Parlament: TOP im Nationalrat am 16. Mai 2024
Am zweiten Sitzungstag im Nationalrat kommende Woche befassen sich die Abgeordneten auf Basis von Rechnungshofberichten mit der Bildungskarenz, dem Fachkräftemangel, der Standortagentur Austrian Business Agency sowie mit der erfolgten Sanierung des Parlamentsgebäudes. Ein gemeinsamer Antrag der Parlamentsparteien zielt auf die inhaltliche und methodische Weiterentwicklung der Einkommenserhebung des Rechnungshofs ab. Zur Debatte steht ferner der ORF-Jahresbericht und Transparenzbericht 2023 sowie ein FPÖ-Antrag zur Verfahrensordnung für Untersuchungsausschüsse, der einer Ersten Lesung unterzogen wird.
Fragestunde
Die Sitzung beginnt um 9.00 Uhr mit einer Fragestunde mit Verteidigungsministerin Klaudia Tanner.
Rechnungshofbericht zur Sanierung des Parlamentsgebäudes
Insgesamt drei Berichte hat der Rechnungshof zur in den Jahren 2018 bis 2022 erfolgten Sanierung des Parlamentsgebäudes vorgelegt. Im vorliegenden Bericht standen Organisation, Termin-, Kosten- und Budgetentwicklung, Vergaben, Bestandserhebung und Nachhaltigkeit der Sanierung im Zentrum. Während das Prüforgan Schwächen bei der Ausführungsterminplanung, der Erkundung von Schad- und Störstoffen sowie bei der Qualitätssicherung von Ausschreibungsunterlagen ortet, bewertet es das Mängelmanagement sowie Verbesserungen bei Barrierefreiheit und Brandschutz positiv. Außerdem habe der Heizenergiebedarf pro Quadratmeter reduziert werden können. Geprüft wurden die Jahre 2015 bis 2022.
Tätigkeitsbericht 2023 des Rechnungshofs
Das Vorjahr war für den Rechnungshof geprägt vom Ende der COVID-19-Pandemie sowie der Teuerung und dem Rückgang der Wirtschaftsleistung Österreichs, wie aus seinem Tätigkeitbericht 2023 hervorgeht. Im Prüfportfolio finden sich noch einige COVID-19-Prüfungen, aus denen Handlungsanleitungen aus der Pandemie abgeleitet wurden, sowie Prüfungen zu künftigen Herausforderungen wie Raumordnung, Energiewende und Klimaschutz. Auch die Nachhaltigkeit des Pensionssystems angesichts steigender Lebenserwartung und sinkender Geburtenraten wurde einer Gebarungsprüfung unterzogen. Weiters standen die Funktionsfähigkeit der Verwaltung vor dem Hintergrund der Digitalisierung im Fokus sowie die Neuorganisation von Behörden, wie den Bildungsdirektionen. Hinzu kamen Querschnittsmaterien, wie der Gewalt- und Opferschutz für Frauen. Die Vermeidung von Interessenkonflikten und das Compliance-Management der öffentlichen Einrichtungen sowie die Korruptionsprävention spielten bei der Arbeit des Rechnungshofs ebenfalls eine wichtige Rolle. Zudem hat der Rechnungshof im Rahmen des Bundesrechnungsabschlusses im Jahr 2023 erstmals einen Schuldenbericht veröffentlicht.
Einkommen und Pensionen der öffentlichen Wirtschaft des Bundes 2021 und 2022
Der Rechnungshof erstellt alle zwei Jahre einen Einkommensbericht über die öffentliche Wirtschaft und erfasst dabei die durchschnittlichen Einkommen von Aufsichtsratsmitgliedern, Vorständen bzw. Geschäftsführer:innen und Beschäftigten in Unternehmen und Einrichtungen des Bundes. Im Jahr 2021 gab es 459 Einrichtungen dieser Art. Vorstandsmitglieder und Geschäftsführer:innen hatten ein durchschnittliches Einkommen von 214.600 € (2021) bzw. 218.900 Euro (2022). Bei den Beschäftigten gab es im Vergleich zum letzten Bericht eine leichte Steigerung der Einkommen auf 58.100 Euro (2021) und 60.200 Euro (2022). Die höchsten Durchschnittseinkommen gab es 2022 mit 89.200 Euro im Finanz- und Versicherungsbereich. Weniger als ein Viertel der Vorstände und Geschäftsführungspositionen waren mit Frauen besetzt. Während Geschäftsführer und männliche Vorstandsmitglieder 2022 durchschnittlich 227.324 € verdienten, bekamen Geschäftsführerinnen und weibliche Vorstandsmitglieder nur 85 % davon. Bei den Unternehmen des Bundes mussten 2021 für 24.799 Personen zusätzliche Pensionsleistungen von 539,6 Mio. € ausgegeben werden. 2022 waren es für 24.942 Personen 547,7 Mio €. Im Vergleich zu 2020 ist das ein Rückgang von knapp 3 Mio. €.
