Nationalrat: Rechtliche Erleichterungen für die Installierung von Balkonkraftwerken beschlossen
Die Installierung von sogenannten Balkonkraftwerken soll ab 1. September 2024 leichter möglich sein. Dies sieht ein im Zuge der heutigen Nationalratssitzung eingebrachter Abänderungsantrag von ÖVP und Grünen zum Wohnungseigentumsgesetz vor, der mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS beschlossen wurde.
Im Konkreten gilt die für die Anbringung der Photovoltaik-Anlagen erforderliche Zustimmung durch die anderen Wohnungseigentümer:innen schon dann als erteilt, wenn sie vor der geplanten Änderung verständigt werden und innerhalb von zwei Monaten nicht widersprochen haben. Davon umfasst sind Kleinsterzeugungsanlagen mit einer Leistung von weniger als 0,8 kW, die an eine bereits vorhandene Steckdocke angesteckt werden können.
Einstimmigkeit erzielte auch eine von ÖVP und Grünen beantragte Gesetzesnovelle zur Modernisierung des Genossenschaftsrechts. Deren Ziel ist es, die Rechtsform der Genossenschaft für das Wirtschaftsleben attraktiver zu gestalten und damit nicht zuletzt lokale und nationale Initiativen im Bereich des kooperativen Wirtschaftens und der Sharing Economy zu fördern.
Errichtung von Balkonkraftwerken im Wohnungseigentum wird erleichtert
Die Errichtung von Balkon- und Terrassenkraftwerken im Eigenheim soll ab 1. September 2024 einfacher vonstattengehen. Wenn alle Wohnungseigentümer:innen vor der Montage von kleinen PV-Anlagen verständigt werden und niemand widerspricht, dann steht einer Installierung nichts mehr im Wege.
Es sei erfreulich, dass mit der Novelle eine wichtige klimaschützende Maßnahme im Rahmen des Wohnungseigentumsrechts erleichtert werde, unterstrich Justizministerin Alma Zadić. Die Balkonkraftwerke können einen entscheidenden Beitrag zu mehr Energieunabhängigkeit leisten. Sie war überzeugt davon, dass eine ausgewogene Regelung gefunden wurde, die die Interessen aller Wohnungseigentümer:innen ausreichend berücksichtige.
Grüne: Ein guter Tag für die Energiewende
Von einer Beseitigung eines großen Ärgernisses im Zusammenhang mit der Installierung von Balkonkraftwerken sprach Lukas Hammer (Grüne), weil bis dato alle Miteigentümer:innen aktiv zustimmen mussten. Zusätzlich werde die Errichtung von Balkonkraftwerken als privilegierte Änderung im Wohnungseigentumsgesetz festgelegt, wodurch sich niemand mehr querlegen könne. Mit einer 800-Watt-PV-Anlage könne man den Kühlschrank und die Waschmaschine ein Jahr lang betreiben, rechnete er vor. Heute sei somit ein guter Tag für die Energiewende, betonte Hammer.
Martin Litschauer (Grüne) wies darauf hin, dass die Technik der Balkonkraftwerke bereits über 20 Jahre alt sei. Diese hätte man daher schon seit Langem nutzen können. Gerade in Zeiten der Krise würden sich solche kleinen, steckerfertigen PV-Anlagen in zwei, drei Jahren rechnen. In der Vergangenheit wurde es den Menschen aber „leider sehr schwer gemacht“, Solarpanele, die oft viel leichter als „Blumenkistln“ seien, auf der Terrasse zu montieren.
ÖVP: Einfacherer Zugang zur Montage von Solarmodulen
Nachdem österreichweit bereits mehrere Zehntausend PV-Balkonanlagen in Betrieb seien, halte er es für gerechtfertigt, einen vereinfachten Zugang zur Montage von Solarmodulen zu schaffen, konstatierte Abgeordneter Johann Singer (ÖVP).
FPÖ hätte sich eine grundsätzliche Änderung der Zustimmungsvoraussetzungen gewünscht
Philipp Schrangl (FPÖ) kritisierte, dass die Abänderungen zum Wohnungseigentumsgesetz sehr kurzfristig eingebracht wurden. Auch inhaltlich war er nicht ganz zufrieden, da der Antrag aus seiner Sicht zu wenig weit gehe. Seine Fraktion hätte sich nämlich generell eine Reform der Zustimmungsvoraussetzungen im Gesetz gewünscht.
SPÖ: Nur eine kleine Änderung angesichts der großen Herausforderungen in der Wohnpolitik
Ruth Becher (SPÖ) nahm ihre Rede zudem zum Anlass, Bilanz zu ziehen. Viereinhalb Jahre schwarz-grüner Regierung hätten nicht nur zu den größten Mietpreissteigerungen seit Einführung des Mietrechtsgesetzes geführt, sondern auch zu einem Einbrechen der Neubaubranche. Angesichts der Herausforderungen in der Wohnpolitik sei die heutige Änderung nur ein sehr kleiner Schritt. Man dürfe sich nun zwar ein Solarpanel über die Brüstung hängen, die Kosten für die Anschaffung würden sich aber kaum amortisieren, gab sie zu bedenken.
