51. Wiener Gemeinderat (2)
Die vierte Anfrage betraf die Schließung des Lorenz-Böhler-Krankenhauses. GRin Mag. Barbara Huemer (GRÜNE) wollte von Wohnbaustadträtin Kathrin Gaál (SPÖ) wissen, ob es während der Jahre 2012 bis 2015 Bauansuchen zum AUVA-Unfallkrankenhaus gegeben habe, im Rahmen derer für die Baubehörde erkennbare Brandschutzmängel entdeckt wurden. Gaál schickte voraus, dass die Sicherheit der Menschen in Wien „absolute Priorität“ habe, dazu trage wesentlich auch die Baupolizei bei. Im betroffenen Zeitraum habe es bei der Baupolizei insgesamt drei Bauanzeigen seitens des Spitals gegeben, bei keiner sei der Brandschutz betroffen gewesen. Deshalb habe die Behörde diesen auch nicht überprüft, „es konnten also keine Mängel zu Tage treten“, sagte Gaál. Im Sommer 2023 sei das Lorenz-Böhler-Krankenhaus mit Umbauplänen an die Behörde herangetreten. Damals hätten sich bei der Baupolizei Zweifel geregt, ob der Brandschutz ausreiche und es sei ein Sicherheitskonzept seitens des Spitals verlangt worden. Das Krankenhaus habe ein Gutachten erstellen lassen, das im Februar 2024 vorgelegen sei. Erst dann seien die Mängel im Bereich Brandschutz bekannt geworden und die notwendigen Maßnahmen getroffen worden, so Gaál.
In der fünften Anfrage erkundigte sich GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM (ÖVP) zum Thema Notkompetenz für die Wien Energie bei Bürgermeister Michael Ludwig, inwiefern damals alle notwendigen Schritte gesetzt worden seien. Ludwig erklärte, dass im vertraulichen Rohbericht des Rechnungshofs, auf den sich die Anfrage beruft, die Abschaltung und die mögliche gänzliche Stilllegung der Pipeline Nord Stream 1 im Juli 2022 außer Acht gelassen worden sei. Diese Thematik sei in der Untersuchungskommission zur Wien Energie mehrmals erörtert worden, das müsse auch dem Fragesteller, der selbst Mitglied der Untersuchungskommission war, bekannt sein, so Ludwig. Die Kritik an der Notkompetenz entbehre jeder Grundlage. Das Vorliegen der rechtlichen Voraussetzungen für die Ausübung der Notkompetenz durch den Bürgermeister seien geprüft und die erforderlichen Unterlagen erstellt worden. Trotz der Dringlichkeit der Notkompetenz sei das betreffende Geschäftsstück insgesamt von fünf Dienststellen der Verwaltung der Stadt geprüft worden. Der Antrag sei von ihm unterschrieben worden, da für ihn alles transparent und umfassend dargestellt worden sei, sagte Ludwig. Alle diese Sachverhalte seien bereits aus der Untersuchungskommission „bestens“ bekannt. „Alle involvierten Personen haben zum Wohle der Wiener Bevölkerung agiert und sich dabei stets an alle Gesetze, Vorschriften und Richtlinien gehalten“, sagte Bürgermeister Ludwig.
Aktuelle Stunde
Nach der Fragestunde begann die Aktuelle Stunde, deren Thema der ÖVP-Rathausklub eingebracht hatte. Es lautete: „Jugendgewalt in Wien nimmt zu! Hinschauen statt wegschauen: Verstärktes kommunales Maßnahmenpaket zu Jugendarbeit, Gewaltprävention und Integration gefordert!“
GR Harald Zierfuß (ÖVP) trat als Erstredner an das Pult und trug exemplarische einige Schlagzeilen zur Gewalt in Wien vor. Diese Überschriften lese niemand gerne, vor allem, „da die Täter immer jünger werden“. Es handle sich vorwiegend um Kinder, die aus „schwierigen Verhältnissen“ kämen und oft Migrationshintergrund hätten. Manche der Probleme müssten auf Bundesebene gelöst werden, andere jedoch im Bereich der Stadt, vor allem im Bildungsbereich, gelöst werden, so Zierfuß. Untersuchungen würden zeigen, „dass jeder dritte Schüler dem Regelunterricht nicht folgen kann, da die sprachlichen Voraussetzungen dafür fehlen“. Die Folge: Auch in Schulen würden die Gewaltzahlen „rasant“ steigen. „Wir müssen endlich beginnen, diese Abwärtsspirale zu beenden“, verlangte Zierfuß. Im Gegensatz zu Wien habe zum Beispiel die deutsche Stadt Hamburg bereits vor 15 Jahren einen Aktionsplan erstellt, der zeige, dass klare Maßnahmen und eine flächendeckende Umsetzung zu sinkenden Zahlen führen. „So einen Plan wollen wir auch für Wien“, forderte Zierfuß. Maßnahmen wie die transparente Veröffentlichung der entsprechenden Zahlen, flächendeckende Gewaltprävention an allen Wiener Schulen, neue Formen der Vernetzung aller Behörden, Prävention bereits in Kindergärten, konsequente Umsetzung der Schulpflicht, Schulsozialarbeit an allen Schulstandorten und entsprechende Fortbildungsmaßnahmen für das Lehrpersonal seien in Wien zur Lösung der Probleme notwendig.
