TIROLER TAGESZEITUNG „Leitartikel“ vom 20. November 2023 von Peter Nindler „Zu viele Fragen, zu wenige Antworten“
Die schwarz-rote Landesregierung hat sich in ein offensichtliches Entscheidungs-Vakuum hineinmanövriert. Zum Jahresende stottert der Regierungsmotor, gleichzeitig wird das Misstrauen der Opposition von Monat zu Monat größer.
Die Herausforderungen im Land sind groß, doch die schwarz-rote Landesregierung steuert mit mehr offenen Fragen als Antworten auf das Jahresende zu. Zu viele Baustellen haben sich in den vergangenen Monaten aufgetan, ein Gutteil davon sind geerbte Altlasten. Neue Probleme sind ebenfalls hinzugekommen wie die Schwimmbadmisere, bei der Schwarz-Rot unterzugehen droht. Zugleich hat sich knapp vierzehn Monate nach der Landtagswahl zwischen Regierung und den Oppositionsparteien FPÖ, Liste Fritz, Grüne sowie NEOS überwiegend Misstrauen ausgebreitet.
Mit dem Landesbudget kann sich die Landesregierung nicht ins kommende Jahr hinüberretten. Denn mit einer Netto-Neuverschuldung von 178 Millionen Euro und einem Schulden-Höchststand von 1,175 Milliarden Euro muss politisch eher leise getrapst werden. Was läuft also schief im aktuellen Regierungsmotor?
Die finanzielle Pleite der Marktgemeinde Matrei in Osttirol, der Konkurs der gemeindeverbandseigenen Dienstleistungsgesellschaft GemNova, die Auseinandersetzungen über die Zillertalbahn, bei der vorauseilend und ohne kritische Analyse ein Beschluss für einen Wasserstoffantrieb gefasst wurde, oder jetzt die Pausetaste für den 250 Millionen Euro teuren Neubau des MCI in Innsbruck haben die Landesregierung beinahe im Stakkato in die Defensive gebracht. Nicht zu vergessen die finanziellen Nachwehen der Nordischen Skiweltmeisterschaften 2019 in Seefeld. Trotz zugegebenermaßen schwieriger Voraussetzungen ist es Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP) und seinem Koalitionspartner LHStv. Georg Dornauer (SPÖ) bisher zu wenig überzeugend gelungen, politische Lösungskompetenz zu vermitteln. Nicht einmal bei einem so emotionalen Thema wie den Schwimmbädern.
Die Nachdenkpause für den MCI-Neubau löst die Aufgabe nicht, sondern zögert sie lediglich hinaus. Wie einen Bauchladen schiebt Rot-Schwarz auch das angespannte Verhältnis zum Landesenergieversorger Tiwag vor sich her. Arbeiterkammerpräsident Erwin Zangerl gibt hier – bereits auf die Kammerwahl Ende Jänner schielend – das Tempo vor. Denn es reicht bei Weitem nicht aus, wenn Mattle und Dornauer stets die Kommunikationsstrategie der Tiwag rügen, entscheidend ist, welcher Strompreis auf den Rechnungen der KundInnen steht.
Zu viel hat sich zuletzt politisch aufgestaut, die Landesregierung muss deshalb endlich in einen Entscheidungs-Modus kommen. Wie sie es bei der Kinderbetreuung gezeigt hat. Vom Gestalten ist Schwarz-Rot ohnehin noch meilenweit entfernt.
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