37. Wiener Gemeinderat (4)
GRin Mag. Nicole Berger-Krotsch (SPÖ) betonte zu Beginn ihrer Rede, dass Bildung und Bildungsgerechtigkeit der Stadt Wien „seit jeher“ ein großes Anliegen gewesen seien. Summer City Camps und dem Sommerlernen zwei gute Angebote geschaffen zu haben. Bildung und Sprache seien die „Schlüssel zur Integration“. Im Juli und August werde es daher an ausgewählten Schulstandorten zweiwöchige Deutschkurse für Kinder geben – davon würden 8.000 Schülerinnen und Schüler in Gruppen von maximal 16 Personen profitieren. Bezogen auf die Deutschförderklassen kritisierte Berger-Krotsch, dass die betroffenen Kinder benachteiligt und in ihrer sozialen Bildung beeinträchtigt würden. So hätten 21 bis 55 Prozent der Kinder hätten die Lernziele nicht erreicht. Sie forderte von den Koalitionsparteien im Bund, sich hier stärker mit der Thematik zu befassen. In Wien seien die Deutschkurse hingegen auf das Alter der Schüler*innen angepasst und böten den Kindern niederschwellig die Möglichkeit, Unterstützung zu finden. Hierfür würden Eltern von der Bildungsdirektion und mobilen Teams vor Ort direkt über die Angebote informiert. „Unabhängig vom Geldbörsl der Eltern, soll jedes Kind mit Spaß am Lernen zur Chancengleichheit kommen“, so Berger-Krotsch abschließend.
GR Stefan Berger (FPÖ) zeigte sich „durchaus erstaunt“ über die Wortmeldungen seiner Vorredner*innen. Er sei der Meinung, man müsse mehr Augenmerk darauf zu legen, ob all die Fördermaßnahmen der Stadt Wien die Erfolge zeigten, die „jedes Jahr aufs Neue“ angekündigt werden. Sehe man sich an, wie viele Kinder am Ende des Schuljahres nicht richtig Deutsch könnten, sei „schwarz auf weiß“ zu sehen, dass der Erfolg der Stadt mäßig sei, kritisierte Berger. Es würden immer wieder „nur Phrasen“ in den Raum gestellt, ohne Beweise zu liefern. Die Chancenungleichheit in der Bildung sei in keiner Stadt so groß wie in Wien, sagte Berger, und machte dafür den hohen Migrationsanteil in manchen Bezirken verantwortlich. Die „Erzählung“ von den gleichen Chancen für alle Kinder sei daher „ein Märchen“. Es fehle hier an Transparenz, sagte Berger in Richtung Neos. Auch für die Volkshochschulen öffne die Stadt immer wieder die „Goldschatullen“, ohne die Reformvorschläge des Rechnungshofes zu berücksichtigen, kritisierte er weiter. Beim Thema „Deutschlernen“ sah Berger das Angebot als von jenen nicht ausreichend angenommen, die Bedarf hätten. Zur Kritik an den Deutschförderklassen stellte Berger die Deutschförderangebote in den Sommerferien entgegen. Wo die Regierungsparteien Diskriminierung sehen und wo nicht, sei für ihn nicht nachvollziehbar. Zuletzt äußerte Berger den Appell an die Koalition, die Deutschpflicht auf den Schulhöfen durchzusetzen.
GRin Mag. Dolores Bakos, BA (NEOS) unterstrich erneut, dass gute Bildungspolitik als die “beste Integrationspolitik” zu betrachtet werden müsse. Man habe sich als Regierungskoalition verpflichtet, Schülerinnen und Schüler so gut wie möglich zu unterstützen. Es sei klar, dass es etwa im Bereich der deutschen Sprache Probleme gebe. Aus diesem Grund habe man als Regierungskoalition die Sommerangebote geschaffen, um „schnelle und richtige“ Hilfe anzubieten. Deutschförderklassen seien dafür nicht geeignet, da es dort an Austausch und Integration mangle und Kinder dort zu lange blieben. In Richtung FPÖ und ÖVP kritisierte Bakos, mangelnde konstruktive Teilnahme an bildungspolitischen Themen und verwies gesondert auf die langjährige Verantwortung der Volkspartei im Integrationsressort. Würde die Volkspartei „einen Bruchteil der Energie“ für Bildungspolitik aufwenden wie für „Videos vom Brunnenmarkt und Funktionärsinterviews am Adler Markt“, dann wäre schon viel geschehen, so Bakos. Die Stadt Wien gehe bei diesem Thema nun einen „wichtigen und großen Schritt“.