Allparteienantrag auf effizientere Einkommenserhebung
Auf Basis eines Entschließungsantrags der NEOS wurde im Rechnungshofausschuss ein gemeinsamer Antrag der Parlamentsparteien angenommen, der auf die inhaltliche und methodische Weiterentwicklung der Einkommenserhebung des Rechnungshofs abzielt. Das Prüforgan erhebt jedes zweite Jahr von Unternehmen und Einrichtungen, die seiner Kontrolle unterliegen, die durchschnittlichen Einkommen einschließlich aller Sozial- und Sachleistungen von Mitgliedern des Vorstandes und des Aufsichtsrates sowie aller Beschäftigten. Die Datenerhebung bei rund 800 Rechtsträgern bedeute sowohl für den Rechnungshof als auch die betroffenen Stellen einen hohen Aufwand. Im Antrag wird daher gefordert, dem Rechnungshof die Nutzung von offiziellen Daten aus der Lohnsteuer- und Sozialversicherungsstatistik, die bei der Statistik Österreich vorliegen, zu ermöglichen.
Rechnungshofbericht zur Bildungskarenz
In seinem Prüfbericht zur Bildungskarenz erkennt der Rechnungshof deren arbeitsmarktpolitisches Potenzial an. Er hält aber gleichzeitig fest, dass die Bildungskarenz für wenig aufwändige, für den Arbeitsmarkt kaum relevante „Hobbykurse“ sowie für „mit öffentlichen Mitteln finanzierte Auszeiten aus dem Arbeitsprozess“ genutzt werden kann. Er empfiehlt daher, die gesetzlichen Bestimmungen zu überarbeiten. Ziel wäre eine klare Ausrichtung auf Weiterbildungen, die die Position der Beziehenden auf dem Arbeitsmarkt verbessern. Im Rechnungshofausschuss zeigten sich Arbeitsminister Martin Kocher, Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker und AMS-Chef Johannes Kopf einig über diesbezüglichen Handlungsbedarf.
Prüfberichte zu Fachkräftemangel und Rot-Weiß-Rot-Karte
Mittel- und längerfristig sei von einer Verschärfung des Fachkräftemangels auszugehen, attestiert der Rechnungshof in seinem Prüfbericht zu diesem Thema. Durch das Ausscheiden der „Baby-Boomer-Generation“ aus dem Berufsleben werde die Verfügbarkeit von Arbeitskräften in Österreich, wie auch in der EU insgesamt, in den nächsten zehn Jahren tendenziell abnehmen. Zwar gebe es sowohl seitens der Bundesministerien als auch der Länder Initiativen und strategische Erwägungen, um dem entgegenzuwirken. Eine Gesamtstrategie mit aufeinander abgestimmten Maßnahmen fehle jedoch nach wie vor ebenso wie eine solide Datenbasis für eine genauere Analyse auf Ebene der Berufe, der regionalen Verteilung und des Beschäftigungsausmaßes. Beides empfiehlt der Rechnungshof zu erarbeiten.
Stellschrauben sieht der Rechnungshof etwa im Ausbildungs- und Schulsystem und in der Ausschöpfung und Mobilisierung des im Inland vorhandenen Arbeitskräftepotenzials durch eine Erhöhung der Erwerbsbeteiligung von Frauen, älteren Personen sowie Migrantinnen und Migranten. Aber auch die Anwerbung qualifizierter Arbeitskräfte aus Drittstaaten, etwa über die Rot-Weiß-Rot-Karte sei grundsätzlich geeignet, den Fachkräftemangel zu mildern, hält der Rechnungshof fest.
Wie das Prüforgan in seinem Bericht „Rot-Weiß-Rot-Karte und Blaue Karte EU“ ausführt, stehen zur Neuzuwanderung qualifizierter Arbeitskräfte aus Drittstaaten nach Österreich fünf Kartenvarianten und die Blaue Karte EU zur Verfügung, die sich durch unterschiedlich strenge Anforderungen unterscheiden. Grundsätzlich sei das System aus arbeitsmarktpolitischer Sicht nachvollziehbar, da es auch die österreichische Arbeitsmarktlage mitberücksichtige. Die verschiedenen Kartenvarianten seien jedoch insbesondere für Antragstellende schwer voneinander abgrenzbar, zumal es bei den ausbildungs- und kenntnisbezogenen Anforderungen vielfach Überschneidungen gebe und sich die Zielgruppen überlappen würden. Gleichzeitig konstatiert der Rechnungshof einen Mangel an Flexibilität, da der Antrag für eine konkrete Variante gestellt werden müsse. Er empfiehlt Schritte in Richtung einer Vereinfachung sowie Flexibilisierung des Systems.
