Nationalrat: Edtstadler kündigt baldigen Entwurf für Informationsfreiheitsgesetz an
Wien (PK) – Der Entwurf für ein Informationsfreiheitsgesetz werde noch vor der Sommerpause in die Begutachtung geschickt, teilte die dafür zuständige Bundesministerin für EU und Verfassung Karoline Edtstadler den Abgeordneten in der heutigen Fragestunde des Nationalrats mit. Ziel der Abschaffung des Amtsgeheimnisses sei es, dass der Staat gläsern und transparent werden soll. Auf die Position der Regierung zur Ausgestaltung des EU-Wiederaufbaufonds angesprochen, teilte sie mit, dass Österreich bereit sei, einen solidarischen Beitrag zu leisten und den am härtesten betroffenen Ländern unter die Arme greifen wolle. Es gelte, eine richtige Balance zwischen Zuschüssen und Krediten zu finden, betonte die Ministerin, die aber einer generellen Schuldenunion eine klare Absage erteilte.
Abschaffung des Amtsgeheimnisses: „Der Staat soll gläsern und transparent werden“
Da Transparenz für die Regierung ein zentrales Anliegen sei, soll das Informationsbedürfnis der BürgerInnen durch ein verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht abgebildet werden, erklärte Bundesministerin Edtstadler. Nach umfassenden Gesprächen mit allen Stakeholdern sowie VertreterInnen aller Parlamentsfraktionen habe sie den Verfassungsdienst mit der Ausarbeitung eines entsprechenden Gesetzesentwurfes betraut. Die Vorarbeiten seien bereits weit gediehen, der Entwurf soll noch vor der Sommerpause in die Begutachtung geschickt werden, teilte sie Abgeordnetem Christian Drobits (SPÖ) mit. Die Ressortchefin geht davon aus, dass auch ausgegliederte Unternehmen, wie zum Beispiel die von Abgeordnetem Wolfgang Gerstl (ÖVP) angesprochenen Wiener Linien oder das Wiener Bestattungswesen, von der Auskunftspflicht umfasst sein werden. Was den von NEOS-Abgeordnetem Nikolaus Scherak thematisierten Informationsfreiheitsbeauftragten betrifft, so wäre es aus ihrer Sicht nicht sinnvoll, weitere Parallelstrukturen aufzubauen. Edtstadler verwies diesbezüglich auf die bereits bestehende Datenschutzbehörde, die in den Entwurf eingebunden werden soll.
Gleichzeitig gelte es aber auch, konsequent gegen Desinformation im Internet vorzugehen, denn es könne nicht sein, dass über Plattformen extremistische oder antisemitische Inhalte verbreitet werden. Die Regierung plane aber nichts, was nur in irgendeiner Form als Zensur bezeichnet werden könne, stellte die Ministerin mit Nachdruck gegenüber Abgeordneter Susanne Fürst (FPÖ) fest, die auf das Löschen von abweichenden Meinungen und Online-Kommentaren im Internet durch diverse Plattformen, aber auch durch den ORF während der COVID-19-Pandemie hinwies. Da der „Grat zwischen dumm und gefährlich manchmal ein schmaler sei“, sei es wichtig, die richtige Balance zu finden. Während der Corona-Zeit wurde auch eine Arbeitsgruppe im Bundeskanzleramt eingerichtet, um gegen die zahlreichen Fake-News rasch vorgehen zu können. Es brauche in Hinkunft aber sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene eine gesetzliche Basis, um die Plattformen zum Löschen von bestimmten Informationen verpflichten zu können.