GR Harald Zierfuß (ÖVP) zitierte in einer tatsächlichen Berichtigung seiner Vorrednerin die Statistik Austria, laut der 86 Prozent der betroffenen Kinder nach bereits einem Jahr nicht mehr in Deutschförderklassen seien.
GRin Dr. Jennifer Kickert (GRÜNE) erinnerte daran, dass im Jänner 2023 bereits eine Einmalzahlung zur Aufrechterhaltung des Betriebs notwendig gewesen sei. Hierbei sei es vereinbart worden, zu evaluieren und Reformüberlegungen „auch ausgabenseitig“ anzustellen. Sie zitierte eine Broschüre der VHS aus dem Jahr 2020 – auf Papier, das sie sonst „nur von Privatbanken“ kenne. Diese sei zur Zeit der Coronapandemie für das Jahr 2021 produziert worden, jedoch „vollkommen an mir vorbeigegangen“. Es seien auch Videos entstanden, in denen Kurse beworben worden seien. Kickert fragte sich, wieso in einer Zeit, in der „jährlich Miese geschrieben“ werde, die Volkshochschulen Imagekampagnen „für nicht unter 200.000 Euro“ schalteten. Zur gleichen Zeit habe man 41 Mitarbeiter*innen gekündigt, erinnerte Kickert und zitierte ironisch das Motto der Kampagne: „Mein Erfolgserlebnis“.
GR Markus Gstöttner, MSc (ÖVP) hielt fest, dass in Wien jedes Jahr 20.000 junge Menschen hinzukämen, die weder in Ausbildung oder Arbeit seien – mit allen damit zusammenhängenden negativen Auswirkungen auf ihr Leben. Diese Situation sei vor allem in einer Phase des Fachkräftemangels „politisch nicht erklärbar“ und müsse geändert werden. Die Menschen in dieser Situation hätten vielfältige Gründe dafür, es müsse jedoch klar sein, dass sie in den Arbeitsmarkt integriert werden müssten. „Irgendwo gehen trotz aller Angebote 20.000 Menschen jedes Jahr verloren“, und man müsse zumindest die Hälfte wieder auffangen, so Gstöttner und kündigte einen entsprechenden Antrag an.
GRin Mag. Nina Abrahamczik (SPÖ) verwies zur von GRin Kickert zitierten Broschüre der VHS darauf, dass die Pandemie „viele Pläne vieler Menschen“ durchkreuzt hätte und erinnerte auch daran, dass die Bundesregierung „oft die Pandemie für beendet erklärt habe“. Zum Motto „Mein Erfolgserlebnis“ merkte Abrahamczik an, dass in einer Zeit, in der die Umstände sich schnell änderten, Bildung ein positives Erlebnis sein müsse. Es gäbe einen Prozess zur Neuaufstellung der VHS, dieser sei auch extern begleitet und bereits in einer früheren Sitzung im Gemeinderat besprochen worden. Bezogen auf die Sommerbildungsangebote der Stadt erinnerte sie daran, dass in Österreich aufgrund der langen Sommerferien viele Eltern vor großen Herausforderungen stünden. Es mache sie stolz, dass Wien in diesem Bereich so viele Angebote habe. Zur in der Debatte geäußerten Kritik an der Kinderbetreuung entgegnete Abrahamczik, dass Wien eine durchgängige und qualitativ hochwertige Kinderbetreuung anbiete – im Gegensatz zu anderen Bundesländern. Sie wünschte sich daher „größere Vorsicht bei der Bewertung der Wiener Betreuungsangebote“. Auch sie verwies auf das „niederschwellige und breite“ Bildungsangebot in den Sommerferien in Volksschulen und den Wiener Bädern und bedankte sich bei den „vielen Menschen“, die an der Organisation beteiligt seien.
Die Fianzierung der Sommer-Sprachförderkurse und Sommer-Lernangebote wurden mit den Stimmen von SPÖ und NEOS mehrstimmig angenommen. Der Antrag ÖVP betreffend „Offensive gegen Beschäftigungslosigkeit bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen“ fand keine Mehrheit. Jener der FPÖ betreffend „Abschaffung Prüfungs- und Kursgebühren für Meister- und Befähigungsprüfungen“ mehrheitlich mit den Stimmen von SPÖ, NEOS und FPÖ angenommen. Der ÖVP-Antrag für „Verpflichtende Deutschkurse für außerordentliche Schülerinnen und Schüler in Wien“ wurde mehrheitlich abgelehnt. (Forts.) jaz
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