Gesetze für mehr Cybersicherheit am Finanzsektor und zur Bekämpfung von Steuerbetrug durch Scheinfirmen passieren Finanzausschuss | Brandaktuell - Nachrichten aus allen Bereichen

Gesetze für mehr Cybersicherheit am Finanzsektor und zur Bekämpfung von Steuerbetrug durch Scheinfirmen passieren Finanzausschuss

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Der Finanzausschuss widmete sich heute einer Reihe von Regierungsvorlagen zu einem breiten Themenspektrum. So erhielt das DORA-Vollzugsgesetz zur Erhöhung der Cybersicherheit am Finanzmarkt eine Stimmenmehrheit von ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS. Einstimmigkeit erzielten sowohl ein Gesetzespaket zur Bekämpfung von Steuerbetrug durch Scheinfirmen als auch eine Novelle des Katastrophenfondsgesetzes, die unter anderem die Erhöhung des Garantiebetrags für Feuerwehren vorsieht. Das Abgabenänderungsgesetz 2024, das insbesondere kleine und mittlere Unternehmen sowie deren Beschäftigte entlasten soll, wurde von ÖVP, FPÖ, Grünen und NEOS unterstützt. ÖVP, SPÖ, Grüne und NEOS sprachen sich außerdem für zusätzliche Kapitalanteile für Entwicklungsbanken aus, was insbesondere der Ukraine zugutekommen soll.

Mehrere Oppositionsanträge wurden – teils erneut – vertagt. So sprechen sich etwa die Sozialdemokrat:innen dafür aus ältere Bankkund:innen besser zu schützen und die NEOS wollen Sportwetten als Glücksspiel klassifizieren.

DORA-Vollzugsgesetz soll Cybersicherheit verbessern

Ein neues DORA-Vollzugsgesetz soll zu einer Erhöhung der Cybersicherheit am Finanzmarkt beitragen. Es handelt sich dabei um nationale Begleitmaßnahmen zu der EU-Verordnung DORA, Digital Operational Resilience Act (2596 d.B.). Vor dem Hintergrund zunehmender Digitalisierung und Vernetzung von Finanzunternehmen sollen bestehende Regelungen gestärkt und vereinheitlicht werden. Anzuwenden ist die europäische Verordnung von unterschiedlichen Finanzunternehmen, wobei das Risikoprofil berücksichtigt werden soll. Punktuelle Änderungen sind im Alternativen Investmentfonds Manager-Gesetzes, im Bankwesengesetz, im Börsegesetzes 2018, im Investmentfondsgesetzes 2011, im Pensionskassengesetzes, im Sanierungs- und Abwicklungsgesetzes, im Versicherungsaufsichtsgesetzes 2016, im Wertpapieraufsichtsgesetzes 2018 und im Zahlungsdienstegesetz 2018 vorgesehen, um die zugehörige EU-Richtlinie umzusetzen.

Der Entwurf des DORA-Vollzugsgesetzes benennt die Finanzmarktaufsicht (FMA) als zuständige Behörde für die Beaufsichtigung der Umsetzung von DORA. Sie soll mit den erforderlichen Aufsichts- und Sanktionsbefugnissen ausgestattet werden. Die Regierungsvorlage regelt zudem die Zusammenarbeit mit der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) in jenen Bereichen, wo bereits jetzt eine Aufgabenteilung zwischen FMA und OeNB besteht. Das DORA-Vollzugsgesetz soll mit 17. Jänner 2025 in Kraft treten.

Die Frage, ob es sich dabei um „Gold Plating“ (die unerwünschte Übererfüllung von EU-Mindeststandards) handle, dominierte die Ausschussdebatte. Diese warfen Angela Baumgartner (ÖVP), Hubert Fuchs, Gerhard Kaniak (beide FPÖ) und Karin Doppelbauer (NEOS) auf. Laut einem Experten des Finanzressorts sei dies „definitiv nicht“ der Fall. Es gehe bei dem Vollzugsgesetz lediglich darum, ein einheitliche Cybersicherheitsniveau für den gesamten Finanzsektor sicherzustellen. Dafür müsse der zwischen nationaler und europäischer Ebene unterschiedlichen Rechtsdefinition einer Bank Rechnung getragen werden. Auch der „Proportionalitätsgedanke“ finde im Gesetz seinen Niederschlag, da je nach Größe des Instituts unterschiedlich strenge Kriterien angesetzt werden, erklärte der Experte. Nina Tomaselli von den Grünen zeigte sich von der Diskussion „irritiert“, da es um Sicherheitsmaßnahmen vor dem Hintergrund einer angespannten geopolitischen Lage gehe. Bereits ein Fünftel aller Hackerangriffe betreffe Finanzinstitute.

