Gesetz zur Förderung von Gewaltambulanzen passiert Justizausschuss
Für ein neues „Gewaltambulanzenförderungs-Gesetz“ auf Vorschlag der Koalitionsparteien sprachen sich im Justizausschuss heute ÖVP, Grüne und FPÖ aus. Damit sollen als weiterer wichtiger Schritt des Gewaltschutzes und der Gewaltprävention dem Bund Förderverträge mit Gewaltambulanzen ermöglicht werden. Die SPÖ sprach sich für eine Ausschussbegutachtung zu der ihr zufolge wichtigen Materie aus, zumal dazu aus ihrer Sicht Expert:innen gehört werden sollten. Der entsprechende Antrag blieb jedoch mit den Stimmen der Oppositionsparteien in der Minderheit.
Justizministerin Alma Zadić erläuterte, dass das bisherige Projekt der Gewaltambulanzen nunmehr gesetzlich abgesichert werde. Nach Graz soll ihr zufolge diesen Sommer auch die Gewaltambulanz in Wien öffnen. Ebenso wie Frauen- und Familienministerin Susanne Raab strich Zadić die Bedeutung von Gewaltambulanzen hervor, um Beweise zu sichern und die Gewaltspirale dadurch zu durchbrechen, indem die Verurteilungsquote erhöht werde.
Den Weisungsbericht 2021 aus dem Justizministerium nahmen die Abgeordneten mit den Stimmen von ÖVP, Grünen, SPÖ und NEOS zur Kenntnis. Auf Verlangen der SPÖ wird der Bericht auch im Plenum des Nationalrats behandelt werden.
Gesetz zur Förderung von Gewaltambulanzen
Mit dem Initiativantrag zur Förderung von Gewaltambulanzen (4067/A) sollen Universitäten adressiert werden, die über ein gerichtsmedizinisches Institut verfügen, aber auch andere geeignete Betreiber. Diese müssen entweder bereits eine Gewaltambulanz eingerichtet haben, die den Mindestleistungskatalog erfüllt, oder sich verpflichten, eine solche einzurichten und die Pflichten in Zukunft zu erfüllen. Festgehalten wird im Antrag, dass die Leistungen der Gewaltambulanzen für alle betroffenen Personen kostenlos sein sollen. Außerdem sollen die Leistungen nicht von einer Anzeige oder einem behördlichen Verfahren abhängig gemacht werden. Das Inkrafttreten des Förderungsgesetzes ist für den 1. September 2024 geplant.
Bei den derzeit bestehenden Projekten zur Dokumentation von Verletzungen bei Gewaltopfern handle es sich um Einzellösungen, so die Erläuterungen. Gerade in Strafverfahren wegen Gewalt im sozialen Nahraum sei aber die möglichst frühe und fundierte Objektivierung von Verletzungen ein zentrales Beweisthema. Aussagekräftige gerichtsmedizinische Sachverständigengutachten können demnach die Verurteilungswahrscheinlichkeit merkbar erhöhen. Die geförderten Gewaltambulanzen sollen zur Erkennung von Gewalt und zur Aufklärung gewalttätiger Angriffe beitragen, von Gewalt betroffene Personen unterstützen und auch dem Schutz der von Gewalt betroffenen Personen vor weiteren gewaltsamen Übergriffen und damit der Prävention dienen.
Konkret soll eine Hauptaufgabe der Gewaltambulanzen daher darin bestehen, alle Personen, die von körperlicher Gewalt oder strafbaren Handlungen gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung betroffen sind oder sein können, gerichtsmedizinisch zu untersuchen. Dabei sollen Verletzungen und Spuren ausführlich dokumentiert werden, sodass sie in allfälligen Verfahren als Beweismittel verwertbar sind. Personen, die ausschließlich von psychischer Gewalt betroffen sind, sollen über weitergehende Behandlungs- und Beratungsmöglichkeiten informiert werden, auch wenn es keiner gerichtsmedizinischen Tätigkeit bedarf. Die Gewaltambulanzen sollen insgesamt auch als Drehscheibe und Unterstützungsstelle fungieren.
Johanna Jachs (ÖVP) sieht in dem Gesetz eine Grundlage dafür, dass weitere Gewaltambulanzen entstehen. Die Leistungen etwa zur Spurensicherung bei Gewalttaten sollen kostenlos zugänglich sein, hob sie hervor. Georg Bürstmayr (Grüne) betonte, dass es vor Gericht maßgebliche Beweise brauche. Mit dem Gesetz werde ein erster wichtiger und großer Schritt dafür gesetzt, Beweise in Gewaltambulanzen sichern zu können.
