wortwahl Verharmlosung zu betreiben. So spreche er von Studien, wo es um Meinungsumfragen gegangen sei, die illegal aus Steuergeldern bezahlt worden seien. Das Problem seien auch nicht nur „Defizite“ der Verwaltung, die eine „Optimierung von Verwaltungsabläufen“ erfordern würden. Vielmehr gehe es um einen massiven Missbrauch der Verwaltung für parteipolitische Zwecke. Brunner tue auch alles, um die Mitwirkung des Generalsekretariats des Ressorts an Beschaffungen zu verschleiern. Ein beträchtlicher Teil der Kabinettmitglieder des Finanzministers habe unter seinem Vorgänger an dieser politischen Korruption mitgewirkt, ohne dass das bisher für sie Konsequenzen gegeben hätte, sagte Krainer.

Christian Ries (FPÖ) sah in den Ausführungen des Finanzministers bestätigt, dass bei Beschaffungsvorgängen des Ressorts bisher vieles im Argen lag. Ries verwies auf Aussagen des Präsidenten der Finanzprokuratur der Republik, Wolfgang Peschorn, der vor dem Untersuchungsausschuss des Parlaments sehr deutlich von der schleichenden Korruption gesprochen habe, der durch „willfährige Entscheidungsträger in den Kabinetten“ Vorschub geleistet werde. Die Frage, ob es ein Korruptionsproblem der ÖVP gebe, sei aus seiner Sicht bereits beantwortet. Das System der fragwürdigen Pseudostudien durch die Karmasin-Research sei auch nicht nur im Bund, sondern auch auf Länderebene verbreitet.

Nikolaus Scherak (NEOS) sagte, es sei zwar positiv, dass aus dem Bericht der internen Revision Konsequenzen gezogen wurden. Hier aber nur von „Defiziten“ zu reden, sei zu wenig und verharmlose, was geschehen sei. Tatsächlich behaupte die ÖVP seit Jahrzehnten immer dann, wenn ein Beispiel der strukturellen Korruption bekannt werde, man habe bereits Änderungen herbeigeführt. Letztlich würden aber nie ausreichende Konsequenzen gezogen. Ein Beispiel dieser Politik sei, dass das Informationsfreiheitsgesetz wieder in Frage gestellt werde. Er vermisse auch Aktivitäten der Justizministerin in Fragen der Verschärfung der Korruptionsgesetze, sagte Scherak. (Fortsetzung Nationalrat) sox/med

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.

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