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FPÖ fordert „echte Maßnahmen“ gegen Jugendkriminalität statt „medienwirksamer Auftritte“

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 Fast täglich würden die Medien über gewaltsame Auseinandersetzungen und Überfälle mit Messern, Gruppenvergewaltigungen und Bandenkriminalität berichten. Da es sich dabei schon längst nicht mehr um Einzelfälle handle, brauche es eine härtere Vorgangsweise gegen die jugendlichen Täter und vor allem eine Herabsetzung des Alters für die Strafmündigkeit, forderte FPÖ-Mandatar Michael Schnedlitz in einer Kurzdebatte im Nationalrat. Ausgangspunkt dafür war eine Anfrage an Innenminister Gerhard Karner zur Entwicklung der Jugendkriminalität, die nach Ansicht der Freiheitlichen nur unzureichend beantwortet wurde.

Unter anderem ging aus der Anfragebeantwortung hervor, dass zu den bisherigen Zahlen zur Jugendkriminalität aus dem Jahr 2023 keine Auskunft erteilt werden können, da derzeit nur Rohdaten vorhanden seien. Zuverlässige Zahlen könnten erst nach Durchlaufen der entsprechenden Qualitätskontrollen und Prüfungsmechanismen bekanntgegeben werden. Das bekräftigte der Innenminister auch im Laufe der Debatte, da ihm eine seriöse Information der Abgeordneten ein besonderes Anliegen sei. Was das Thema der Strafmündigkeit anbelangt, so schaue man sich derzeit im Rahmen einer Arbeitsgruppe internationale Beispiele an. Aus seiner Sicht müsse es auch für zwölf- und dreizehnjährige Kinder, die etwas verbrechen, Konsequenzen geben. Außerdem setzte sich Karner erneut für flächendeckende Waffenverbotszonen ein.

Schnedlitz wirft ÖVP Sicherheitskollaps und Wählertäuschung vor

Angesichts der dramatischen Entwicklungen im Bereich der Jugendkriminalität haben die Freiheitlichen im Jahr 2023 eine Anfrage an Innenminister Karner eingebracht, die eigentlich recht einfache Fragen enthalten habe, erinnerte Michael Schnedlitz (FPÖ). Man wollte lediglich wissen, wie viele strafrechtlich relevante Anzeigen im Jahr 2023 gegen zum Tatzeitpunkt minderjährige Täter erstattet wurden. Diese sollte zudem nach Bundesland, Alter, Geschlecht, Herkunft, Staatsbürgerschaft, Aufenthaltsstatus und Delikt genau aufgeschlüsselt werden. Da man ohnehin keine "geschönte Statistik" erhalten wollte, hätte es gereicht, die vorhandenen Rohdaten zu übermitteln.

Kritisch seien zudem symbolhafte Aktionen zu hinterfragen, bei denen schwerbewaffnete Beamt:innen mit Hunden und Drohnen an sogenannten Hotspots auftauchen würden und der Innenminister den geladenen Medienvertreter:innen Interviews gebe. So eine habe kürzlich in Favoriten stattgefunden, zeigte Schnedlitz auf. Nur drei Stunden später habe sich genau dort die nächste blutige Messerattacke zugetragen. Dennoch wurden in Wien flächendeckend Polizeiinspektionen in der Nacht geschlossen, dort finde ab 19.00 Uhr kein Betrieb mehr statt. Dies zeige, dass die Strategie der ÖVP, sich als Partei der Mitte zu präsentieren, nicht aufgehe. Sie befinde sich vielmehr "mitten in der Krise, mitten in der Korruption, mitten im Sicherheitskollaps und mitten in der Wählertäuschung".

Karner verweist auf Einleitung von Sofortmaßnahmen und gezielte Schwerpunktaktionen

Die Jugendkriminalität stelle eine besondere Herausforderung dar, da sie in den letzten Jahren deutlich zugenommen habe, räumte Innenminister Gerhard Karner ein. Bei den unter 14-Jährigen habe sich die Zahl der Tatverdächtigen in den vergangenen zehn Jahren verdoppelt. Bei der Gruppe der 14- bis 18-Jährigen gab es laut Karner ebenfalls eine leichte Steigerung, bei den jungen Erwachsenen war hingegen ein Rückgang feststellbar. Richtig sei auch, dass sich gerade in den letzten Monaten besondere Brennpunkte herauskristallisiert hätten, stellte der Minister fest. Für ihn sei weiters klar, dass man nach so furchtbaren Taten wie jener, bei der ein zwölfjähriges Mädchen von einer Gruppe von Jugendlichen monatelang vergewaltigt worden sei, nicht zur Tagesordnung übergehen könne. Daher sei als Sofortmaßnahme nicht nur die Einrichtung einer Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Jugendkriminalität in die Wege geleitet, sondern eine Reihe von Schwerpunktaktionen wie beispielsweise in Favoriten gesetzt worden. Man könne ihm daher sicher nicht vorwerfen, nichts getan zu haben. Ein besonderes Anliegen sei es ihm aber, die Debatten über dieses schwierige Thema und auch die Frage der Strafmündigkeit seriös zu führen, appellierte der Minister, dies hätten sich die Opfer am allermeisten verdient.

