42. Wiener Gemeinderat (2)
GR Mag. (FH) Jörg Konrad (NEOS) bedankte sich wie seine Vorredner*innen für das „klare und einhellige Zeichen für Israel,“ das der Gemeinderat gesetzt hätte und verurteilte auch persönlich den Angriff der Hamas auf Zivilist*innen und Kinder. Zum Thema Kleingärten meinte Konrad: Die Neos hätten sich vor mehr als zehn Jahren gegründet, um Postenschacher und Bevorzugung im Schatten des politischen Proporzes mit Transparenz zu begegnen und mit dem Image der Politik als „Selbstbedienungsladen“ aufzuräumen. Selbst wenn strafrechtlich bei den Widmungen und Käufen in Breitenlee alles korrekt abgelaufen sei, schade es dem Ansehen der Politik immens, wenn auch nur der Anschein erweckt würde, dass sich Politiker*innen durch Insiderwissen bereichern könnten. Ohnedies würden wegen der jüngsten Skandale vor allem bei der ÖVP viele Menschen am Stammtisch annehmen, dass Skandale zur Politik einfach dazugehören würden, was wiederum die „extremen Ränder“ stärke. Konrad forderte besonders hohe moralische Maßstäbe bei Politiker*innen: Es reiche nicht, dass sich die SPÖ nach einem Schreckmoment selbst freispreche, so der NEOS-Mandatar. Die Compliance-Regeln in der Partei seien ein erster Schritt, meinte Konrad. In Richtung ÖVP meinte Konrad: „Wer Breitenlee sagt, muss auch Grafenwörth sagen.“ Er forderte, dass alle Parteien – also auch die ÖVP – „auf ihre Bezirkskaiser schauen und ihnen auf die Finger klopfen“ um das Vertrauen in die Politik wieder herzustellen.
GRin Mag. Heidemarie Sequenz (GRÜNE) zeigte ein Plakat einer Sonderausgabe des Brettspiels „DKT“ mit dem Konterfei des Donaustädter Bezirkschefs Ernst Nevirvy. Sie erinnerte an ihre erste Reaktion auf das Donaustadt-DKT mit dem Bezirkschef: „Er ist ein Showkaiser; er springt im Anzug in die Donau oder schaufelt eigenhändig den Lobautunnel – aber niemand konnte sich vorstellen, dass dieses DKT-Spiel Realität werden würde“, sagte Sequenz. Wenn es in den Medien um Breitenlee oder andere Kleingartenvereine gehe, würden viele schon zusammenzucken: „Wer ist da jetzt schon wieder verwickelt?“ SPÖ-Politiker*innen, die sich Grundstücke „zu Dumpingpreisen“ kauften, würden Öl auf das Feuer jener gießen, die am Stammtisch die Demokratie in Frage stellen, warnte Sequenz. Es brauche Konsequenzen, fordert Sequenz: Bürger*innen würden sich denken, „wir werden Big Time verarscht“, wenn Politiker*innen sich mit Insider-Beziehungen ein Haus am See mit U-Bahn-Anschluss sichern könnten. Es sei „einfach nur arg zu behaupten, dass der Bezirksvorsteher der einzige Interessent für das Grundstück in Breitenlee gewesen ist.“ Sequenz zitierte aus öffentlich abrufbaren Protokollen des Kleingartenvereins Breitenlee, wo laut der Grünen-Mandatarin unter anderem nachzulesen sei, dass die „guten Connections“ von SPÖ-Politiker*innen und Gemeinderät*innen mit Grundstücken in der Anlage bereits 2018 nützlich beim Herstellen des Anschlusses an die Wasserleitung gewesen seien. Auch hätten diese den Kontakt zum Bezirksvorsteher hergestellt. Auch gebe es laut Sequenz Hinweise in den Protokollen, dass den Kleingärtner*innen bekannt gewesen sei, dass in der Anlage zu groß gebaut worden sei und auch Parkplätze entgegen den Vorschriften nur am Papier bestanden hätten, man aber zuversichtlich gewesen sei, dass das mit einer Widmung gelöste werden könne. Sie warf den Besitzer*innen im Kleingarten vor, mit der angestrebten Umwidmung „eine ‚Gated Community‘ mit dem Parkplatz vor der Tür“ geschaffen zu haben. Auch in anderen Kleingarten-Vereinen in der Stadt würden Parzellen zusammengelegt und so groß wie nur möglich „betoniert und gebaut“, damit sich neben der „Mini-Villa auch noch der Pool ausgeht“, kritisierte Sequenz. Die Kleingärten würden zum Spekulationsfeld von Bauträger*innen und Investor*innen: „Und dieses DKT spielt die Stadt mit?“, fragte Sequenz.
