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Expert:innen für mehr Personal in der Pflege

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Bei einem Hearing im Sozialausschuss gaben heute Expert:innen Empfehlungen für bessere Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte und die Stärkung des Pflegesystems allgemein ab. Anlass war das von 131.921 Personen unterzeichnete Volksbegehren, das unter dem Titel „Gerechtigkeit den Pflegekräften!“ erheblich mehr Geld für aktive Pflegekräfte fordert (2409 d.B.).

Elisabeth Anselm vom Hilfswerk Österreich, Silvia Rosoli von der Arbeiterkammer Wien, Helmut Lutz von Malteser Care, Katharina Meichenitsch aus dem Sozialministerium und Elisabeth Potzmann vom Österreichischen Gesundheits- & Krankenpflegeverband waren als Expert:innen geladen. Die Bevollmächtigten, die im Rahmen eines solchen Hearings ebenfalls eine Stellungnahme abgeben können, erschienen nicht im Ausschuss.

Volksbegehren fordert mehr Geld für Pflegekräfte

Viele hätten es als zutiefst ungerecht empfunden, dass die Reaktion auf die besondere Belastung von Pflegekräften während der Corona-Pandemie vorrangig Anerkennung und Applaus gewesen seien, wird das Volksbegehren von den Initiator:innen René Kališ und Marcus Hohenecker begründet. Auch nach Ende der Pandemie sei die Situation „suboptimal“. Die Unterzeichner:innen halten den Gesetzgeber daher für gefordert, faire Rahmenbedingungen – allenfalls unter Einbindung der Sozialpartner – zu schaffen, zumal sie Pflege als gesamtgesellschaftliche Aufgabe sehen.

Expert:innen halten kontinuierliche Anstrengungen im Pflegebereich für notwendig

Elisabeth Anselm vom Hilfswerk Österreich betonte eingangs, dass die Pflege auch über die nächsten Jahre und Jahrzehnte eine kontinuierliche Aufgabe für die Politik sei. Man sei in diesem Bereich nie „fertig“. Als Herausforderungen nannte sie, dass die Pflegebedürftigkeit in der Gesellschaft zunehmen werde und die Personen durchschnittlich länger gepflegt werden müssen als früher. Anselm forderte dringende Verbesserungen in den Arbeitsbedingungen, damit Pflegekräfte auch im Beruf gehalten werden können. Es brauche Auslastungsvorgaben, Personalschlüssel, weniger Bürokratie und eine Anbindung der Langzeitpflege an ELGA. Nachbessern müsse man auch bei der Gewinnung von Pflegekräften aus dem Ausland.

Silvia Rosoli von der Arbeiterkammer Wien legte dar, dass die Pflegekräfte sich alleingelassen fühlen. Es seien zwar gute erste Schritte, vor allem in der Ausbildung von Pflegekräften, gesetzt worden. Die Reformen seien aber nicht bei den Betroffenen angekommen. Aus ihrer Sicht sind eine gute Personaleinsatzplanung, stabile Dienstpläne, mehr Personal, gesunde Arbeitszeitmodelle und mehr Urlaub für Beschäftigte in der Pflege notwendig. Rosoli sprach sich zudem für die Aufnahme von Pflegekräften in die Schwerarbeitspension aus. Sie betonte, dass Investitionen in Pflege und Gesundheitsversorgung auch ein Wirtschaftsmotor seien, insbesondere am Land.

Helmut Lutz von Malteser Care führte an, dass die Praxis bereits vor 15 Jahren vor einem drohenden Personalmangel gewarnt hatte. Künftig brauche es rascher Maßnahmen, sagte er. Lutz bezeichnete die 24-Stunden-Betreuung als wesentliches Element für die Versorgungssicherheit von Pflegebedürftigen. Hier brauche es einen Abbau von Förderungsbarrieren sowie eine einfachere Nostrifikation der Ausbildungen von Pflegekräften aus dem Ausland. Außerdem wäre es aus seiner Sicht sinnvoll, wenn nicht jedes Bundesland eine eigene Initiative zur Gewinnung von Pflegekräften durchführen würde.

Katharina Meichenitsch war als Expertin aus dem Sozialministerium geladen. Sie legte dar, dass mehr als 1,5 Mio. Menschen entweder als Pflegebedürftige, als pflegende Angehörige oder als Pflegekräfte von der Thematik betroffen seien. Ihrer Meinung nach habe Österreich ein gutes System der Pflegevorsorge. Aufgrund der demografischen Entwicklung müsse das System aber ständig weiterentwickelt werden. Die Personalfrage sei dabei die drängendste. Laut einer aktuellen Prognose würden bis zum Jahr 2030 im Schnitt rund 7.000 Pflegekräfte jährlich fehlen. Die drei umgesetzten Pflegepakete beinhalten aus ihrer Sicht gute Maßnahmen, um die Probleme anzugehen.

