43. Wiener Gemeinderat (8)
Um 16 Uhr wurde die Tagesordnungsdebatte unterbrochen und der Bericht der Untersuchungskommission betreffend „Missstände bei der Wahrnehmung der Eigentümerrechte und der Ausübung der Anteilsverwaltung des Bürgermeisters und des Finanzstadtrates bei der Wien Energie GmbH bzw. der Wiener Stadtwerke GmbH, der Behebung von Liquiditätsengpässen des Unternehmens durch die einer politischen Verantwortlichkeit unterliegenden Organe sowie damit im Zusammenhang stehende Verfügungen im Rahmen der Notkompetenz durch den Wiener Bürgermeister“ vorgelegt.
GR Mag. Thomas Reindl (SPÖ) meldete sich in seiner Funktion als gewählter Berichterstatter der Untersuchungskommission zu Wort. Die Entstehungsgeschichte der Untersuchungskommission sei eng mit den Problemen der Krise auf dem internationalen Energiemarkt im Jahr 2022 verbunden. Dabei musste die Stadt im Sommer finanzielle Hilfe leisten, die bis Weihnachten von der Wien Energie zurückgezahlt worden sei. Die Stadt Wien habe mit der Kreditlinie die Versorgungssicherheit der Bevölkerung sichergestellt. Die Untersuchungskommission sei erstmals unter dem novellierten Gesetz abgelaufen; zum Vorsitz seien erstmals drei unabhängige Richter*innen gelost worden. Aufgabe der Kommission sei es festzustellen, ob Kontrollorgane versagt hätten und politische Verantwortung missbraucht worden sei. Die Stadt sei nicht Eigentümerin der Wien Energie und die Frage der Eigentümerverantwortung „mittelbar zu sehen“, da die Wiener Stadtwerke dazwischengeschaltet sind. Auch wenn es nicht Thema der Untersuchungskommission gewesen sei, so sei im Verlauf der Untersuchung „klar geworden, dass ein nationaler Schutzschirm, wie ihn viele andere europäische Länder“ gehabt haben, gefehlt habe. Als die Wien Energie Hilfe brauchte, habe Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) via Notkompetenz mit einer Kreditbereitstellung ausgeholfen. Letztere sei alternativlos gewesen. Aus heutiger Sicht wäre diese Notkompetenz zwar nicht nötig gewesen, doch das konnte man zum damaligen Zeitpunkt nicht wissen, sagte Reindl. Letztlich bekam die Wien Energie auch Hilfe vom Bund, die aber nie in Anspruch genommen wurde. Die Vorwürfe, das Unternehmen Wien Energie habe sich aufgrund von Spekulationen in die missliche Lage manövriert, seien falsch. Das konnte auch in der Untersuchungskommission eindeutig widerlegt werden. Die Causa Wien Energie sei „der erste ‚Finanzskandal‘, bei dem kein einziger Cent verloren gegangen ist.“ Es sei nicht ausgeschlossen, dass sich die Energiemärkte auch in Zukunft wieder unvorhersehbar verhalten; weswegen man für die Zukunft lernen müsse. In der Untersuchungskommission habe jeder Zeuge und jede Zeugin alle Fragen beantwortet. Reindl dankte den Vorsitzenden der Kommission, dass diese von ihrem Fragerecht „umfangreich“ Gebrauch gemacht hätten. Man sei im Wesentlichen auch zwischen den Faktionen „sehr gut miteinander ausgekommen“. Man wolle jetzt bestimmte gesetzlichen Rahmenbedingungen der Untersuchungskommission konkretisieren. Was die Notkompetenz angehe – so schlug Reindl vor – solle eine Arbeitsgruppe einzusetzen werden. Auch das Beteiligungsmanagement der Stadt im Zusammenspiel mit den Konzernholdingstöchtern gehöre evaluiert, ein Prozess den die Magistratsabteilung 5 (Finanzwesen) bereits angestoßen habe. Man wolle auch Kommunikationsabläufe evaluieren, um für einen etwaigen erneuten Krisenfall besser gewappnet zu sein.
GR Maximilian Krauss, MA (FPÖ) meinte eingangs, er wolle einiges was sein Vorredner gesagt habe „ins rechte Licht rücken.“ Es konnte kein Konsens über die Arbeit in der Untersuchungskommission gefunden werden. Die Regierungsparteien würden glauben, „sich selbst freisprechen zu können“. Der Bürgermeister, die Wien Energie und die Regierungsfraktionen hätten im Laufe der Untersuchung alles dafür getan, „eine allumfassende Untersuchung zu verhindern“. Ein unter Verschluss gehaltenes Gutachten habe die Aufklärung der Causa massiv eingeschränkt und wichtige Akten, Dokumente und Unterlagen seien nie geliefert geworden. Die jetzige Regelung sei daher „alles andere als positiv“ und die Untersuchungskommission komplett „zahnlos“. Krauss sprach sich dafür aus, die Rechte der Untersuchungskommission auszuweiten und zählte dazu einige Punkte auf, darunter auch die „verpflichtende Aktenvorlage“. Nur so könne man in Zukunft Untersuchungsgegenständen „nachhaltig auf den Grund gehen“. Krauss kritisierte das Vorgehen des Bürgermeisters im Umgang mit der Notkompetenz; die Stadt habe weder im Sinne der Transparenz noch im Sinne der Steuerzahlenden gehandelt. Das würden auch die Menschen in Wien nicht hinnehmen. Die Regierungsparteien hätten versucht, die Untersuchungskommission „bestmöglich zu behindern“. Man sei im Jahr 2022 früh genug informiert gewesen, um umsichtig und weitblickend handeln zu können. Nun wären die Wiener*innen mit den Konsequenzen, wie etwa der Teuerung konfrontiert. Dafür müssten SPÖ und NEOS nun die Verantwortung tragen.
GR Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara (NEOS) sagte, die Untersuchungskommission habe die Möglichkeit geboten, „wesentliche Sachverhalte aufzuklären, die im finanziellen Engpass der Wien Energie gipfelten“. Die Untersuchungskommission sei außerdem ein wichtiges Instrument, das nicht für parteipolitische Machtspiele missbraucht werden dürfe. Man habe aus der Krise gelernt und ein sechs Punkte umfassendes Reformpaket präsentiert. Die Abhängigkeit von den Gaslieferungen aus Russland sei weiterhin sehr problematisch. Man müsse auch festhalten, dass sich niemand der Aussage vor der Kommission entschlagen habe. Auf Basis dieser Aussagen könne festgehalten werden, dass den handelnden Personen kein Fehlverhalten vorgeworfen werden könne. Es sei „nicht alles perfekt“, man müsse „aus den Fehlern lernen“. In Wien werde umfassend geprüft, auch durch den Stadtrechnungshof und den Bundesrechnungshof. Es gebe keine Anhaltspunkte, die auf ein Fehlverhalten schließen lassen würden. Das zuvor angesprochene Reformpaket diene der Verbesserung der Transparenz. Auch die Notkompetenz, „die wichtig und richtig gewesen“ sei, müsse gesetzlich noch präzisiert werden. Dazu solle eine Arbeitsgruppe eingesetzt werden. Das Beteiligungsmanagement der Stadt Wien und die Krisenkommunikation der Wien Energie und der Wiener Stadtwerke müssten nachgebessert werden. Gara zeigte sich „verwundert, dass die FPÖ und die ÖVP zwar die Kommission gemeinsam eingebracht, aber keinen gemeinsamen Endbericht zusammengebracht haben“. Er dankte abschließend allen, die bei der Untersuchungskommission mitgearbeitet haben. (Forts.) wei
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