37. Wiener Gemeinderat (3)
GR Maximilian Krauss, MA (FPÖ) kritisierte – wie Stadtrat Nepp vor ihm – ebenfalls die SPÖ: Die Bürgermeisterpartei würde gar nichts tun, um das Leben der Menschen in Wien leistbarer zu machen. „Das ist politisch verwerflich.“ Er warnte außerdem vor Massenzuwanderung: In Wien herrsche hohe Arbeitslosigkeit; gleichzeitig würden die Arbeitsplätze in der Stadt nicht im selben Tempo wachsen wie die Zahlen bei der Zuwanderung. Man „locke mit Geldgeschenken nach Wien“ und „sackle gleichzeitig Arbeitende aus“, sagte Krauss in Richtung der Stadtregierung. Darunter leide auch das Bild Wiens im internationalen Vergleich. Krauss zitierte eine Studie aus Deutschland, wonach Wien nur noch auf Platz 42 bei der Attraktivität für Unternehmensansiedlungen sei. „Eine gefährliche Mischung, die Sie politisch zu verantworten haben“, sagte Krauss in Richtung der Stadtregierung.
GR Markus Ornig, MBA (NEOS) widmete sich in seiner Rede dem Thema Lehrlingsausbildung. „Lehrlinge sind die Fachkräfte der Zukunft“, sagte Ornig. Die duale Lehrlingsausbildung sei zwar international hoch angesehen, aber werde im urbanen Raum als wenig reizvoll angesehen. Der Anteil der Menschen, die sich für eine Lehre entscheiden, sei seit den 1980er Jahren kontinuierlich gesunken, führte der Neos-Abgeordnete aus. Für ihn gelte es, mehrere Mythen die Lehre betreffend auszuräumen. So seien laut Ornig beispielsweise mit einer Lehre durchaus höhere Gehälter als bei einem Studium zu erreichen. Außerdem sei die Lehre für fast ein Drittel der erste Schritt in die Selbstständigkeit. Klimawandel und Transformation am Arbeitsmarkt würde laut Ornig die Lehre bzw. die Ausbildung zu Fachkräften in Zukunft wieder viel attraktiver machen. Die Politik hätte deshalb die Aufgabe, die Umstiegsmöglichkeiten zu erweitern. Es gebe für Ornig noch „zu viele Hürden und zu wenige Angebote“. In Wien würden zwar schon einige Maßnahmen und Förderungen zur Attraktivierung der Lehre gesetzt, es gebe aber weiterhin Ausbaubedarf, so Ornig.
GRin Mag. Barbara Huemer (GRÜNE) bezeichnete sich selbst als „heillose Optimistin“. Als eine solche habe sie sich von der Aktuellen Stunde etwas mehr erwartet. Beispielsweise habe sie gehofft, dass es Lösungen zur Bekämpfung der Personalnot in der Stadt Wien gebe, sagte Huemer. In der Stadt herrsche eine große Fluktuation. Diese sei für Huemer den schlechten Arbeitsbedingungen in den Bereichen Gesundheit, Bildung oder bei den Wiener Linien geschuldet. Die Wiener Grünen hätten schon vor langer Zeit darauf hingewiesen, jedoch seien auch anstehende Pensionierungen offenbar „völlig verschlafen“ worden. Deshalb sah Huemer „die Daseinsvorsorge in Wien massiv gefährdet“. Huemer kritisierte, dass es bisher etwa keine Pilotprojekte zur Arbeitszeitverkürzung im Magistrat gegeben habe. Untypische Arbeitsverhältnisse und der unerfüllte Wunsch nach einer besseren Work-Life-Balance würden den Druck auf die Mitarbeiter*innen erhöhen und zu zahlreichen Abgängen führen. „Schaffen Sie moderne Arbeitsverhältnisse und sorgen Sie dafür, dass die Menschen gerne bei der Stadt beschäftigt sind“, appellierte Huemer abschließend.
Für GR Markus Grießler (ÖVP) werde der Arbeitskräftemangel die Politik noch stärker beschäftigen als es die Pandemie getan habe. Er forderte deshalb Lösungen für den Fachkräftemangel über ideologische Grenzen hinweg zu finden. Er hob den Bereich Tourismus in Wien hervor: Dieser sei wieder beinahe auf dem Vor-Corona-Niveau, trotzdem gebe es einen Mangel an qualifizierten Arbeitskräften. Derzeit würden zwar mehr Menschen eine Lehre in touristischen Betrieben beginnen; es sei langfristig gesehen aber wichtig, die richtigen Maßnahmen für die Zukunft zu setzen. Es habe einen Paradigmenwechsel am Arbeitsmarkt gegeben, meinte Grießler: Betriebe müssten schon „mehr bieten als einen Obstkorb“, sagte Grießler. Zu viele Teilzeitarbeitskräfte, die fehlende Vereinbarkeit von Beruf und Familie sind für den ÖVP-Abgeordneten Gründe für die fehlenden Arbeitskräfte. Mit speziellen Recruiting-Maßnahmen und Änderungen beim Thema Rot-Weiß-Rot-Card soll dem entgegengewirkt werden. Für Unternehmer sprach sich Grießler für eine Abschaffung der Kommunalsteuer und Dienstgeber-Abgabe ein. „Das wären die richtigen Schritte für Zukunft“, so Grießler.
