Budgetausschuss: Ministerin Zadić sieht Trendwende im Justizbereich und hebt neuerliche Erhöhung der Mittel um 15 % hervor
Erneut über ein kräftiges Plus in der Höhe von 15 % kann sich das Ressort von Justizministerin Alma Zadić freuen. Damit kann unter anderem die Aufstockung der Planstellen um 135 – darunter 30 für Richter:innen – finanziert werden. Als großen Erfolg wertete sie es, dass die Mittel für den sogenannten Verteidigerkostenersatz, der im Fall von Freisprüchen oder Verfahrenseinstellungen vorgesehen ist, von 2,4 Mio. € auf 70 Mio. € erhöht werden konnte. Erstmals seit 16 Jahren gebe es auch mehr Geld für Gerichtssachverständige, berichtete Zadić im Budgetausschuss, der heute seine Beratungen mit dem Kapitel Justiz fortsetzte.
Mehr Mittel für Personal, Verteidigerkostenersatz, Gerichtssachverständige und Gewaltschutz
Seit dem Voranschlag 2020 wurde das Budget für die Justiz sukzessive angehoben, um über ausreichend Ressourcen für die Rechtsprechung, den Strafvollzug sowie mit der Justiz verbundene Bereiche wie Opferhilfe, Erwachsenenschutzvereine, Bewährungshilfe oder Datenschutzbehörde zu verfügen. Auch im nächsten Jahr ist laut Bundesfinanzgesetz (2178 d.B.) eine Erhöhung um rund 311 Mio. €. auf insgesamt 2,4 Mrd. € zu verzeichnen. Damit können die eingeleiteten Initiativen fortgesetzt, Teuerungen und Bezugserhöhungen bedeckt und neue Planstellen finanziert werden. Im Konkreten werden die Planstellen um 135 auf 12.516 aufgestockt, wobei die zusätzlichen Posten auf die Bereiche Gerichte und Staatsanwaltschaften (+97), die Zentralstelle (+28) und den Strafvollzug (+10) entfallen.
Weitere 70 Mio. € sind zudem für den Verteidigerkostenersatz bei Freisprüchen oder Verfahrenseinstellungen reserviert. Erstmals seit 16 Jahren gibt es auch mehr Geld für Gerichtssachverständige, und zwar plus 26,5 Mio. €. Für die Digitalisierungsagenden sind zusätzlich 15,7 Mio. € budgetiert. Neben den zusätzlichen Auszahlungen für Personal (Gehaltserhöhungen, Planstellenbesetzungen und Personalaufstockungen) im Ausmaß von 100,3 Mio. € kommt es zu Steigerungen beim Erwachsenenschutz und der Opferhilfe (+5,3 Mio. €), beim Maßnahmenpaket zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Gewalt mit dem Fokus auf sexuelle Gewalt (+2,0 Mio. €) sowie beim Strafvollzug inklusive Maßnahmenvollzug (+37,5 Mio. €).
Bereits vorige Woche wurden im Rahmen der Verhandlungen über das Budgetbegleitgesetz 33 Mio. € für die Rehabilitierung und Entschädigung von Personen, die in der Zweiten Republik wegen einvernehmlicher gleichgeschlechtlicher Sexualkontakte strafrechtlich verfolgt bzw. verurteilt wurden, beschlossen. Für jedes aufgehobene Urteil ist demnach eine einmalige Entschädigungszahlung von 3.000 € vorgesehen. Dazu kommen 1.500 € für jedes angefangene Jahr Freiheitsentzug. Auch für eingeleitete – und später eingestellte – Ermittlungsverfahren sowie für besondere berufliche, wirtschaftliche oder gesundheitliche Nachteile wird es Pauschalentschädigungen geben.
Die Einzahlungen in der Höhe von 1,5 Mrd. € im Bundesvoranschlag werden insbesondere aus Kostenbeiträgen und Gebühren (vor allem Gerichts- und Grundbuchsgebühren) erzielt. Dabei kommt es zu einem deutlichen Rückgang bei den Einnahmen aus Grundbuchsgebühren infolge des sich abkühlenden Immobilienmarkts (-227 Mio. €).
Ab 2025 sind niedrigere Auszahlungsobergrenzen als 2024 geplant, ist dem mit in Verhandlung stehenden Bundesfinanzrahmen (2179 d.B.) zu entnehmen; dies könnte laut Parlamentarischem Budgetdienst zu einem Anpassungsbedarf führen.
