SPÖ drängt in Dringlichem Antrag auf eine Abschaffung der Pensions-Aliquotierung | Brandaktuell - Nachrichten aus allen Bereichen

SPÖ drängt in Dringlichem Antrag auf eine Abschaffung der Pensions-Aliquotierung

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Die von der Regierung angekündigte Aussetzung der Aliquotierung der ersten Pensionsanpassung nach dem Pensionsantritt für zwei Jahre geht der SPÖ nicht weit genug. In der heutigen Nationalratssitzung forderte die Oppositionsfraktion die gänzliche Abschaffung der gestaffelten ersten Pensionsanpassung. Die Aliquotierung bleibe nach einer zweijährigen Aussetzung gesetzlich bestehen und würde für viele Pensionist:innen wieder schlagend werden. Es handle sich um Pensionsraub von zigtausenden von Euro und um reine Willkür der Bundesregierung, sagte SPÖ-Antragsteller Josef Muchitsch und kündigte eine Verfassungsklage an. Sozial- und Gesundheitsminister Johannes Rauch bestätigte das Vorhaben der Regierung, die Aliquotierung der ersten Pensionsanpassung für zwei Jahre auszusetzen. Grund dafür sei die hohe Inflation, die nicht nur bei den Pensionserhöhungen ein Problem darstelle. Der Dringliche Antrag der SPÖ blieb im Nationalrat in der Minderheit. Zustimmung signalisierte lediglich die FPÖ, die ebenfalls eine sofortige, dauerhafte und rückwirkende Abschaffung der Aliquotierung forderte.

Die ÖVP hingegen sah keinen Sinn in dem Dringlichen Antrag, da die Regierung bereits eine Lösung präsentiert habe. Auch die in Aussicht gestellte Verfassungsklage erachtete die ÖVP als unnötig, da bereits feststehe, dass die Aliquotierung ausgesetzt wird. Aus Sicht der Grünen ist die Aussetzung der Aliquotierung die logische Konsequenz aufgrund der Teuerung. Besonders profitieren von der Maßnahme Frauen, argumentierten die Grünen und lobten die damit geschaffene Rechtssicherheit für zumindest zwei Jahre. Die NEOS hingegen sprachen sich für Generationengerechtigkeit aus und forderten die Wiedereinführung der einjährigen Wartefrist auf die erste Pensionsanpassung.

SPÖ sieht Ungerechtigkeiten durch Aliquotierung

Konkret forderte die Oppositionsfraktion in ihrem heutigen Dringlichen Antrag eine Aufhebung der Aliquotierung der ersten Pensionsanpassung rückwirkend mit 1. Jänner 2022 und eine uneingeschränkte volle erste Anpassung. Außerdem sollte die Sonderregelung für das Jahr 2023 aus Sicht der Sozialdemokrat:innen aufgehoben werden und die betroffenen Pensionist:innen mit der Pensionsauszahlung im Juni 2023 die Nachzahlung zur vollen Pensionsanpassung erhalten.

Der seit der Einführung der Pensionsversicherung gültige Grundsatz, dass länger arbeiten eine höhere Pension bedeutet, sei durch die von ÖVP und Grünen vorgenommene Staffelung der ersten Pensionsanpassung durchbrochen worden, kritisierte Antragsteller Josef Muchitsch (SPÖ) im Dringlichen Antrag. Die Sozialdemokrat:innen stoßen sich an der Regelung, dass nur jene Personen im ersten Jahr nach dem Pensionsantritt die volle Erhöhung bekommen, die bereits mit Jänner den Ruhestand angetreten haben. Je später man im Jahr in Pension geht, desto niedriger fällt die Pensionserhöhung im nächsten Jahr aus.