Die rechtliche Basis für die Corona-Maßnahmen und die Arbeit der Verwaltungsbehörden
Zu Fragen bezüglich der gesetzlichen Maßnahmen während der Corona-Krise stellte Edtstadler fest, dass aufgrund der zeitlichen Vorgaben keine Begutachtungsverfahren durchgeführt werden konnten. In einer so einmaligen schwierigen Situation war es notwendig, rasch zu handeln, um das Virus einzudämmen, bat sie um Verständnis für die Vorgangsweise. Grundsätzlich sei jeder Minister in seinem Zuständigkeitsbereich aber dafür verantwortlich, bei der Erlassung von Verordnungen, Erlässen, Gesetzesentwürfen etc. die entsprechende Verfassungskonformität zu wahren. Sie habe ihren RegierungskollegInnen angeboten, auf die ExpertInnen des Verfassungsdienstes, der in ihrem Ministerium angesiedelt ist, zurückzugreifen. Dies sei auch teilweise genutzt worden, teilte sie Abgeordnetem Jörg Leichtfried (SPÖ) mit. Es sei richtig, dass es in einigen Bereichen offenbar zu Problemen bei der Anwendung oder Ausgestaltung der Maßnahmen kam. Einige Anträge seien schon beim Verfassungsgerichtshof anhängig, der darüber aber noch nicht entschieden hat.
Der Regierung war es während der Corona-Krise besonders wichtig, dass der Staat voll funktionsfähig bleibt und die Verwaltungsbehörden trotz der Einschränkungen weiter arbeiten können, stellte Edtstadler in Richtung der Abgeordneten Agnes Sirkka Prammer (GRÜNE) fest. Im Parlament wurden Fristhemmungen in einzelnen Bereichen beschlossen, die aber teilweise schon wieder aufgehoben werden konnten. Mittlerweile finden schon einzelne Verfahren statt und sie sei daher guter Dinge, dass ein allfälliger Rückstau rasch wieder abgebaut werden könne, zeigte sich die Ministerin optimistisch. Sie habe auch den Eindruck, dass die Durchführung von Verhandlungen in Form von Videokonferenzen gut angenommen wurde, was für alle ein positiver Lerneffekt war.
Edtstadler: Österreich wird einer generellen EU-Schuldenunion niemals zustimmen
Beim Themenkomplex Europäische Union führte Edtstadler grundsätzlich aus, dass Österreich im Rahmen des EU-Wiederaufbaufonds bereit sei, einen solidarischen Beitrag zu leisten, um aus der Corona-Krise herauszukommen. Allerdings müssten die Maßnahmen kurzfristig sein und eine klare Konditionalität aufweisen. „Ein Haften von allen für alle Schulden“ werde man jedenfalls nicht mittragen. Die Ministerin stimmte auch mit Abgeordneter Petra Steger (FPÖ) darin überein, dass eine „dauerhafte Schuldenunion“ mit der in den EU-Verträgen verankerten „No-Bailout-Klausel“ unvereinbar sei. Auf eine Zusatzfrage von Steger, die einen „gewaltigen Umfaller von der ÖVP“ befürchtete, fügte Edtstadler hinzu, dass es eine entsprechende Balance zwischen Zuschüssen und Krediten brauche. Laut eines Gutachtens des Rechtsdienstes des Rates komme es zu keiner Schuldenunion, wenn jeder Staat beschränkt für seinen Beitrag hafte. Es werden sich im Vorfeld des Europäischen Rats, der nächste Woche stattfinden wird, aber noch einige Diskussionen ergeben. Am Ende sei es in Europa immer so, dass es einen „Kompromiss geben wird“, gab sie gegenüber Nikolaus Scherak (NEOS) zu bedenken.