Von den Arbeitsschwerpunkten bis hin zu den Personalproblemen im Justizsektor
Trotz steigender Budgets herrsche in einzelnen Bereichen noch immer Personalknappheit, meinte Selma Yildirim (SPÖ), die sich für die genaue Aufteilung der zusätzlich geschaffenen Stellen interessierte. Ihre Fraktionskollegin Muna Duzdar sprach einige aus ihrer Sicht bestehende Problemfelder an, wie etwa Schwierigkeiten bei der Terminvergabe für Amtstage oder beim Besuch von inhaftierten Personen durch ihre Rechtsvertreter:innen.
Während Michaela Steinacker (ÖVP) Fragen zur Justizbetreuungsagentur stellte, erkundigte sich Alexandra Tanda (ÖVP) nach den Mitteln für den Gewalt- und Opferschutz. Abgeordnete Gudrun Kugler (ÖVP) wollte mehr über die Einrichtung des Compliance Managements wissen.
Sämtliche Personen, die in der Zweiten Republik wegen einvernehmlicher homosexueller Handlungen strafrechtlich verfolgt bzw. verurteilt wurden, sollen nunmehr rehabilitiert und finanziell entschädigt werden, zeigte Agnes Sirkka-Prammer von den Grünen auf. Es sei sehr erfreulich, dass dafür nunmehr ein Budget zur Verfügung stehe. Georg Bürstmayr (Grüne) begrüßte die Einführung von Verfahrensmanager:innen, um die richterliche Arbeit zu entlasten.
FPÖ-Vertreter Harald Stefan interessierte sich für die genaue Umsetzung des Verteidigerkostenersatzes, während Christian Lausch (FPÖ) die Justizbetreuungsagentur sowie Personalprobleme bei der Justizwache thematisierte.
Nikolaus Scherak (NEOS) befasste sich mit der Ausstattung der Datenschutzbehörde, sein Fraktionskollege Johannes Margreiter wollte mehr über die Reformpläne bezüglich des Kindschaftsrechts und des Kindesunterhaltsrechts wissen.
Zadić weist auf die Schaffung von zusätzlichen 645 Planstellen seit Beginn der Legislaturperiode hin
Die erneute Aufstockung des Justizbudgets sei Beleg dafür, dass eine Trendwende eingeleitet werden konnte, zeigte sich Ministerin Alma Zadić überzeugt, von einem "stillen Tod der Justiz" könne keine Rede mehr sein. Seit Beginn der Legislaturperiode seien insgesamt 645 zusätzliche Planstellen geschaffen worden, allein 395 im Bereich der allgemeinen Verwaltung. Im Vergleich zu 2019 sei das Budget um 800 Mio. € erhöht worden. Auch im nächsten Jahr soll es unter anderem 30 zusätzliche Posten für Richter:innen und 20 für juristische Mitarbeiter:innen geben. Bei komplexen und aufwendigen Verfahren sollen die Richter:innen zudem auf zusätzliche 20 sogenannte Verfahrensmanager:innen, die eine neue Gruppe von Bediensteten darstellen, zurückgreifen können, erläuterte Zadić. Ausgeweitet und mit Planposten versehen werden auch die Medienkompetenzstellen, die es bisher nur in Wien gibt. Diese sollen auf die Oberlandesgerichte in Linz, Graz und Innsbruck ausgerollt werden.
Auf eine Frage von Abgeordneter Steinacker (ÖVP) merkte die Ressortchefin an, dass das Budget für die Justizbetreuungsagentur deutlich aufgestockt werde (78 Mio. €), was unter anderem in zusätzlichen 26 Stellen für soziale und psychologische Dienste und 15 für den Maßnahmenvollzug zum Ausdruck komme. Bezüglich der konkreten Umsetzung des Verteidigerkostenersatzes würden noch Gespräche mit der Rechtsanwaltskammer laufen.
