Blimlinger/Prammer erfreut über Pilotstudie zu Justizministerium nach 1945
Zur Nazifizierung der österreichischen Justiz liegen bereits umfassende Studien vor. Was aber im Gegensatz zu Deutschland bis dato fehlt, ist eine umfassende Studie über die Justiz nach 1945, um mögliche, um nicht zu sagen vermutbare nationalsozialistische Kontinuitäten bei Richtern, Staatsanwälten und Verwaltungsbediensteten zu erforschen. Während in Deutschland mit dem umfassenden Werk „Die Akte Rosenburg. Das Bundesministerium der Justiz und die NS-Zeit“ eine umfassende Studie vorliegt, fehlt diese historische Forschung für Österreich derzeit noch.
„Wir freuen uns sehr, dass Justizministerin Alma Zadić sich der Thematik annimmt und das Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands mit einer Pilotstudie beauftragt hat. In einem ersten Schritt müssen nun die Akten und Materialien des Staatsamts für Justiz bzw. des Bundesministeriums für Justiz im Ressorts gesichtet werden. Ausgehend davon soll dann in einem nächsten Schritt ein umfassendes Forschungsprojekt durchgeführt werden“, sind Agnes Prammer, Justizsprecherin, und Eva Blimlinger, gedenkpolitische Sprecherin der Grünen, über dieses Vorhaben erfreut.
Aus einzelnen Studien ist bekannt, dass bereits im Mai 1945 im Staatsamt für Justiz mehrere leitende Beamte tätig waren, die in allen politischen Systemen sei es Austrofaschismus oder Nationalsozialismus und nun in der Zweiten Republik tätig waren. Die Herausforderung in den ersten Jahren nach 1945 war es, die Justiz zu entnazifizieren, was von verschiedenen Kommissionen durchgeführt wurde. Welchen Erfolg das hatte, gilt es zu erforschen und zu überprüfen.
„Eine moderne zukunftsweisende Justiz ist gefordert, die Vergangenheit in besonderer Weise in den Blick zu nehmen, um ihre Glaubwürdigkeit und ihre Funktion im Rechtsstaat zu stärken und unangreifbar zu machen. Wir müssen uns immer vor Augen halten, dass die Justiz ein besonderes Augenmerk auf ihre Protagonist:innen legen muss“, sieht Prammer die Notwendigkeit der historischen Forschung in Verbindung zur Gegenwart gegeben.
„Es wird auch darum gehen, die Biographien der Justizminister nach 1945 genauer zu untersuchen. So wissen wir etwa, dass z.B. der Sozialdemokrat Otto Tschadek als Richter im Marinegericht Kiel Todesurteile unter anderem gegen Wehrmachtsdeserteure gefällt hat, die sogar seinen Vorgesetzten zu hart waren und von denen in mildere Strafen umgewandelt wurden. Oder Hans Kapfer, er war unter anderem Mitglied des NS-Rechtswahrerbundes und der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt (NSV), nach 1945 Sektionschef im Ressort und nach seiner Ministertätigkeit Präsident des Oberlandesgerichts Wien und danach Präsident des Obersten Gerichtshofes“, hält Blimlinger fest.
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