Koalition will gegen Steuerbetrug durch Scheinfirmen vorgehen

Nach Berechnungen des Amtes für Betrugsbekämpfung wird von einem ungeklärten Abfluss von Bargeld in Höhe von 800 Mio. € pro Jahr über Scheinfirmen ausgegangen. Aus diesem Grund legen die Koalitionsparteien dem Finanzausschuss nun zwei Regierungsvorlagen für das Betrugsbekämpfungsgesetz 2024 (BBKG) vor.

Mit dem Gesetz sollen Scheinrechnungen und Scheinfirmen bekämpft werden. Bereits im Regierungsprogramm legten die Parteien fest, „konsequent gegen Steuerverschiebungen bzw. gegen jede Art von Missbrauch, Steuerbetrug und Steuervermeidung“ vorzugehen, wie in den Erläuterungen zum Gesetz zu lesen ist (2598 d. B .). Nun soll dem mit dem vorliegenden Entwurf Rechnung getragen werden. Durch das Betrugsbekämpfungsgesetz werde erwartet, ungefähr 60 Mio. € an zusätzlichen Abgaben und davon 30 Mio. € an Steuern zu generieren. Zudem würden durch die Umsetzung des BBKG 24 legal operierende Unternehmen profitieren, indem sie Aufträge erhielten, die ursprünglich kostengünstigere Scheinunternehmen bekommen hätten, heißt es.

Im ersten Teil des Gesetzes sind Änderungen des Finanzstrafgesetzes, des Bundesgesetzes über die Schaffung eines Amtes für Betrugsbekämpfung, des Sozialversicherungsgesetzes und des Meldestandard-Gesetzes enthalten. Teil zwei (2599 d. B.) umfasst Änderungen im Sozialbetrugsgesetz 2016. Im Finanzstrafgesetz sollen Bestimmungen aufgenommen werden, um die Verfahren zu beschleunigen und die Strafbarkeit mit Schein- und Deckungsrechnungen zu verschärfen. So soll eine Geldstrafe für verwendete oder erstellte Schein- und Deckungsrechnungen in der Höhe von bis zu 100.000 € eingeführt werden. Auf Empfehlung des Rechnungshofes soll die Möglichkeit der Strafaufhebung forciert werden, um die Finanzstrafbehörden zu entlasten, damit sie sich auf Fälle mit „höherem deliktischen Gehalt“ konzentrieren könnten. Laut Regierungsentwurf soll unter anderem die Möglichkeit zur Gewährung von Zahlungserleichterungen geschaffen werden. Eine Strafaufhebung solle auch dann zulässig sein, wenn die betreffende Abgabennachforderung innerhalb von längstens sechs Monaten nach Festsetzung der Abgabenerhöhung entrichtet werde. Das Betrugsbekämpfungsgesetz 2024 soll noch heuer in Kraft treten.

Im Ausschuss begrüßten Andreas Hanger (ÖVP), Reinhold Einwallner (SPÖ), Hubert Fuchs (FPÖ), Elisabeth Götze (Grüne) und Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS) die Novellen. Auf Einwallners Frage, ob genügend Personal für die Umsetzung der Neuregelungen vorhanden sei, erklärte ein Experte des Ressorts, dass es gelungen sei, den notwendigen Personalstand trotz pensionsbedingten Abgängen noch zu erhöhen. Ob mit den Novellen möglicherweise zu umfassende Regelungen verankert würden, wollte Arlamovsky wissen. Seitens des Ressorts wurde dies verneint und auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verwiesen, der bei der Erarbeitung der Novellen beachtet worden sei. Fuchs erfragte, dass die Finanzstrafbehörden bereits jetzt die Kontenregister heranziehen könnten.

Katastrophenfonds: Garantiebetrag für Feuerwehren soll erhöht werden

Der Katastrophenfonds des Bundes leistet finanzielle Hilfen für Schäden nach Naturkatastrophen und unterstützt Investitionen der Feuerwehren in Einsatzgeräte. Eine Novelle des Katastrophenfondsgesetzes soll nun Änderungen in diesen beiden Bereichen bringen. So soll einerseits der „Garantiebetrag“ für Feuerwehren von 95 Mio. € auf 140 Mio. € pro Jahr erhöht werden. Andererseits sollen Betroffene von Erdsenkungen und sonstigen vertikalen Bodenbewegungen künftig Unterstützung aus dem Fonds erhalten (2604 d.B.).