NEOS unterstützen die Förderung von Balkonkraftwerken
Seine Fraktion werde den Änderungen zustimmen, kündigte Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS) an. Die Balkonkraftwerke können nicht nur zur Reduktion der Stromkosten beitragen, sondern auch bei längerfristigen Stromausfällen einspringen. Nicht gefallen habe ihm allerdings der parlamentarische Prozess, der dem Beschluss vorausgegangen sei.
Modernisierung des Genossenschaftsrechts
Mit dem Genossenschaftsrechts-Änderungsgesetz 2024 soll unter anderem die Möglichkeit geschaffen werden, Vereine „identitätswahrend“ in Genossenschaften umzuwandeln. In Österreich seien viele Vereine auch unternehmerisch tätig – wächst ihre unternehmerische Tätigkeit, entspreche die Rechtsform des Vereins oft nicht mehr den Anforderungen, heißt es dazu in der Begründung.
Außerdem soll das Genossenschaftsrecht insgesamt modernisiert und die Rechtsform der Genossenschaft für das Wirtschaftsleben attraktiver gestaltet werden. Dazu wird etwa die sogenannte Nachschusspflicht der Mitglieder einer Genossenschaft mit beschränkter Haftung – also die Pflicht, Verluste durch zusätzliche Zahlungen auszugleichen – flexibler gestaltet. Künftig wird es möglich sein, die Nachschusspflicht im Genossenschaftsvertrag nicht nur mit einem höheren Betrag festzulegen, sondern auch einzuschränken oder ganz auszuschließen. Gleichzeitig werden Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften nur mehr mit beschränkter Haftung errichtet werden können. Klargestellt wird auch, dass Verschmelzungen und Spaltungen unter Genossenschaften mit beschränkter Haftung möglich sind.
Vor 150 Jahren sei das Genossenschaftsrecht beschlossen worden und mit 1.800 Genossenschaften befinde sich diese Rechtform in Österreich „im Trend“, erklärte Elisabeth Götze von den Grünen. Diese würde heute etwa Glasfaserkabeln verlegen, Softwarelösungen entwickeln und vertreiben oder gemeinschaftlich Strom mittels Photovoltaikanlagen erzeugen. Nicht mehr zeitgemäße Regelungen wie die Nachschusspflicht würden nun abgeschafft werden und die Umwandlung von Vereinen in Genossenschaften erleichtert. Damit erwarte man sich einen „Boom an Gründer:innen“, was gut für die Mitglieder und die Wirtschaft sei, so Götze.
Auch Harald Troch (SPÖ) begrüßte diesen „Schritt zur Modernisierung des Genossenschaftswesens“, das hierzulande eine „Erfolgsgeschichte“ hingelegt habe. Gerade im „Vereinsland Österreich“ sei speziell die Umwandlungsmöglichkeit in Genossenschaften wichtig.
Diesen Befund teilte ÖVP-Mandatar Peter Haubner, der vom Genossenschaftswesen als einer „nachhaltigen und krisenfesten Wirtschaftsform“ sprach, die gerade eine „Renaissance“ erlebe. Viele würden nicht gleich eine Genossenschaft gründen wollen, da das auch mit Kosten verbunden sei. Für diese sei nun eine „praxisnahe Lösung“ geschaffen worden, so Haubner. Seine Fraktionskollegin Bettina Zopf verwies ebenfalls auf den Aufschwung in diesem Bereich und konstatierte: „Im Gegensatz zu den Genossinnen und Genossen werden die Genossenschaften immer mehr.“
Sammelbericht des Petitionsausschusses
Über 18 Petitionen und zwei Bürgerinitiativen informierte ein Sammelbericht, der einstimmig zur Kenntnis genommen wurde. Die Anliegen der Bürger:innen reichten von einer flächendeckenden Versorgung durch Notärzt:innen, der Erlassung eines Bundesgesetzes zum Schutz vor „Lichtverschmutzung“, dem Erhalt des Neusiedler Sees als Weltkulturerbe über Psychotherapie auf Krankenschein und die Erhaltung des Internationalen Gebrauchshundesports bis hin zu einem Verkaufsverbot pyrotechnischer Artikel.
Sechs Petitionen wurden den Fachausschüssen zur weiteren Beratung zugewiesen. So wird sich der Verkehrsausschuss mit Petitionen zum Schutz von Kärntner:innen vor Güterbahnlärm, zur Wiederbelebung der Lavanttal-Bahn und zur Stärkung der Verkehrsinfrastruktur in der Region Murau/Murtal beschäftigen. Die Petition „Black Voices. Anti-Rassismus in Österreich zur Praxis machen“ wird im Menschenrechtsausschuss genauer diskutiert. Mit der Forderung nach Anpassungen im Sozialversicherungssystem, um die soziale Absicherung von Künstler:innen und Kulturarbeiter:innen zu garantieren, wird sich der Sozialausschuss befassen. Dem Umweltausschuss wurde eine Petition gegen die Errichtung einer Bodenaushubdeponie in der Tiroler Gemeinde Angerberg zugewiesen. (Fortsetzung Nationalrat) sue/wit
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