Im Dringlichen Antrag wirft die SPÖ der Regierung vor, die Teuerung nicht effektiv zu bekämpfen. Besonders betroffen sind aus Sicht der Sozialdemokrat:innen angehende Pensionist:innen. Bei der Inflationsanpassung gehe es um die Wertsicherung der künftigen Pension. Man wisse bereits jetzt, dass die Anpassung 2024 zwischen 8 und 10 Prozent liegen werde. Wer also erst im Herbst oder Winter in

Pension geht, falle um diese Anpassung fast oder gänzlich um. Dieser Verlust bleibe und summiere sich über die gesamte Bezugsdauer.

Die SPÖ argumentiert, es sei nicht entscheidend in welchem Monat man in Pension geht, sondern in welchem Jahr, da auch bei der Berechnung der Pensionen innerhalb eines Jahres nicht differenziert werde. Der

Wertverlust müsse daher zur Gänze für die nächsten Pensionsjahre ausgeglichen werden. Je höher die Pensionsanpassung beziehungsweise die Inflation sei, desto größer sei die Ungerechtigkeit, betonte Muchitsch in dem Antrag.

Eine weitere Ungerechtigkeit ortet die SPÖ in Zusammenhang mit der Anhebung des Frauenpensionsalters. Für die nächsten zehn Jahre, beginnend mit 2024, würden durch die halbjährliche Erhöhung des Antrittsalters um ein halbes Jahr, die Pensionsantritte für Frauen vorwiegend in die zweite Jahreshälfte fallen. Damit würden die Pensionen von Frauen, die zwischen 2024 und 2033 in Pension

gehen, automatisch durch die Aliquotierung gekürzt.

Dieses Kürzen von Pensionen sei unsozial, unsachlich, frauendiskriminierend, würde den Gleichheitsgrundsatz verletzen und gehöre deshalb rückwirkend und dauerhaft abgeschafft, so Muchitsch in der Debatte mit Verweis auf die Rekordteuerung, die insbesondere auch Pensionist:innen zu spüren bekämen. Auch wenn die Regierung in einer überraschenden Pressekonferenz eine zweijährige Aussetzung angekündigt habe, bleibe sie ab 2026 gesetzlich bestehen. "Einmal fallen Menschen in diese Regelung, einmal nicht", sagte Muchitsch und warf der Regierung Willkür und Pensionsraub von zigtausenden Euro vor. Außerdem lasse die Regierung bei der zweijährigen Aussetzung eine Gruppe von Betroffenen zurück, zumal Kürzungen bei den Pensionszugängen 2022 aufrecht bleiben würden. Das zweijährige Aussetzen der Aliquotierung verbuchte Muchitsch als einen Teilerfolg seiner Fraktion, die bei diesem Thema hartnäckig geblieben sei. In 21 Monaten habe die Regierung die von der SPÖ geforderte Abschaffung der gestaffelten Pensionsanpassung siebenmal abgelehnt, heute starte seine Fraktion einen achten Anlauf.

Rauch: Gestaffelte Pensionsanpassung wird wegen hoher Inflation für zwei Jahre ausgesetzt

Sozial- und Gesundheitsminister Johannes Rauch bestätigte das Vorhaben der Regierung, die Aliquotierung der ersten Pensionsanpassung für zwei Jahre auszusetzen. Grund dafür sei die hohe Inflation, die nicht nur bei den Pensionserhöhungen ein Problem darstelle. Der Aliquotierungsansatz führe in Zeiten hoher Inflation tatsächlich zu Benachteiligungen, räumte der Minister ein. Der Ansatz führe dazu, dass neue Pensionist:innen nahezu einen Anreiz erhalten, früher in Pension zu gehen und Abschläge in Kauf zu nehmen, um der Aliquotierung zu entgehen. Auch Vorgängerregierungen aller Couleurs hätten das ein oder andere System ausprobiert und umgesetzt, wodurch die Regelung sechs oder sieben Mal geändert worden sei. Die SPÖ habe 2011 etwa für die Einführung einer Wartefrist gestimmt, die er als Sozialminister als "ungerechtestes System überhaupt" ablehne.

