45. Wiener Gemeinderat (6)
GRin Margarete Kriz-Zwittkovits (ÖVP) sagte, für sie sei das Budget der „wesentliche Rahmen“, der natürlich auch Spielräume enthalte. Solche Spielräume wünschte sie sich für drei Bereiche, auf die sie besonders eingehen möchte: den Arbeitsmarkt, Reformen und Entlastungen und den Standort Wien. Am Arbeitsmarkt zeichne sich Wien durch ein höheres Beschäftigungswachstum als Restösterreich aus, andererseits sei aber auch die Arbeitslosenquote höher. Als wesentlichen Faktor sah Kriz-Zwittkovits hier das System der Wiener Mindestsicherung, die zu wenig Anreiz biete, arbeiten zu gehen. Sie forderte weitere Investitionen in die Qualifizierung und „Matching-Programme“ gegen Fachkräftemangel. Der Arbeitsmarkt sei außerdem durch einen sehr hohen Teilzeit-Anteil gekennzeichnet. Kriz-Zwittkovits wünschte sich mehr Wahlfreiheit für Familien und erwähnte hier Maßnahmen, die der Bund in diesem Bereich gesetzt habe, wie etwa die Förderung von Kinderbetreuung. Bei Reformen und Entlastungen kritisierte Kriz-Zwittkovits das Gebrauchsabgabengesetz. Dieses sei trotz Abschaffung einzelner Punkte, etwa der sogenannten „Luftssteuer“, in der Praxis „nicht einfacher geworden“. Kriz-Zwittkovits sah hier keinen Bürokratieabbau. Zur Standortpolitik sagte sie, es gebe seitens des Bunds sehr wohl eine Entlastung bei den Lohnnebenkosten. Auch die Abschaffung der Kalten Progression seitens des Bunds sei hier zu berücksichtigen. Im Bereich der Fachkräfte habe der Bund mit der Rückerstattung der Gebühren für Meisterprüfungen einen Akzent gesetzt. Kriz-Zwittkovits forderte außerdem die Abschaffung der Dienstgeberabgabe und die Unterstützung ausbildender Betriebe etwa mit der Rückerstattung der Kommunalsteuer.
GR Georg Niedermühlbichler (SPÖ) bedankte sich für eine „sehr sachliche“ Debatte. Für ihn sei wichtig zu sagen, dass das Budget zwar ein Defizit aufweise und Fremdmittel aufgenommen werden, diese allerdings nur in Investitionen fließen würden und nicht in den laufenden Betrieb. Er gab einem seiner Vorredner Margulies (GRÜNE) zum Thema Investitionen und Vermögen „wirtschaftspolitisch“ recht, sozialpolitisch seien diese Investitionen in Gesundheit, Infrastruktur oder Verkehr aber wichtig und notwendig. Die Stadtregierung sorge jetzt dafür, dass Wien „zukunftsfit“ bleibt. In den nächsten zwei Jahren werde Wien 7,2 Milliarden Euro investieren. Der Wirtschaftsstandort Wien werde so ein wichtiger Standort bleiben. 2024 sei laut Wirtschaftsforschung mit einem leichten Wirtschaftsaufschwung zu rechnen, es sei wichtig, dass Wien hier einen Beitrag leiste, dass dieser „Aufschwung kommen kann“.
GRin Mag. Dolores Bakos, BA (NEOS) sprach zu europapolitischen Themen, vor allem angesichts anstehender EU-Wahlen. Es gehe für sie darum, die Europäische Union demokratischer und transparenter zu machen. Viele Schwächen in der EU seien „hausgemacht“, analysierte Bakos, diese Schwächen würden Diktatoren wie Lukaschenko oder Putin nutzen. Die Europäische Union müsse in der Lage sein, selbst Außen- und Sicherheitspolitische Entscheidungen zu treffen, um als Verhandlungspartner ernst genommen zu werden. Die Erweiterung der Europäischen Union am Westbalkan sei ein weiterer wichtiger Schritt. Dort hätten Russland und China ein von der EU geschaffenes „politisches Vakuum“ gefüllt. Für Bakos sei es daher wichtig, dass dieser Länder näher an die EU rücken. Bakos berichtete in der Folge über eine Reise nach Tibet und dem „Leid der Tibeter*innen, das im Westen nach hinten geschoben“ worden sei. Bakos brachte zur Menschenrechtslage in Tibet einen Allparteien-Antrag ein.
