Nationalrat beschließt Finanzausgleich 2024 mit 3,4 Mrd. € jährlich für Länder und Gemeinden
Wie bereits im Finanzausschuss, ging auch im Plenum des Nationalrats dem Mehrheitsbeschluss über den Finanzausgleich eine lebhafte Debatte voraus. Der neue Finanzausgleich bringt Ländern und Gemeinden jährlich rund 3,4 Mrd. €. Damit sollen Mittel für Gesundheit und Pflege und die Bewältigung weiterer Zukunftsthemen zur Verfügung stehen. Ein mit 1,1 Mrd. € dotierter Zukunftsfonds vergibt Mittel zweckgewidmet, etwa für den Ausbau der Kinderbetreuung. Während FPÖ und NEOS den neuen Finanzausgleich grundsätzlich ablehnten, sprachen sich ÖVP, Grüne und SPÖ für ihn aus. Die Sozialdemokrat:innen beklagten allerdings eine Benachteiligung der Gemeinden durch die neuen Regelungen und forderten ein zusätzliches Gemeindepaket.
Einstimmig angenommen wurde eine verfassungsrechtliche Absicherung der gebietskörperschaftenübergreifenden Datenverarbeitung für die Transparenzdatenbank. Zudem wurde eine Bund-Länder-Vereinbarung zur Transparenzdatenbank mehrheitlich, ohne die Stimmen der NEOS, beschlossen.
Finanzausgleich: Zukunftsfonds für Elementarpädagogik, Sanierung und Klimaschutz eingerichtet
Mit dem Finanzausgleichsgesetz 2024 wird der neue Finanzausgleich umgesetzt, der den Ländern und Gemeinden jährlich rund 3,4 Mrd. € sichert. Im Gesetz sind die wesentlichen Bestimmungen über die Kostentragung, die Verteilung der Besteuerungsrechte und der Abgabenerträge sowie von Transfers zwischen dem Bund einerseits und den Ländern und Gemeinden andererseits für die kommende Finanzausgleichsperiode bis zum Jahr 2028 geregelt. Neu eingerichtet werden soll ein Zukunftsfonds, mit dem Länder und Gemeinden in den Bereichen Elementarpädagogik, Wohnen und Sanieren sowie Umwelt und Klima durch finanzielle Mittel des Bundes unterstützt werden. Dabei soll die Zahl der Betreuungsplätze und die Betreuungsquoten der unter Dreijährigen erhöht, leistbarer Wohnraum geschaffen bzw. durch Sanierungen erhalten und der Anteil erneuerbarer Energien erhöht werden. Für 2024 sind 1,1 Mrd. € für den Zukunftsfonds vorgesehen, ab 2025 wird er valorisiert. Vereinbart wurde, dass 2024 davon 500 Mio. € für Elementarpädagogik, 300 Mio. € für Wohnen und Sanieren sowie weitere 300 Mio. € für Umwelt und Klima vorgesehen sind. Zusammen mit dem Finanzausgleichsgesetz erfolgte auch eine Änderung des Förderungsbegriffs im Transparenzdatenbankgesetz. Damit soll es möglich werden, zu ermitteln, welche Geldzuwendungen aus öffentlichen Mitteln bei Letztempfängern als Förderung ankommen. ÖVP und Grüne brachten dazu im Zuge der Sitzung noch einen Abänderungsantrag ein, der weitere Klarstellungen vornimmt, welche Zahlungen des Bundes als meldepflichtige Förderungen gelten. Die verschiedenen Änderungen wurden im Zuge einer getrennten Abstimmung mit wechselnden Mehrheiten angenommen.
Damit alle Gebietskörperschaften Daten in die Transparenzdatenbank übermitteln und diese vom Finanzministerium in der Transparenzdatenbank verarbeitet werden dürfen, ist erforderlich, die Ermächtigung von Bund, Ländern, Gemeinden und Gemeindeverbänden zur Datenmeldung und Datenverarbeitung in den Verfassungsrang zu heben. Eine entsprechende Änderung des Transparenzdatenbankgesetzes wurde gemeinsam mit dem Finanzausgleich in Nationalrat behandelt. Außerdem haben sich Bund und Länder im Rahmen einer Vereinbarung gemäß Artikel 15a des Bundesverfassungsgesetzes auf die Etablierung einer gebietskörperschaftenübergreifenden Transparenzdatenbank geeinigt.