Nun gelte es, die Regelung in Zeiten hoher Inflation anders zu gestalten. Das zweijährige Aussetzen würde 200.000 Pensionist:innen – durch die schrittweise Anhebung des Pensionsalters vor allem auch Frauen – betreffen und bedeute einen weiteren Schritt zur Entlastung von Pensionist:innen, erinnerte Rauch an Maßnahmen wie die Einmalzahlung. Zudem wolle man Anreize beseitigen, früher in Pension zu gehen, so Rauch. Stattdessen wolle die Regierung die Arbeitsbedingungen so gestalten, dass Menschen gut und gesund bis 65 arbeiten können. Es handle sich bei der zweijährigen Aussetzung auch um keine Überraschung, bereits im letzten Sozialausschuss sei dieser Schritt angekündigt worden, sagte Rauch. Geht es nach Alois Stöger (SPÖ), ist die Aussetzung im Ausschuss nicht angekündigt worden. Es sei nur gesagt worden, dass weiterverhandelt werde, so der Abgeordnete.

SPÖ bereit Pensionsaliquotierung vor den Verfassungsgerichtshof zu bringen

Das Aussetzen der Aliquotierung sei ein erster wichtiger Schritt und Erfolg für 200.000 Pensionist:innen nachdem die SPÖ, die Gewerkschaft sowie die Pensionistenvertreter:innen massiven Druck auf die Bundesregierung ausgeübt hätten, zeigte sich SPÖ-Klubobfrau Pamela Rendi-Wagner erfreut. Für die SPÖ-Chefin mangelt es aber an einer generellen Lösung für alle Pensionist:innen. Weil die Regierung keine rückwirkende Aussetzung ab 2022 plane, handle es sich für die im Vorjahr in den Ruhestand gegangenen Personen um einen "türkis-grünen Strafabzug". Da es keine dauerhafte Lösung gebe, befürchtet Rendi-Wagner zudem einen "Pensionsrun" jener, die planmäßig erst mit 2025 in Pension gehen würden. Die SPÖ sei bereit vor den Verfassungsgerichtshof zu ziehen, um "diese ungerechte Lösung" zu Fall zu bringen.

Die Bekämpfung von Altersarmut sei der SPÖ ein zentrales Anliegen, hob Eva Maria Holzleitner (SPÖ) hervor. Die Aliquotierung treffe insbesondere Frauen, die weiter in die Altersarmut gedrängt werden. In diesem Sinne warb Holzleitner für Absicherung statt Almosen. Sie forderte daher Klarheit für die Zeit nach der Aussetzung.

ÖVP: Aussetzen der Aliquotierung ist eine soziale und gerechte Maßnahme

ÖVP-Klubobmann August Wöginger (ÖVP) bezeichnete den Antrag als Ablenkungsmanöver der SPÖ, um von ihrer innerparteilichen Führungsdiskussion abzulenken. Zudem sei der Antrag obsolet, da die Regierung heute Früh das Aussetzen der aktuellen Regelung, im Sinne der Pensionist:innen, präsentiert habe, womit auch eine Verfassungsklage unnötig sei. Auch der Gewerkschaftschef habe von einer sinnvollen Lösung gesprochen. Wöginger bezeichnete die Vorgehensweise der SPÖ als "Kindesweglegung", da sie nicht zu ihren eigenen Beschlüssen der Vergangenheit stehen würde. Insgesamt habe Österreich ein gutes Pensionssystem. Das Aussetzen der Aliquotierung sei eine soziale und gerechte Maßnahme zur Abgeltung der Inflation.

Um maßvoll und treffsicher vorzugehen, wird nun die Aliquotierung für zwei Jahre ausgesetzt, unterstrich Michael Hammer (ÖVP). Der SPÖ warf er hingegen Populismus vor und bezeichnete die Dringliche Debatte als "Show".