ÖVP sieht die Stadt Wien in der Pflicht

Niko Marchetti (ÖVP) machte die Stadt Wien für die "ernste Situation" in Favoriten verantwortlich. Dort gebe es Jugendbanden, denen auch Minderjährige angehören, Spielplätze müssten regelmäßig auf Drogen durchsucht werden, schilderte er. Als wesentliche Ursache für Jugendkriminalität sieht er "das Integrationsproblem". Wien sabotiere jedoch auf Bundesebene beschlossene Integrationsmaßnahmen wie Deutschförderklassen, ohne selbst Vorschläge zu haben, kritisierte er. Jedes dritte Kind, das in Wien in eine Volksschule komme, könne nicht Deutsch.

SPÖ für Wiedereinführung des Jugendgerichtshofs

Seitens der SPÖ forderte Selma Yildirim die Wiedereinführung des Jugendgerichtshofs. Für sie ist es kein Zufall, dass es im Bereich der Jugendkriminalität in den letzten zehn Jahren zu einer Verdoppelung der Straftaten gekommen ist. Schließlich sei es ziemlich genau zehn Jahre her, als "Schwarz-Blau" den funktionierenden Jugendgerichtshof zerschlagen hätten, meinte sie. Dieser habe die Pflegschaftsgerichte mit den Strafgerichten zusammengeführt und ist ihr zufolge eingerichtet worden, weil sich herausgestellt habe, dass man mit dem Einsperren von Jugendlichen keine Rückfälle verhindere. Ebenso wenig könne man mit dem Einsperren von unter 14-Jährigen Integrationsprobleme lösen, ist Yildirim überzeugt. Kritik übte sie auch am jahrelangen "Aushungern" der Justiz, damit habe man dem Strafvollzug die Möglichkeit genommen, mit den Tätern zu arbeiten.

Grüne: Rechtzeitig ansetzen durch umfassendes Kinderschutzpaket

Georg Bürstmayr (Grüne) knüpfte in seiner Rede am Sprichwort "es braucht ein ganzes Dorf, um ein Kind zu erziehen" an. Es sei natürlich ein Problem, dass Kinder Taten begehen, die als kriminell zu werten seien, betonte er, die Gemeinschaft als sprichwörtliches Dorf sei jedoch für die Erziehung der Kinder mitverantwortlich, betonte er. Wenn die Polizei eingreifen müsse, sei es zu spät. In diesem Sinn verwies Bürstmayr auf das von der Bundesregierung präsentierte Kinderschutzpaket und weitere Maßnahmen. Auch ein Verbot des Mitführens von Hieb- und Stichwaffen im öffentlichen Raum wird von ihm grundsätzlich unterstützt.

NEOS: Anti-Gewalt-Training und Verpflichtung zu gemeinnütziger Arbeit

Yannick Shetty (NEOS) warnte sowohl vor "populistischen Schnellschüssen" als auch vor einer "Wegschaumentalität". Es sei tatsächlich unbefriedigend, dass pro Jahr mehr als 10.000 Anzeigen eingestellt werden mussten, da es sich bei den Tätern um unmündige Minderjährige handelt, meinte er. Wenn 13-Jährige schwere Straftaten begehen, müsse das Konsequenzen haben. Konkret regte Shetty verpflichtende Anti-Gewalt-Trainings und eine Verpflichtung zu gemeinnütziger Arbeit an, und zwar verhängt durch ordentliche Gerichte. Auch müssten Eltern, die Mitwirkungspflichten verletzen, belangt werden. Shetty bedauerte außerdem, dass die Forderung der NEOS nach mehr Geld für Brennpunktschulen und nach Integrationsmaßnahmen für Asylwerber:innen ab Tag 1 von den zuständigen ÖVP-Minister:innen "blockiert" würden.

Der Antrag der FPÖ, die Anfragebeantwortung nicht zur Kenntnis zu nehmen, fand keine Mehrheit. (Fortsetzung Nationalrat) sue/gs

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.


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