Was die Verhandlungen zum mehrjährigen Finanzrahmen – eine Frage der Abgeordneten Eva Maria Holzleitner (SPÖ) – betrifft, so sei klar, dass jenen Staaten besonders geholfen werden müsse, die von COVID-19 sehr hart getroffen wurden, betonte Edtstadler. Beim Thema Eigenmittel habe sich Österreich schon 2018 dafür eingesetzt, dass im Sinne der Gerechtigkeit eine Digitalsteuer eingeführt werden soll. Aber auch die viel diskutierte Plastikabgabe wäre ihrer Meinung nach ein gutes Steuerungsinstrument. Weiters fordere sie seit langem, dass es eine Konditionalität zwischen dem mehrjährigen Finanzrahmen und der Einhaltung des Prinzips der Rechtsstaatlichkeit brauche. Bezüglich des Erweiterungspakets der Kommission, für das sich Abgeordneter Nico Marchetti (ÖVP) interessierte, gab die Ministerin bekannt, dass trotz der Corona-Krise beschlossen wurde, die Beitrittsverhandlungen mit Albanien und Nordmazedonien starten zu wollen. Unverändert sei die Position Österreichs, was den Abbruch der Beitrittsverhandlungen mit der Türkei, die sich immer weiter von den Grundwerten der Union entferne, betrifft.
Abgeordneten Reinhold Lopatka (ÖVP), der sich nach dem aktuellen Stand der Planungen für eine EU-Zukunftskonferenz erkundigte, informierte die Ministerin darüber, dass der Start für dieses wichtige Vorhaben aufgrund der Corona-Krise verschoben werden musste. Aber gerade die Pandemie habe gezeigt, dass man mit Geld alleine nicht alles lösen könne und es für die Union von besonderer Bedeutung sei, Zukunftsvisionen zu entwickeln. Es gab bereits eine Einigung darüber, dass Vertragsänderungen nicht von vornherein ausgeschlossen werden sollen. Auf nationaler Ebene habe sie bereits eine Kick-off-Veranstaltung abgehalten, wobei ihr die Einbindung der Jugendlichen ein großes Anliegen sei, bekräftigte sie gegenüber Abgeordneter Julia Herr (SPÖ). All diese Gespräche mit den BürgerInnen werden in ein Non-Paper einfließen, das im Herbst vorliegen soll.
Gegenüber Abgeordneter Ewa Ernst-Dziedzic (GRÜNE) führte Edtstadler aus, dass Österreich sehr viele Schwerpunkte des Aktionsplans Menschenrechte und Demokratie 2020-2024 unterstützen werde. Als Beispiele nannte sie Freiheit der Meinungsäußerung, die Sicherheit von JournalistInnen oder den Schutz von vulnerablen Gruppen und religiösen Minderheiten. Man setze sich zudem für einen globalen Sanktionskatalog sowie für die Möglichkeit ein, dass im Menschenrechtsbereich künftig Entscheidungen mit qualifizierter Mehrheit getroffen werden können.
Postenbesetzungen: Regierung plant Evaluierung von Vorstandsbesetzungen in staatsnahen Betrieben
Schließlich fand auch noch der Ibiza-Untersuchungsausschuss seinen Niederschlag in der Fragestunde. Abgeordneter Helmut Brandstätter (NEOS) wollte nämlich wissen, ob sich Edtstadler für transparentere und nachvollziehbarere Ausschreibungen und Auswahlverfahren bei Personalentscheidungen im staatsnahen und staatlichen Bereich einsetzen werde. Im Konkreten sprach er das laut Aussagen von Norbert Hofer zwischen Kurz und Strache vereinbarte Abkommen an, sich die Posten im Verhältnis 2:1 aufteilen zu wollen. „Ich kann, will und werde mich nicht zu den von Ihnen skizzierten Zwischenergebnissen“ des Untersuchungsausschusses äußern, entgegnete Bundesministerin Edtstadler. Sie arbeite aber nicht umsonst intensiv an einem Transparenzpaket und einem Informationsfreiheitsgesetz, weil man damit zum Ausdruck bringe wolle, dass es nichts zum Verbergen gebe. Zudem sei im Regierungsübereinkommen eine Evaluierung von Vorstandsbestellungen in staatsnahen Betrieben mit dem Ziel einer Objektivierung vorgesehen, wie dies von Abgeordneter Nina Tomaselli (Grüne) richtig erwähnt worden sei. (Fortsetzung Nationalrat) sue
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