Auch diese Novelle erhielt im Ausschuss parteiübergreifendes Lob. So zeigte sich etwa ÖVP-Abgeordneter Klaus Lindinger erfreut, dass sie mehr Planungssicherheit für die Feuerwehren bringe. Maximilian Linder (FPÖ) merkte kritisch an, dass für das Wegräumen von Muren bisher kein Anspruch auf Mittel bestehe, was ein Experte des Ressorts bestätigte. Dieser erklärte auch gegenüber Karin Doppelbauer (SPÖ), dass Budgetumschichtungen zur Deckung der Kosten nicht zwingend notwendig seien. Eine von Maximilian Lercher (SPÖ) eingebrachte Anregung, „einen genaueren Blick“ auf die Beschaffungen von Bezirksfeuerwehrverbänden zu richten, wurden von Finanzminister Magnus Brunner aufgenommen.

Zusätzliche Kapitalanteile für Entwicklungsbanken: Unterstützung der Ukraine soll ausgebaut werden

Österreich soll zusätzliche Beiträge an internationale Finanzinstitutionen leisten (IFI Beitragsgesetz 2024) (2600 d.B.). Zur weiteren Unterstützung der Ukraine ist ein Beitrag zur dritten Kapitalerhöhung der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) vorgesehen. Geplant ist eine Kapitalerhöhung um insgesamt 4 Mrd. €. Der österreichische Anteil beträgt knapp 92 Mio. €. Diese sind zur Gänze einzuzahlen. Auch die Inter-Amerikanische Investitionsgesellschaft (IIC) soll eine Kapitalerhöhung erhalten. Im Rahmen der dritten allgemeinen Kapitalerhöhung sollen 3,5 Mrd. USD einbezahlt werden. Auf Österreich kommt ein Anteil von etwas über 17 Mio. USD zu, die ebenfalls zur Gänze einzuzahlen sind. Bei der 13. Wiederauffüllung des Internationalen Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung (IFAD-13) soll der österreichische Beitrag rund 18,5 Mio. € betragen.

Gerhard Kaniak begründete die Ablehnung seiner Fraktion damit, dass die EU sich in ihrem eignen Jahresbericht zur staatlichen Entwicklungshilfe selbst ein „vernichtendes Zeugnis“ ausstelle. Aus den EU-Staaten kämen 42 % der öffentlichen Entwicklungshilfegelder – was massiv überproportional sei – und trotzdem würden die selbstgesetzten Ziele „nicht einmal ansatzweise“ erreicht. Das gesamte System der staatlichen Entwicklungshilfe sei zu überarbeiten, so Kaniak.  

Abgabenänderungsgesetz 2024 soll EU-Kleinunternehmer-Befreiung bringen

Weiters wurde das Abgabenänderungsgesetz 2024 besprochen, das Unternehmen – insbesondere kleine und mittlere – und deren Beschäftigte entlasten soll. Zudem soll es Verwaltungsvereinfachungen bringen und die Kosten der Rechtsbefolgung senken (2610 d.B.). Vorgesehen sind etwa die Umwandlung von „Phantom Shares“ auf Start-up-Mitarbeiter:innenbeteiligungen, die Einführung einer EU-weiten Kleinunternehmerregelung ab 2025 sowie die Steuerfreistellung von Lebensmittelspenden. Die Regierungsvorlage wurde mit den Stimmen von ÖVP,FPÖ, Grünen und NEOS und Einbeziehung eines Abänderungsantrags von ÖVP und Grünen angenommen. Laut diesem soll etwa der Veranlagungsfreibetrag auch jenen Arbeitnehmer:innen zustehen, die in Österreich ansässig sind, aber im Ausland ihren Arbeitsort haben (Grenzgänger:innen). Zudem sollen auch nichtalkoholische Getränke bei den Lebensmittelspenden berücksichtigt und das Inkrafttreten auf den 1. August 2024 vorverlegt werden.