Rechnungshof prüfte Austrian Business Agency
Die Austrian Business Agency (ABA) steht im Eigentum des Bundes und ist unter anderem für die Vermarktung des Wirtschaftsstandorts Österreich und für die Beratung von ausländischen Unternehmen bzw. Investoren zuständig, die an einer Betriebsansiedlung in Österreich interessiert sind. Der Rechnungshof kritisierte im Rahmen seiner Prüfung etwa, dass im überprüften Zeitraum von 2018 bis 2022 über die Qualität und den Umfang der Beratungsprojekte der ABA keine gesamthaften Beurteilungen vorlagen. Zudem sei das Budget der ABA in den Jahren 2018 bis 2023 um etwa 80 Prozent auf rund 9 Mio. € angestiegen. Der tatsächliche Aufwand der ABA sei jedoch zumeist unter dem genehmigten Budget gelegen. Auch über die Niederlassung von ausländischen Fachkräften in Österreich habe die ABA keine Aussagen treffen können. Wirtschaftsminister Martin Kocher zufolge sind allerdings zahlreiche Defizite, die der Rechnungshof bei der ABA festgestellt habe, mittlerweile behoben.
ORF-Jahresbericht und Transparenzbericht 2023
Auf Wunsch der FPÖ wird der Nationalrat über den ORF-Jahresbericht 2023 und den angeschlossenen ersten Transparenzbericht des ORF diskutieren, wobei es vorrangig wohl um die Haushaltsabgabe und die Gehälter im ORF gehen wird. Seit heuer ist der ORF nämlich gesetzlich dazu verpflichtet, die Gehälter seiner Mitarbeiter:innen – namentlich ab einem jährlichen Bruttogehalt von 170.000 € – sowie die Ausgaben für Beraterverträge und Beschaffungs-Rahmenverträge offenzulegen. Auch die Kosten für Eigen- und Auftragsproduktionen und eine aufgeschlüsselte Übersicht über die Werbeeinnahmen sind dem neuen Transparenzbericht zu entnehmen.
Aus dem eigentlichen Jahresbericht erschließt sich unter anderem, dass der ORF im Jahr 2023 weiter Marktanteile verloren hat. Zwar nutzten immer noch 6,1 Millionen Menschen täglich eines der multimedialen Angebote des ORF, sowohl der Marktanteil der ORF-Fernsehflotte (von 34,6 % auf 33,8 %) als auch jener der Radioflotte (von 68 % auf 65 %) gingen im vergangenen Jahr jedoch leicht zurück. Auch die Zahl der Visits pro Monat im ORF.at-Network waren mit durchschnittlich 123,8 Millionen rückläufig. Das ORF-Management zeigt sich dennoch über das ungebrochene Publikumsinteresse erfreut. Auch alle inhaltlichen Vorgaben des ORF-Gesetzes – etwa eine ausgewogene Programmmischung aus Information, Kultur, Unterhaltung und Sport sowie ein besonderer Fokus auf Sendungen mit Österreich-Bezug – wurden ihm zufolge erfüllt. Ebenso wird im Bericht auf den massiven Ausbau des barrierefreien Angebots hingewiesen. Die Einnahmen aus kommerzieller Tätigkeit werden mit 335 Mio. € angegeben.
Verfahrensordnung für Untersuchungsausschüsse
Beenden wird der Nationalrat seine Plenarwoche mit der Ersten Lesung eines FPÖ-Antrags, der auf eine Änderung der Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse samt begleitender Verfassungsänderung abzielt. Demnach soll künftig ein Viertel der Mitglieder des Geschäftsordnungsausschusses die Möglichkeit erhalten, dem Verfassungsgerichtshof (VfGH) ein vom Ausschuss durchgewunkenes U-Ausschuss-Verlangen zur Überprüfung vorzulegen. Ähnliches ist für vom Nationalrat mehrheitlich beschlossene Untersuchungsausschüsse vorgesehen. Nach der derzeitigen Gesetzeslage führe selbst ein verfassungswidriger Untersuchungsgegenstand zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses, wenn dessen Zulässigkeit nicht von einer Mehrheit der Abgeordneten bestritten wird, begründet die FPÖ die Initiative.
Nach der Debatte wird der Antrag dem Geschäftsordnungsausschuss zur weiteren Beratung zugewiesen. (Schluss TOP im Nationalrat) mbu/gs
HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.
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