Für GR Mag. Josef Taucher (SPÖ) würden im Gegensatz zu seinen Vorredner*innen die guten Zahlen am Arbeitsmarkt für sich sprechen. „Das sind Fakten, die da stehen“, sagte Taucher. Er zählte außerdem weitere Errungenschaften und Projekte auf, die für die Sozialdemokratie in Wien zentrales Thema seien. So würde etwa das Lehrlingszentrum der Wiener Linien ausgebaut, um künftig bis zu 500 Lehrlinge in Mangelberufen ausbilden zu können. Weiters werden Ausbildungen in Green Jobs finanziell gefördert, um für die Zukunft gerüstet zu sein. Taucher: „Das sind Leuchttürme der Arbeitsmarktpolitik.“ Der Abgeordnete replizierte auch auf seine Kolleg*innen im Gemeinderat und sparte dabei vor allem nicht mit Kritik an der FPÖ. Diese sei immer noch „traumatisiert von 2015“. Trotz Regierungsverantwortung danach habe sie die Chance verpasst, die beruflichen Qualifikationen der Zugewanderten zu erheben. Es sei „traurig“, dass die Verantwortung einfach so weggeworfen wurde, kritisierte Taucher. Für ihn sei die Sozialdemokratie „Schulter an Schulter mit den Menschen“ und habe im Gegensatz zu den Freiheitlichen ein Ohr für deren Sorgen und Probleme. Die FPÖ würde sich nur noch „Sorgen um eine andere Partei“ machen, das ist für Taucher kein Politikmachen für die Zukunft.
Hauptdebatte: Förderungen an Die Wiener Volkshochschulen GmbH und die Gemeinnützige Interface Wien GmbH
GR Maximilian Krauss, MA (FPÖ) zitierte einen Stadtrechnungshofbericht, der viele Missstände bei den VHS aufgedeckt habe. Hinterfragenswert sei für ihn besonders das „nicht mehr zeitgemäße Konstrukt“ der Eigentumsverhältnisse rund um die VHS, das auch die NEOS einst in der Opposition kritisiert hätten. Die Volkshochschulen würden jährlich mit mehr als 30 Millionen Euro an Steuergeldern subventioniert, diese würden aber offenbar für den Betrieb nicht reichen, wie eine erst kürzlich beschlossene Nachzahlung von 5 Mio. Euro zeigen würde, sagte Krauss. Die Personalkosten der VHS seien geradezu explodiert, führte der Gemeinderat fort. Außerdem sei die Programmgestaltung bzw. das Kursangebot nicht nachvollziehbar und würde angesichts mangelndem Interesse zu fast 40% Kursabsagen führen. Krauss vermisste außerdem ein versprochenes Sanierungskonzept, das nie umgesetzt wurde. Er forderte deshalb erneut ein Umdenken bei den Volkshochschulen.
GRin Mag. Bettina Emmerling, MSc (NEOS) nannte die Deutschkurse den „Schlüssel zur Integration“. Diese müssten daher massiv auf allen Ebenen angeboten werden und offensiv beworben werden. Denn nur „wer so früh wie möglich damit anfängt, dem gelingt früher die Integration in die Gesellschaft“, so Emmerling. Deshalb wurden auch in Kinndergärten die Sprachförderkräfte erhöht. Das Wiener Sommerlernen sei für Emmerling der nächste Schritt. Das Angebot stehe für Bildungsgerechtigkeit. Der Bedarf dafür sei in den letzten Jahren gestiegen. Außerdem seien die Sommerdeutschkurse ein anderer Ansatz, um schneller ins Regelschulsystem umzusteigen. Niederschwellige Angebote wie freiwillige Kurse in Freibädern seien ebenfalls sinnvoll. Einen Antrag der FPÖ, die Deutschkurse verpflichtend einzuführen, erteilte Emmerling eine Absage. „Dafür gibt es keine Handhabe“. Ihre Partei sei aber für Ideen, auch von der ÖVP, sehr offen.
GR Felix Stadler, BSc, MA (GRÜNE) sagte, seine Partei werde der Subventionierung der Sommerkurse zustimmen, wenn auch die Kosten relativ hoch seien. Den VHS-Sommerlernkursen werde die ÖVP nicht zustimmen, da das Geld anderswo besser verwendet werden könne, so Stadler. Die enormen Kostensteigerung gegnüber dem Vorjahr seien zu hinterfragen und seien „nicht nur mit Teuerung unnd Innflation zu erklären“. Es gebe bisher außerdem auch keine Evaluierung der Kurse, so Stadler.
GR Harald Zierfuß (ÖVP) zeigte sich überrascht vom Sinneswandel der NEOS, die jahrelang gegen Projekte wie die VHS-Sommerkurse gestimmt hätten. Viele Kinder in Kindergärten und Schulen hätten großen Bedarf an Deutschförderunng. Nur mit dem Sommer-Angebot werde das Problem nicht gelöst, so Zierfuß. Er sprach sich für die Deutschförderklassen aus und fände es „schade, dass die Stadt hier dagegenarbeite“. In Wien sei das Problem der Deutschförderung außerdem größer als in allen anderen Bundesländern. Zeirfuß sprach eine Einladung aus, überfraktionell zusammenzuarbeiten, um diese Herausforderung zu meistern. (Forts.) kri
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