FPÖ: Aliquotierung sofort, dauerhaft und rückwirkend abschaffen

Laut Dagmar Belakowitsch (FPÖ) hat die Bundesregierung mit dem Aussetzen der Aliquotierung die "Notbremse gezogen", "weil sie gemerkt hat, dass die Opposition Druck macht". Belakowitsch signalisierte Zustimmung zum Antrag der SPÖ, da Regelung nur ausgesetzt und nicht aufgehoben sei. Im Jahr 2025 würden die Ungerechtigkeiten wieder von vorne losgehen. Es sei die Aufgabe des Sozialministers, Altersarmut zu Verhindern und die Kaufkraft der Pensionist:innen zu erhalten, hielt die Abgeordnete in Richtung Johannes Rauch fest. Die Grünen und Volkspartei hätten in den letzten zwei Jahren jedoch einen Pensionsraub angezettelt, den es in diesem Ausmaß in der Zweiten Republik noch nie gegeben habe.

Peter Wurm (FPÖ) unterstützte namens seiner Fraktion den Dringlichen Antrag. An die SPÖ wandte er sich mit Kritik an der ablehnenden Haltung der SPÖ gegenüber einer Zusammenarbeit mit der FPÖ. Die von ÖVP und Grünen in Aussicht gestellte Aussetzung der Aliquotierung bezeichnete Wurm mit Blick auf jene, die 2022 in Pension gegangen sind, als "Pfusch". Fraktionskollegin Rosa Ecker sprach sich dafür aus, die Aliquotierung sofort, dauerhaft und rückwirkend abzuschaffen.

Grüne: Logische Lösung in Zeiten hoher Inflation

"Der von SPÖ und FPÖ formulierte Pensionsraub findet nicht statt", unterstrich Markus Koza (Grüne). Das Aussetzen der Aliquotierung sei die "logische Lösung" in Zeiten hoher Inflation. Dies bedeute Rechtssicherheit für zumindest die nächsten zwei Jahre. Danach müsse die Situation neu bewertet werden. Koza kritisierte, dass SPÖ und FPÖ in eigener Regierungsverantwortung nie von Pensionsraub gesprochen hätten und eine Erstvalorisierung auch unter deren Regierungsbeteiligung abgeschafft und wiedereingeführt worden sei.

Die Regierung sichert die Pensionen und die Kaufkraft ab, unterstrich Meri Disoski (Grüne) und machte sich für die Gleichstellung von Frauen stark. Die Teuerung sei in allen Bereichen spürbar, unterstrich Bedrana Ribo (ebenso Grüne). Die Regierung habe zur Abfederung viele Hilfspakete geschaffen. Im Moment bestehe Ausgleichsbedarf bei den Aliquotierungen, erklärte sie die geplanten Schritte, die insbesondere Frauen zu Gute kommen sollen.

NEOS: Brauchen ausbalanciertes System für die nächsten Generationen

Aktuell bedeute länger arbeiten einen Nachteil, die Bundesregierung habe daraus jedoch den falschen Schluss getroffen, da nun alle die Erhöhung bekommen würden, kritisierte Gerald Loacker (NEOS). Für die NEOS sei klar, dass sich ein zusätzliches Arbeitsmonat bei der Berechnung der Pensionshöhe rentieren müsse. Grundsätzlich gehe es um ein ausbalanciertes System für die nächsten Generationen. "Wenn wir wollen, dass das System in 30 oder 40 Jahren noch hält, kann man jedoch nicht bei jeder ASVG-Novelle Millionen hinausbuttern, das zahlen die Jungen!", so der NEOS-Mandatar, der eine Wiedereinführung der einjährigen Wartefrist forderte.

Über 25 % der jährlichen Gesamtausgaben des Bundes fließen in die Pensionen, zeigte sich Henrike Brandstötter (NEOS) beunruhigt. Durch die Aliquotierung rechne man mit zusätzlichen Kosten von 150 Mio. €, kritisierte sie. Der Regierung sprach sie Versagen bei der Bekämpfung der Teuerung zu und wollte der unangenehmen Wahrheit entgegenblicken, wonach die Bevölkerung älter wird und wir daher länger arbeiten gehen müssen. (Fortsetzung Nationalrat) keg/med/gla

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.


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