Im Besonderen hob die Bundesministerin hervor, dass sich die Regierung auf ausreichende Mittel für die geplante Implementierung von Gewaltambulanzen einigen konnte. Sie halte es für sehr wichtig, dass es Orte gebe, wo Spuren von Gewaltverletzungen untersucht und "gerichtsfest" gemacht werden können. Die Kosten für den Pilotbetrieb würden sich auf rund 583.000 € belaufen. Zadić kündigte in diesem Zusammenhang an, dass das diesbezügliche Projekt, das eventuell auch mobile Teams umfassen soll, in den nächsten zwei Monaten präsentiert werde. Weiters machte sie auf die Umsetzung des Maßnahmenpakets zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Gewalt (+2 Mio. €), auf die Aufstockung der Mittel für Jugend- und Familiengerichtshilfe sowie die Anhebung der Stundensätze für die juristische Prozessbegleitung aufmerksam. Was die geplante Kinderschutzkampagne (500.000 €) anbelangt, so werde diese gemeinsam mit dem BKA konzipiert und Anfang nächsten Jahres präsentiert.
Zadić stimmte mit Abgeordneter Prammer (Grüne) darin überein, dass die Entschädigung all jener Personen, die in der Zweiten Republik wegen homosexueller Handlungen strafrechtlich verfolgt bzw. verurteilt wurden, ein großer Fortschritt sei. Sie habe sich bereits vor einigen Jahren für dieses Unrecht entschuldigt. Die Entschädigungen sehe sie als Verantwortungsübernahme durch den Staat und eine wichtige symbolische Geste. Auf weitere wichtige Vorhaben ihres Ressorts angesprochen, nannte Zadić die Reform des Kindschaftsrechts sowie das Strafvollzugspaket.
Attraktivierung der Berufsbilder im Bereich der Justiz im Fokus
In Bezug auf Fragen der Abgeordneten bekräftigte Zadić , dass ein wichtiger Fokus auf der Attraktivierung der verschiedenen Berufsbilder im Justizbereich liege. Derzeit seien etwa 157 Stellen bei der Justizwache nicht besetzt. Um mehr Interessent:innen zu gewinnen, habe man eine Reihe von Maßnahmen geplant bzw. eingeleitet, die von einer Recruiting-Kampagne, einer deutlichen Erhöhung der Entlohnung von Sozialarbeiter:innen bis hin zu einer Verbesserung der Arbeitsbedingungen (z.B. flexiblere Arbeitszeiten, Gesundheitsangebote) reichen. Ziel sei es auch, das eigene Profil zu schärfen und die Berufsmöglichkeiten auf verschiedenen Social-Media-Kanälen bekannter zu machen. Für die Kampagne seien insgesamt 1,5 Mio. € veranschlagt, teilte die Justizministerin mit. Neben der Einrichtung von speziellen Servicecentern soll auch die Präsenz bei den Berufsmessen und in den Schulen verstärkt werden.
Digitalisierungsoffensive Justiz 3.0 soll fortgesetzt werden
Viel Augenmerk wird in den Wirkungszielen des Justizressorts auf die Entwicklung einer vollelektronischen Verfahrensführung gelegt. Man sei in diesem Bereich schon einen großen Schritt weitergekommen, konstatierte Zadić, zumal die Strafverfahren sowie die erstinstanzlichen Zivilverfahren bereits komplett umgestellt worden seien. Bemerkenswert sei dabei, dass die Software von den Mitarbeiter:innen selbst entwickelt wurde. Die Ministerin rechnete damit, dass dieses Projekt Ende 2025 gänzlich abgeschlossen sein werde.
Zum Thema Compliance Management führte ein Vertreter des Ministeriums aus, dass es keine speziellen Vorfälle gegeben habe, aber man es für notwendig hielt, insgesamt 60 Beauftragte für diese Thematik zu ernennen. Zudem habe man das Hinweisgeberschutzsystem im Haus bereits umgesetzt.
Durch die Sanierung und Ausweitung der Justizanstalt Göllersdorf sollen zusätzliche 100 Plätze geschaffen werden, teilte Zadić Abgeordnetem Lausch (FPÖ) mit. (Fortsetzung Budgetausschuss) sue
HINWEISE: Der Budgetdienst des Parlaments bietet ökonomische Analysen zur Budgetpolitik und zu Vorlagen des Bundesministeriums für Finanzen.
Details zum Budget 2024, den Änderungen zu den Vorjahren sowie der Entwicklung des laufenden Budgetvollzugs bietet das interaktive Visualisierungstool des Budgetdiensts. Dort erhalten Sie einen raschen und transparenten Überblick über relevante Budgetdaten.
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