Der Regierungsvorlage wurde Seitens der Abgeordneten großteils mit Lob begegnet. So begrüßten Maximilian Linder (FPÖ) die Steuererleichterungen beim Hochwasserschutz und Hubert Fuchs (FPÖ) und Elisabeth Götze (Grüne) die Steuerfreistellung von Lebensmittelspenden. Laut Götze würden davon insbesondere Projekte wie die „Tafel“ profitieren. Ebenso wie Karin Doppelbauer (NEOS) stieß sich Fuchs jedoch an der Regelung für Kleinunternehmer:innen. Er hätte sich im Sinne der Verwaltungsvereinfachung und vor dem Hintergrund der Inflation eine Anhebung der Kleinunternehmergrenze auf etwa 85.000 € gewünscht. Ausschussvorsitzender Karlheinz Kopf (ÖVP) sah eine dementsprechende Anpassung nach oben ebenfalls als sinnvoll an. Auch Finanzminister Magnus Brunner pflichtete bei und berichtete dahingehend mit dem Koalitionspartner bereits im Gespräch zu sein.

NEOS: „Sportwetten müssen unters Glücksspielgesetz fallen“

Die NEOS forderten Sportwetten als Glücksspiel zu klassifizieren und ins Glücksspielgesetz aufzunehmen (3860/A(E)). Denn Sportwetten gelten in Österreich als „Geschicklichkeitsspiel“ wie Billard, Bridge und Schach und fallen damit nicht unter das Glücksspielgesetz. In einem von Stefanie Krisper (NEOS) initiierten Entschließungsantrag wird der Bundesminister für Sport aufgefordert, die Empfehlungen der vom Finanzministerium in Auftrag gegebenen Studie zu „Risikopotentialen von Sportwetten“ umzusetzen.

Österreich sei in dieser Hinsicht „einzigartig“ in der EU, konstatierte Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS) und verwies neben dem Risikopotenzial von Sportwetten auf die positiven budgetären Auswirkungen, die eine Klassifizierung als Glücksspiel zeitigen würde. Andreas Hanger (ÖVP) stimmte der Intention des Antrags zu und begründete den Vertagungsantrag mit bereits im Regierungsprogramm vorgesehenen Maßnahmen. Angesichts der im Herbst anstehenden Nationalratswahl zog Michaela Schmidt (SPÖ) in Zweifel, dass diese noch umgesetzt würden.

SPÖ: Ältere Bankkund:innen besser schützen

Die SPÖ setzte sich für den Schutz älterer Menschen vor Betrugsfällen im elektronischen Zahlungsverkehr ein, wie sie in einem Entschließungsantrag ausführt (4039/A(E)). Der erste Tätigkeitsbericht der Ombudsstelle für Zahlungsprobleme zeige, dass es vermehrt zu Phishing-Attacken auf Konsument:innen und dadurch zu mehr Betrugsfällen im Zusammenhang mit Kredit-, Debitkarten und Echtzeitüberweisungen kommen würde. Nur in 16 von 44 Betrugsfällen, von denen die Ombudsstelle erfahren habe, habe sich die Bank bereit erklärt, den Schaden zur Gänze zu übernehmen.

Das Anliegen der SPÖ sei nachvollziehbar, meinte Nina Tomaselli (Grüne). Im Antrag seien jedoch keine konkreten Maßnahmen enthalten und Phishing-Attacken seine kein bankenspezifisches Problem, begründete sie den Vertagungsantrag.

Wiederaufgenommene SPÖ-Anträge erneut vertagt

Neuerlich vertagt wurden vier wiederaufgenommene Anträge der SPÖ. So forderten sie etwa, den Spitzensteuersatz von 55 % für Jahreseinkommensteile über einer Million Euro in das Dauerrecht zu übernehmen (3938/A) und den Körperschaftsteuersatz ab 2025 wieder auf die ursprüngliche Höhe von 25 % anzuheben (3939/A). Derzeit beträgt die Körperschaftsteuer 23 % (bis zum Jahr 2022 waren es 25 %, im Jahr 2023 24 %) vom steuerpflichtigen Einkommen, unabhängig von dessen Höhe. Ebenso vertagt wurde die SPÖ-Forderung auf eine Stärkung der wohnortnahe Versorgung mit Geldautomaten (3542/A(E)) sowie jene nach einer Anpassung des Mehrwertsteuersatzes für pflanzliche Milchersatzprodukte (20 %) an jenen für Milch und Milcherzeugnisse in der Höhe von 10 % (3817/A(E)). (Fortsetzung Finanzausschuss) wit/gla


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