FPÖ: Zukunftsfonds degradiert die Gemeinden zu Bittstellern
Maximilian Linder (FPÖ) meinte, es gebe aus Sicht der Gemeinden keinen Grund, den Finanzausgleich zu feiern. Die Tatsache, dass die Verteilung der Mittel des Zukunftsfonds an die jeweiligen Richtlinien der Länder geknüpft werde, degradiere die Gemeinden zu Bittstellern. Zwar würden die Gemeinden zur Erfüllung verschiedenster Aufgaben verpflichtet, erhielten aber keine dauerhafte Basisfinanzierung. Als Beispiele nannte Linder die Finanzierung der Community Nurses, die Sicherung der Bargeldversorgung durch die Gemeinden und den Siedlungswasserbau. Er verstehe nicht, wie dieser Finanzausgleich die Zustimmung des Gemeinde- und des Städtebundes erhalten konnte. Die Bundesregierung spare auch nicht, sondern belaste die Haushalte immer weiter. Linder forderte in einem Entschließungsantrag, der keine Mehrheit fand, die Revidierung der ORF-Haushaltsabgabe und die Abschaffung der CO2-Steuer. In einem weiteren Entschließungsantrag wollte er die Bundesregierung auffordern, die Aufstockung des EU-Finanzrahmens um Mittel für die Ukraine und die Aufnahme von Beitrittsgesprächen mit der Ukraine abzulehnen und für eine Beendigung der Sanktionen gegen Russland einzutreten. Dieser Antrag wurde von Zweiter Nationalratspräsidentin Doris Bures mit der Begründung, dass er in keinem inhaltlichen Zusammenhang mit dem behandelten Tagesordnungspunkt stehe, nicht zugelassen.
NEOS kritisieren intransparente Mittelverteilung
Gerald Loacker (NEOS) nannte den Finanzausgleich "ein intransparentes Netz von Transfers von Bundesmitteln", das sich über Jahre entwickelt habe. Die NEOS hätten sich allerdings gewünscht, dass die Vergabe der Mittel enger an die Erfüllung der vorgesehenen Ziele geknüpft würde, und bei Nichterreichung auch Sanktionen greifen würden. Noch besser wäre es, wenn Länder und Gemeinden eine Steuerautonomie erhalten würden und somit die Mittel für die Erfüllung ihrer Aufgaben selbst einheben könnten. Vor allem die Stellung der Gemeinden könnte so gestärkt werden, argumentierte Loacker. Auch die Transparenzdatenbank erfülle ihren Zweck noch immer nicht. In einem Entschließungsantrag forderte Loacker mehr Aufgabenorientierung im Finanzausgleich und Steuerautonomie der Gemeinden ein.
SPÖ sieht finanzielle Schieflage vieler Gemeinden und fordert Gemeindepaket
Maximilian Lercher (SPÖ) hielt Abgeordnetem Loacker entgegen, Steuerautonomie werde von den Gemeinden selbst nicht gewünscht, da sie die Finanzierung eher noch verkomplizieren würde. Was den Finanzausgleich betreffe, löse er die Probleme der Gemeinden nicht. Sie seien unter starkem finanziellem Druck und es werde bald ein neues Gemeindepaket notwendig sein. Die Städte und Gemeinden seien faktisch mit sinkende Ertragsanteilen konfrontiert und immer mehr Kommunen würden zu "Abgangsgemeinden", könnten also kein ausgeglichenes Budget mehr erzielen. Die Gemeinden müssten dann vor allem bei ihren Vereinen sparen, die für den Zusammenhalt so wichtig seien. Der Bund und die Länder würden zwar sehr schnell Aufgaben an die Gemeinden übertragen, aber seien zögerlich, wenn es darum gehe, diese zu finanzieren.
Auch Alois Stöger (SPÖ) sah die Gemeinden als die Leidtragenden des neuen Finanzausgleichs. Sie würden zu Bittstellern gemacht und keine ausreichenden Mittel für die Erfüllung ihrer vielfältigen Aufgaben erhalten. Andreas Kollross (SPÖ) sprach von einer "Mogelpackung" für Städte und Gemeinden. Er verstehe vor allem die Haltung der ÖVP-Abgeordneten nicht, die eine Zunahme der Zahl der Gemeinden, die kein ausgeglichenes Budget erstellen könnten, widerspruchslos hinnehmen würden. Der Zukunftsfonds löse das Problem nicht, da absehbar sei, dass das Geld bei den Gemeinden nicht ankommen werde. Die SPÖ stimme dem Finanzausgleich zwar zu, da er "besser als nichts" sei. Ein weiteres Gemeindepaket werde aber unumgänglich sein, sagte Kollross.