GR Dipl.-Ing. Omar Al-Rawi (SPÖ) nutze seine Wortmeldung um den Terrorangriff der Hamas auf israelische Zivilisten und Kinder zu verurteilen. Er verurteilte ebenso Antisemitismus und anti-muslimischen Rassismus. Zum Thema Kleingärten meinte Al-Rawi, Widmungsverfahren seien die „transparentesten und öffentlichsten Verfahren die die Stadt hat“. Die Vorarbeiten für Umwidmungen würden vom Magistrat erledigt und das Ansinnen auf Umwidmung genau bewertet. Wenn die Umwidmung als „verfolgenswert“ beurteilt werde, erst dann würden Pläne gezeichnet und unter anderem die Gemeinderät*innen und der Bezirk informiert. Vor der Entscheidung des Gemeinderats würden Widmungen auch öffentlich aufgelegt. Umwidmungen würden nicht in einem stillen Kämmerchen von einer Person beschlossen sondern seien ein Prozess mit vielen Beteiligten, konterte Al-Rawi seien Vorredner*innen. Er verwies außerdem auf die eigens von der Stadt eingeführte Widmungskategorie „Gemeinnütziger Wohnbau“, der Spekulation mit Grundstücken hintanhalten würde. Auch verwies er auf die Auszeichnung der Stadt durch Transparency International bei Verfahren: Wien liege in der Bewertung von Transparenz „weit vor den anderen Gemeinden in Österreich“ mit „doppelt so vielen Punkten wie der Durchschnitt“. Widmungsverfahren würden nach klaren Regeln ablaufen, zu den unterstellten Interventionen meinte er: „Das gibt es bei uns einfach nicht. Das würde niemand akzeptieren.“
GR Maximilian Krauss, MA (FPÖ) kritisierte die Abwesenheit von Transparenzstadtrat und Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr bei der Sitzung. Sein Fernbleiben sei für Krauss „ein Verrat an den Wählern der NEOS“; die selbsternannte Transparenzpartei setze ihre Wahlversprechen nicht um. „Die Genossen in Wien widmen sich die Welt so wie sie ihnen gefällt“, kritisierte Krauss die medial bekannt gewordenen Umwidmungen bei Kleingärten. Auch der neue SPÖ-Bundesparteichef Babler trage die „Selbstfreisprechung“ der Wiener SPÖ mit und greife nicht wie angekündigt in den eigenen Reihen gegen Korruption durch, meinte Krauss. Die SPÖ würde das Konzept der Kleingräten „missbrauchen“; auch die Grünen hätten in den zehn Jahren in der Stadtregierung „mitgemacht oder weggeschaut“ wenn Kleingärten umgewidmet worden seien.
GRin Dipl.-Ing. Selma Arapovic (NEOS) meinte, Umwidmungen seien „lange und komplexe Vorgänge“, diese forderten „langwierige Planung und profunde Grundlagenforschungen“ um die aktuelle Bebauung herauszuheben und Probleme und Potentiale von Flächen zu analysieren sowie aus diesen Erkenntnissen klare Ziele für zukünftige Planungen zu formulieren, die auch begründet werden könnten, erklärte Arapovic. Diese Abwägungen führten zu einem ersten Entwurf, anschließend könnten bei der öffentlichen Auflage der Pläne der betroffene Bezirk, Interessensvertrter*innen und Bürger*innen ihre Anliegen einbringen. Schließlich komme es zu einer Abstimmung im Gemeinderat. Widmungen seien schlussendlich politische Entscheidungen, die müssten im Interesse der Bevölkerung passieren – wenn der Anschein erweckt werde, einzelne Personen würden profitieren, dann schade das dem Ansehen der Politik, warnte Arapovic. Daher sei Transparenz bei politischen Prozessen wichtig. Mit der neuen Bauordnungsnovelle werde auch die Transparenz bei städtebaulichen Verträgen verbessert, das hätten die Grünen in zehn Jahren in der Stadtsregierung nicht geschafft, kritisierte Arapovic ihre Vorredner*innen von den Grünen. Sie erinnerte an den Verkaufsstopp von städtischen Kleingärten, den die NEOS durchgesetzt hätten. Die Causa Kleingarten müsse voll aufgeklärt werden, deshalb begrüßte Arapovic die eingeleiteten Ermittlungen der Korruptionsstaatsanwaltschaft und die neuen Compliance-Regeln bei der SPÖ. Selbst wenn alles rechtlich korrekt abgelaufen sei, müsse von Politiker*innen ein strengerer moralischer Maßstab angesetzt werden und gegebenenfalls Konsequenzen gezogen werden, forderte Arapovic: „Wenn der Anschein erweckt wird, dass ich mich bereichert habe, kann ich dann noch meine politische Funktion ausüben?“
GRin Dipl.-Ing. Huem Otero Garcia (GRÜNE) nannte ein Bauprojekt in einem Kleingarten in Hernals als Beispiel dafür, „was sich Menschen im Kleingarten mit den richtigen Connections alles erlauben können.“ Am Schafberg seien nicht nur Parzellen zusammengelegt worden, um größer bauen zu können und einen Pool am Grundstück anlegen zu können, sondern ein angrenzender Wald im Eigentum der Stadt Wien als Schutt-Ablage missbraucht worden, sagte Otero Garcia. Laut einem Gutachten sei so ein Teil des Waldes langfristig zerstört worden. Obwohl es eine Klage gegeben habe, herrsche derzeit eine Pattsituation: Der Wald könne nicht vom Schutt geräumt und wiederhergestellt werden, weil sonst der Hang zu rutschen drohe, der wiederum den Pool verschütten könnte, meinte Otero. „Welche Interessen wiegen höher? Die der Wiener*innen, die einen intakten Wald haben wollen oder die des Eigentümers, der seinen Pool weiter behalten will?“, frage Otero Garica. (Forts.) ato
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