TIROLER TAGESZEITUNG, Leitartikel: "Italienische Verhältnisse", von Peter Nindler, Ausgabe vom Sonntag, 3. Dezember 2023 | Brandaktuell - Nachrichten aus allen Bereichen

TIROLER TAGESZEITUNG, Leitartikel: „Italienische Verhältnisse“, von Peter Nindler, Ausgabe vom Sonntag, 3. Dezember 2023

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Die dritte und letzte Amtszeit von Arno Kompatscher dürfte die schwierigste werden. Für ihn und für Südtirol.

   Südtirols Landeshauptmann Arno Kompatscher (SVP) hat sich mehr als einen Monat Zeit gelassen, schließlich steht ihm die schwierigste Regierungsbildung in der Geschichte Südtirols bevor.  Obwohl die Südtiroler Volkspartei schon zuletzt eine Mitte-rechts-Koalition mit der Lega angeführt hat, ist eine Regierung mit den postfaschistischen Fratelli von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, der rechten Lega sowie La Civica für den liberalen Politiker Kompatscher eine Gratwanderung. Auch volkstumspolitisch. Trotz Melonis positiver Autonomiesignale wollte die italienische Rechte Südtirols Autonomie stets mit einer „Italianisierung“ beschneiden.
   Wie bereits 2019 wird Kompatscher deshalb zentrale Fragen in einem Wertekatalog außer Streit stellen: Dazu gehören für ihn Toleranz, Offenheit, eine Absage an jegliche Form von Ausgrenzung und Diskriminierung sowie ein klares Bekenntnis zu Europa. Trotzdem dürfte das Regieren in einer Fünferkoalition nicht einfach werden, denn erstmals muss sich die SVP auch mit einem deutschsprachigen Partner koordinieren. Was mit den Freiheitlichen wohl am leichtesten geht: Sie drängten vehement in die Regierung und sind am „billigsten“ zu haben. Allerdings werden Kompatscher und Co. von Anfang an mit einer erstarkten volkstumspolitischen Protest-Opposition konfrontiert sein. 
Interne Konflikte, offene Personalfragen und der Absturz auf 34,5 Prozent bei der Landtagswahl nagen außerdem am Selbstverständnis der SVP. Die Sammelpartei, die alle Interessengruppen politisch abbilden will, ist Geschichte und nicht mehr der Kitt der deutschsprachigen Minderheit. Von Instabilität geht die größte Gefahr für Südtirol aus. Nicht nur für die Autonomie, sondern auch für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit in der Euregio.

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