ÖVP: Finanzierung der Gemeinden ist weiterhin gesichert
August Wöginger (ÖVP) widersprach der Kritik von FPÖ und SPÖ und meinte, der Finanzausgleich, der erreicht wurde, könne sich sehen lassen. Die Bundesregierung unterstütze die Gemeinden nachdrücklich, da ihr bewusst sei, dass die Gemeinden mit hohen Belastungen konfrontiert seien, unter anderem im Gesundheits- und Pflegebereich. So werde der Pflegefonds deutlich aufgestockt. Auch sei dafür gesorgt worden, dass den Gemeinden keine zusätzlichen Kosten für die Community Nurses entstehen, hielt er Abgeordnetem Linder entgegen. Mit dem Zukunftsfonds schaffe man ein völlig neues Instrument, das einen massiven Schub für den Ausbau der Kinderbetreuungsplätze bringen werde. Auch die Mittel für Sanierungen und den Wohnbau seien deutlich aufgestockt worden, um der Flächenversiegelung entgegenzutreten. Der Heizkesseltausch werde kräftig gefördert, was der Umwelt zugutekomme. Angela Baumgartner (ÖVP) zeigte sich erfreut darüber, dass mit dem Finanzausgleich das Angebot in der Gesundheitsversorgung, vor allem im niedergelassenen Bereich ausgebaut werde. Was die Finanzierung der Gemeinden betreffe, so sei sie überzeugt, dass der Finanzminister diese nicht im Stich lassen werde. Auch ÖVP-Abgeordneter Christoph Stark betonte, der Bund habe die Gemeinden bisher nicht im Stich gelassen und werde das auch weiterhin nicht tun. Dafür werde der Finanzminister Sorge tragen.
Manfred Hofinger (ÖVP) zeigte sich überzeugt, dass mit dem Finanzausgleich ein großes Reformprojekt in den Bereichen Gesundheit, Pflege und Kinderbetreuung umgesetzt werden kann. Die Gemeinden würden einen Vorschuss auf künftige Ertragsanteile erhalten, damit sie ihre steigenden Kosten abdecken könnten. Klaus Lindinger (ÖVP) lobte ebenfalls die klare Unterstützung der Gemeinden durch die Bundesregierung. Zweifellos würden sie vor großen Aufgaben stehen, sie seien aber eindeutig keine Bittsteller.
Grüne: Finanzmittel werden künftig effektiver eingesetzt
Elisabeth Götze (Grüne) meinte, nach dem Bundesbudget sei mit dem Finanzausgleich ein weiteres Mal ein zukunftsweisender Schritt gesetzt worden. Der Zukunftsfonds bringe nicht nur zusätzliche Mittel in die Gemeinden, er stoße auch strukturelle Reformen an, da erstmals die Vergabe der Gelder mit der Erreichung bestimmter Ziele verknüpft werde. Die für den Ausbau der Elementarpädagogik verfügbaren Mittel seien genau festgelegt worden. So werde beurteilbar, was am Ende als Ergebnis der eingesetzten Gelder vorliegen. Auch eine wichtige Forderung des Rechnungshofs zur Transparenzdatenbank werde umgesetzt, da künftig alle Förderungen dort eingetragen werden müssen. Auch das werde eine effektivere Verwendung der Mittel bewirken.
Brunner: Finanzausgleich leitet einen Paradigmenwechsel ein
Der Finanzausgleich ziele auf eine gerechte Verteilung der vom Bund eingehobenen Steuermittel an Länder, Städte und Gemeinden ab, sagte Finanzminister Magnus Brunner. Angesichts der Komplexität der Aufgabe sei es wenig verwunderlich, dass die Beteiligten lange und intensiv verhandelt hätten. Insgesamt liege nun ein gutes Ergebnis vor, betonte der Finanzminister. Im Fokus der Verhandlungen seien im Unterschied zu früheren Jahren diesmal die Ziele, die mit den eingesetzten Mitteln erreicht werden sollen, gestanden. Damit sei ein deutlicher Paradigmenwechsel gelungen, zeigte sich der Finanzminister überzeugt. Der Hintergrund sei, dass Österreich sich für den zu erwartenden demographischen Wandel rüsten müsse. Aus diesem Grund gebe es klare Schwerpunktsetzungen in den Bereichen Gesundheit, Pflege und Kinderbetreuung. Da die Verfassung keine Sanktionen für die Nichterfüllung von Zielen vorsehe, habe man den Weg der Anreize gewählt. Sobald bestimmte Ziele erreicht seien, könnten die Gemeinde ihre Gelder für andere Zwecke verwenden. Zudem würden strukturschwache Gemeinden stärker gefördert. Ein wichtiger Punkt in den Verhandlungen sei auch die Frage der Transparenz gewesen. Nun werde die Transparenzdatenbank ausgebaut, in die auch die Länder verpflichtend einmelden müssten. Künftig müsse vor Gewährung einer neuen Förderung eine Abfrage erfolgen. Damit könne man eventuelle Doppelförderungen leichter aufspüren, führte der Finanzminister aus. (Fortsetzung Nationalrat) sox
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