Elisabeth Potzmann vom Österreichischen Gesundheits- & Krankenpflegeverband sprach sich wie Silvia Rosoli dafür aus, dass Pflegearbeit als Schwerarbeit gelten müsste. In der Personalausstattung würde sie eine Harmonisierung unter den Bundesländern begrüßen. Außerdem müsse man den gut ausgebildeten Pflegekräften mehr zutrauen. Sie würden durch Gesetze ihrer Befugnisse beraubt, kritisierte sie. Eine Smartwatch habe mehr Kompetenzen als eine ausgebildete Pflegekraft, sagte Potzmann. Um dem Mangel an Pflegekräften zu begegnen, seien zwar in der Ausbildung gute Schritte gesetzt worden. Es brauche aber eine Strukturreform, Leistungen müssten verlagert werden.

    

Abgeordnete fragen Expert:innen nach empfohlenen Maßnahmen

Vonseiten der ÖVP betonten Ernst Gödl und Michael Hammer, dass in der vergangenen Gesetzgebungsperiode viel passiert sei. Hammer wollte von Elisabeth Anselm wissen, wie die Maßnahmen in der Praxis ankommen. Die Entgelterhöhung, die Ausweitung der Kompetenzen und die Ausbildungsoffensive würden positiv angenommen, berichtete Anselm. Gödl fragte die Expertin nach Empfehlungen für einen Abbau von Bürokratie für das Pflegepersonal. Es würde sehr helfen, wenn die Digitalisierung genutzt und die Pflege auf relevante Daten zugreifen könnte, so Anselm. Nach der Stärkung der Pflege zuhause gefragt, führte sie Unterstützungsangebote für pflegende Angehörige und die Entwicklung von neuen Wohnformen an.

SPÖ-Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek stellte an alle fünf Expert:innen die Frage, welche drei Dinge sie sofort umsetzen würden, wenn sie die Entscheidungsmacht hätten. Mehr Personal, eine gute Personaleinsatzplanung und stabile Dienstpläne mit verpflichtenden Personalvorgaben, wiederholte Silvia Rosoli ihre Forderungen. Helmut Lutz sprach sich für eine Verkürzung der Nostrifikationsverfahren und eine stärkere Förderung der mobilen Pflege im häuslichen Bereich aus. Für Katharina Meichenitsch sind Prävention und Zusammenarbeit ebenso wichtig wie Anstrengungen, um die Angebote für pflegende Angehörige bekannter zu machen. Elisabeth Potzmann führte eine Erweiterung der Befugnisse, eine bessere Gesundheitsförderung und eine Strukturreform als Wünsche an. Elisabeth Anselm berichtete, dass Pflegekräfte auf die Frage, was sie am dringendsten brauchen, immer antworten: mehr Kolleg:innen.

Weitere Themen: Schwerarbeitspension, Finanzierung und Daten zu Pflege

Christian Drobits wollte von Elisabeth Potzmann wissen, welche Änderungen für einen besseren Zugang von Pflegekräften zur Schwerarbeitspension notwendig seien. Sie würde sich wünschen, dass Stunden und nicht Tage zur Berechnung herangezogen werden, sagte die Expertin.

Auch Heike Grebien (Grüne) hatte sich nach ihrer Meinung zur Schwerarbeitspension erkundigt und gefragt, ob es nicht besser wäre, Altersteilzeit zu forcieren. Sie hätte gerne beides, antwortete Potzmann. Ralph Schallmeiner (Grüne) fragte Helmut Lutz, ob eine verstärkte Förderung von 24-Stunden-Betreuung eine Maßnahme zur Entlastung von pflegenden Angehörigen sein könne, was dieser bejahte.

Christian Ragger (FPÖ) thematisierte unter anderem die Finanzierung von Pflege. Aus seiner Sicht herrsche angesichts verschiedener Gelder von Bund, Ländern, Gemeinden und EU „Kraut und Rüben“. Für Silvia Rosoli wäre eine Bündelung der Finanzströme ebenfalls gut und wichtig. Es gebe sie ansatzweise durch den Pflegefonds bereits, meinte sie. Von Potzmann wollte Ragger wissen, wie sie zur Akademisierung der Pflege stehe. Es sei eine Mähr, dass diese sich negativ auswirke, sagte die Expertin.

Fiona Fiedler (NEOS) interessierte sich insbesondere für Daten. Von Silvia Rosoli wollte sie wissen, wie die Karrierepfade von Pflegekräften aussehen, die oft nur kurz im Beruf blieben. Nach der Ausbildung würden junge Menschen meist in Krankenhäuser gehen. Erst mit mehr Berufserfahrung wechseln sie in die Langzeitpflege, so Rosoli. Es gebe dazu aber keine validen Daten, weil Berufsangehörige Änderungen von sich aus bekannt geben müssen. Meichenitsch bat sie um ihre Einschätzung, was einen bundesweiten Entfall von Studiengebühren im Pflegebereich betrifft. Es sei durch den Pflegefonds bereits jetzt möglich, dass Länder die Gelder zur Förderung von Ausbildungen verwenden, sagte die Expertin. (Schluss Sozialausschuss) kar


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