Demgegenüber äußerte Selma Yildirim (SPÖ) Bedenken an der Vorlage, weil viele Unklarheiten bestehen würden. Fehlen würde in den Kriterien für die Gewaltambulanzen etwa eine 24/7-Erreichbarkeit oder die Beiziehung von Gynäkolog:innen bei Sexualdelikten. Sie zeigte sich überzeugt, dass es flächendeckend Gewaltambulanzen brauche, kritisierte allerdings das Prozedere des Antrags ohne Begutachtung. Ohne Begutachtung werde sie auch im Plenum nicht zustimmen, zumal außerdem nur eine Ermächtigung zur Förderung enthalten sei, die es ohnehin bereits gebe.
Henrike Brandstötter (NEOS) schloss sich der Kritik der SPÖ an, wiewohl sich niemand gegen Gewaltambulanzen ausspreche. Aber der Antrag und das Prozedere, ohne das Parlament einzubinden, würden viele Fragen aufwerfen, weshalb eine Begutachtung wichtig wäre. Christian Ragger (FPÖ) unterstrich, dass Gewaltambulanzen wichtig und sinnvoll seien. Auch wenn es immer um die Vorgehensweise gehe, signalisierte er klare Zustimmung zum Entwurf.
Die nunmehrige Absicherung der Gewaltambulanzen stelle einen Meilenstein dar, betonte Justizministerin Zadić. Es brauche die gesetzliche Grundlage auch deshalb, um der gleichen Einrichtung nochmals eine Förderung erteilen zu können und damit das Projekt abzusichern. Zudem werde mit dem Gesetz sichergestellt, dass auch künftig Budget zur Verfügung gestellt wird. Auch im Bereich der Gerichtsmediziner:innen hoffe sie, durch die Schaffung neuer Arbeitsplätze den Beruf attraktiver zu gestalten.
Frauenministerin Raab zeigte sich überzeugt, dass aufgrund der rechtlichen Basis dieses Gesetzes ermöglicht werde, österreichweit Gewaltambulanzen einzurichten. Außerdem werde ein Grundstein dafür gelegt, dass Projekte langfristig Finanzierungssicherheit haben.
Weisungsbericht 2021 aus dem Justizministerium
Der Weisungsbericht 2021 von Justizministerin Zadić (III-1087 d.B.) enthält 29 Fälle mit Weisungen aus den Jahren 2014 bis 2021. In zwei Verfahren seien je zwei Weisungen erteilt worden. Von den damit insgesamt 31 Weisungen in diesem Zeitraum zielten laut Bericht 15 darauf ab, das Verfahren einzuleiten oder fortzusetzen bzw. konkrete Erhebungen durchführen. Die 29 Fallbeschreibungen im umfassenden Bericht sind weitgehend anonymisiert und betreffen neben Themen wie Wirtschaftsstrafsachen und Korruption beispielsweise Verdachtslagen nach dem Verbotsgesetz oder zu terroristischen Beteiligungen. Rund 55 % der Weisungen betrafen Verfahren in Wien, darauf folgen Linz mit 19 %, Graz mit 16 % und Innsbruck mit knapp 10 %.
Während Klaus Fürlinger (ÖVP) Überlegungen zur Nachschärfung der langen Verfahrensdauern in den Raum stellte, hinterfragten Johannes Margreiter (NEOS) und Georg Bürstmayr (Grüne), ob es zu einer Beschleunigung bei der Berichtserstellung kommen könne. Ebenso wie Margreiter interessierte sich Selma Yildirim (SPÖ) speziell für den ersten Fall im Weisungsbericht. Es habe sich in einem Verfahren, das 2014 begonnen hatte, um eine Weisung im Zusammenhang mit der Auslieferung eines Nationalratsabgeordneten gehandelt, wo sich auch im Nachhinein keine Anhaltspunkte einer Beteiligung ergeben hätten, so eine Expertin des Ministeriums.
Zu den zeitlichen Verzögerungen des Berichts wies Justizministerin Zadić unter anderem darauf hin, dass ein Ermittlungsverfahren abgeschlossen sein müsse, bevor es im Weisungsbericht aufgenommen werde. (Fortsetzung Justizausschuss) mbu
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