GR Nikolaus Kunrath (GRÜNE) sah – ebenfalls angesichts der bevorstehenden EU-Wahlen – wenig Interesse an Europapolitik in Österreich und Wien. Kunrath kritisierte „eine ehemalige Europa-Partei“ für das Veto Österreichs zum Betritt Bulgariens und Rumäniens zum Schengen-Raum. Die multiplen Krisen der letzten Jahre, die Pandemie, die Klimakatastrophe, der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine, die Energiekrise und der Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober würden zeigen, dass sich Österreich nicht „in einer Festung“ einigeln könne. Die EU müsse zu mehr Zusammenarbeit weiterentwickelt werden, Kunrath forderte in diesem Zusammenhang die Abschaffung des Prinzips der Einstimmigkeit beim Thema Außenpolitik. Hoffnung schöpfte Kunrath aus den Entwicklungen in Polen, wo der Anti-EU-Kurs der PIS abgewählt worden sei. Auch die Fortsetzung der progressiven Regierung in Spanien sei ein Zeichen für ein gemeinsames Vorgehen in Europa. Für den Europa-Ausschuss im Wiener Gemeinderat wünschte sich Kunrath tiefer gehende Diskussionen, er kritisierte in diesem Zusammenhang die Stellungnahme zum Nature Restoration Law. Kunrath brachte zu diesem Themenkomplex einen Antrag ein.
GR Markus Grießler (ÖVP) richtete seinen Fokus auf den Bereich Tourismus. Dieser sei in Wien aus dem budgetären Leben „nicht wegzudenken“. Die Krisen der vergangenen Jahre hätten gezeigt, dass der Tourismus eine sehr resiliente Branche sei. Die Unternehmer*innen in Wien würden sich „nicht unterkriegen lassen“ und brächten Wien wieder in die Top-Rankings im Tourismus. Die Hotellerie habe sich weiterentwickelt sowie neu erfunden und die Gastronomie setze im Bereich Nachhaltigkeit neue Maßstäbe. Die Stadt Wien müssen ihren Beitrag mit Infrastruktur leisten. So müsse die neue Event-Arena und der Fernbusterminal rasch umgesetzt werden, forderte Grießler. Er wünschte sich ein „Umdenken“ in mancher Magistratsabteilung vor allem im Veranstaltungsbereich, „ein Ermöglichen statt eines Verhinderns“. Grießler forderte für Veranstaltungen eine zentrale Anlaufstelle nach Vorbild der Vienna Film Commission. In einem Antrag forderte Grießler außerdem die Umsetzung von Tourismuszonen in Wien.
GR Ing. Christian Meidlinger (SPÖ) sagte, die Wirtschaft floriere in Wien besser als in Restösterreich. Auch für 2024 werde Wien laut Prognosen besser dastehen. Der Voranschlag zeige ein „Zukunftsbudget“ in den Bereichen Bildung, Gesundheit, Soziales oder Kinder. Ein Großteil der Mittel gehe in klimarelevante Bereiche wie den öffentlichen Verkehr, aber auch in die Energiewende, konkret in die Geothermie. Wien habe einen neuen Beschäftigungsrekord und den größten Zuwachs in ganz Österreich. Seit 2018 seien in Wien 65.000 Arbeitsplätze erstanden. Die Arbeitslosigkeit sei ein Wermutstropfen, auch wenn es gelungen sei, die Arbeitslosigkeit leicht zu reduzieren – „da werden wir weiter daran arbeiten“, kündigte Meidlinger an. Tourismuszonen müsse die Tourismuswirtschaft im Rahmen der Sozialpartnerschaft ausverhandeln, auf Zuruf würden diese nicht umgesetzt werden. Weiterhin nachgefragt werde das „Erfolgsmodell“ Joboffensive 50 plus mit dem waff (Wiener Arbeitnehmer*innen Förderungsfonds). Als Reaktion auf die demographische Entwicklung habe die Stadt vor allem im Bereich Pflegeausbildung reagiert. Der waff nehme auch beim Thema Fachkräftesicherung eine besondere Rolle ein, etwa bei Ausbildungen im Bereich Klimaschutz, Daseinsvorsorge oder Digitalisierung. (Forts.) gaa
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