StR Dominik Nepp, MA (FPÖ) kritisierte die Wiener ÖVP: „Sie verlangen immer – auch im Titel der heutigen Debatte –, dass man hinschaut. Wichtiger wäre statt hinschauen, dass endlich gehandelt wird“, sagte Nepp. Die Polizeikräfte in Wien seien besonders gefordert, vor allem in Favoriten, „weil es dort tagtäglich Messerstechereien und Vergewaltigungen gibt“. Diese Situation sei auch ein Versagen der Wiener ÖVP. Das „Kaputtsparen“ der ÖVP im Sicherheitssystem habe dazu geführt, dass es in einer Stadt wie Linz – ähnlich groß wie Favoriten – doppelt soviele Polizeikräfte gebe wie in Wien.
GRin Mag. Dolores Bakos, BA (NEOS) meinte, dass die „furchtbaren“ Vorfälle der vergangenen Wochen und Tage, einen ehrlichen und seriösen Umgang verlangen würde. Um die Probleme zu bewältigen, seien vor allem Präventionsarbeit und Jugendarbeit in Wien wichtig, sagte Bakos. Jeder Cent, der dort investiert werde, sei ein gut investierter Cent, der sich zig-fach rechne. Es könne aber gar nicht gemessen werden, wie immateriell wertvoll Jugendarbeit sei. Denn dort werde „aufgefangen“, bevor eine Straftat passiere. Die FPÖ würde alle diesbezüglichen Anträge im Gemeinderat stets ablehnen, sich dann aber hinstellen und vehement Kritik äußern. Bakos appellierte an alle Parteien in Wien und im Bund, dass gemeinsam Maßnahmen wie Ausbau der Täterarbeit, Gewaltschutz an Wiener Schulen oder Demokratiebildung gesetzt würden.
GRin Mag. Berivan Aslan (GRÜNE) sagte, dem Thema Jugendkriminalität müsse auf vielen Ebenen begegnet werden, denn auch die Ursachen dafür seien komplex. Die straffälligen Jugendlichen hätten gemeinsam, dass sie im Alltag keine oder wenig Wertschätzung erführen. Jugendkriminalität sei für sie keine Frage der Herkunft, sondern der Sozialisation und der „Männlichkeit“. Werde dieses Thema den rechten Parteien überlassen, dann werde nur über die Probleme, aber nicht über die Lösungen gesprochen, meinte Aslan. „Wenn wir keine Jugendbanden wollen, müssen wir eine sachliche und lösungsorientierte Debatte führen und wegkommen von der Hetze“, verlangte Aslan. In der Menschheitsgeschichte habe Hetze nur zu mehr Problemen geführt, die Diskussion dürfe daher nicht den „Hetzern“ überlassen werden, schloss Aslan.
GR Christian Hursky (SPÖ) meinte, die Situation in Favoriten sei natürlich im Wesentlichen nicht schönzureden, aber ähnliche Probleme gebe es auch anderswo in Österreich, da habe Favoriten oder Wien kein Alleinstellungsmerkmal. Der Bezirk habe die Problematik erkannt und das Budget für die Jugendarbeit um 800.000 auf insgesamt 2,6 Millionen Euro aufgestockt. Auch die Maßnahmen des Innenministers begrüßte Hursky ausdrücklich. Mit dem neuen Recruiting-Center am Schottenring und anderen Maßnahmen seien die Zahlen zur Aufnahme von neuen Polizist*innen vervierfacht worden. Doch die Polizeiarbeit allein sei nicht die Lösung der Problematik, der Ursprung würde oft in den Familien liegen. „Hier und im Schulbereich müssen wir ansetzten, damit wir jungen Menschen Aussichten für die Zukunft bieten“, so Hursky. Wichtig sei es, dass Jugendlichen Perspektiven gezeigt werden. Gemeinsam mit allen Verantwortlichen und Zuständigen werde es gelingen, diese Situation zu verbessern, schloss Hursky. (Forts.) nic
OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS. www.ots.at
(C) Copyright APA-OTS Originaltext-Service GmbH und der jeweilige Aussender. Stadt Wien - Kommunikation und Medien (KOM)