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Fehlende Zurückhaltung im Todesfall Gerhard Rodax

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Nach Ansicht des Senats 2 verstößt der Beitrag „[…] Trauer um Gerhard Rodax (57)“, erschienen am 17.11.2022 auf „krone.at“, gegen Punkt 12 des Ehrenkodex für die österreichische Presse (Suizidberichterstattung).

Im Beitrag heißt es, dass der heimische Ex-Fußballnationalspieler Gerhard Rodax auf der Südbahnstrecke […] gestorben sei. Hintergrund der Tat dürfte eine schwere Krankheit bei dem zweifachen Familienvater gewesen sein. Anschließend werden einige Reaktionen von ehemaligen Fußballspielern zum Todesfall als Zitate wiedergegeben. Unterhalb des Beitrags werden Hilfsangebote für suizidgefährdete Personen angeführt. Dem Beitrag ist ein Foto vom Ort des Suizids mit folgendem Bildtext beigefügt: „Hier wurde Ex-ÖFB-Star und Tennishallen-Besitzer Rodax (…) getötet.“

Mehrere Leserinnen und Leser wandten sich an den Presserat und kritisieren, dass im Beitrag die Suizidmethode genannt und auch der Ort des Geschehens gezeigt werde, wodurch vulnerable Personen zum Suizid ermutigt werden könnten. Die Medieninhaberin nahm nicht am Verfahren teil.

Der Senat erkennt in der bloßen Bekanntgabe der Todesursache im vorliegenden Fall ein öffentliches Interesse. Dabei spielt es eine wesentliche Rolle, dass es sich beim Verstorbenen um einen ehemaligen Fußballspieler der österreichischen Nationalmannschaft handelt; bekannte Sportlerinnen und Sportler genießen grundsätzlich weniger Persönlichkeitsschutz als Privatpersonen. Insofern darf bei Personen des öffentlichen Lebens auch eher über deren Todesursache berichtet werden, weshalb die bloße Meldung über den Suizid von Gerhard Rodax nicht zu beanstanden gewesen wäre.

Ungeachtet dessen bewertet der Senat die Darstellung des Suizids im vorliegenden Fall jedoch als überschießend: Dem Beitrag ist ein Foto beigefügt, auf dem der genaue Ort des Suizids gezeigt wird; im Begleittext wird angemerkt, dass Rodax dort getötet worden sei. Obwohl im Text des Artikels nicht ausdrücklich von einem Suizid die Rede ist, ergibt sich diese Todesursache aus den geschilderten Begleitumständen. Außerdem werden unterhalb des Artikels Hilfsangebote für suizidgefährdete Personen angeführt, sodass es den Leserinnen und Lesern klar ist, dass es sich im konkreten Fall um einen Suizid handelt.

Suizidgefährdete Personen könnten diese Darstellung zum Anlass nehmen, auf eine ähnliche Weise Suizid zu begehen: Nach der Entscheidungspraxis der Senate des Presserats sollten insbesondere Bilder, welche den Ort zeigen, an dem sich ein Suizid ereignet hat, nicht gezeigt werden. Darüber hinaus hätte auch darauf verzichtet werden sollen, die spezifische Suizidmethode im Text anzudeuten. Schließlich ist gerade bei Suiziden von Personen, die in der Öffentlichkeit standen und – wie im vorliegenden Fall – als sympathisch und beliebt wahrgenommen werden, von einer erhöhten Nachahmungsgefahr auszugehen.

Der Senat begrüßt es zwar, dass unterhalb des Beitrags Hilfsangebote für suizidgefährdete Personen angeführt wurden. Nach Meinung des Senats deuten auch einige Formulierungen im Artikel darauf hin, dass die Autoren das medienethische Gebot einer zurückhaltenden Suizidberichterstattung berücksichtigen wollten. Die Veröffentlichung des Fotos vom Ort des Suizids erlaubt es im vorliegenden Fall jedoch nicht, von der Feststellung eines Verstoßes gegen Punkt 12 des Ehrenkodex für die österreichische Presse abzusehen (Suizidberichterstattung).

Die Medieninhaberin wird aufgefordert, freiwillig über den Ethikverstoß zu berichten. Überdies wird ihr empfohlen, das in den Artikel eingebettete Foto vom Ort des Suizids zu entfernen. 

SELBSTÄNDIGES VERFAHREN AUFGRUND VON MITTEILUNGEN MEHRERER LESERINNEN UND LESER

Der Presserat ist ein Verein, der sich für verantwortungsvollen Journalismus einsetzt und dem die wichtigsten Journalisten- und Verlegerverbände Österreichs angehören. Die Mitglieder der Senate des Presserats sind weisungsfrei und unabhängig.

Im vorliegenden Fall führte der Senat 2 des Presserats aufgrund von Mitteilungen mehrerer Leserinnen und Leser ein Verfahren durch (selbständiges Verfahren aufgrund von Mitteilungen). In diesem Verfahren äußert der Senat seine Meinung, ob eine Veröffentlichung den Grundsätzen der Medienethik entspricht. Die Medieninhaberin von „krone.at“ hat von der Möglichkeit, am Verfahren teilzunehmen, keinen Gebrauch gemacht.

Die Medieninhaberin der „Kronen Zeitung“ hat die Schiedsgerichtsbarkeit des Presserats bisher nicht anerkannt.

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