26. Wiener Gemeinderat (3)
GRin Katharina Weninger, BA (SPÖ) bezeichnete die Absichten der Opposition in dieser Debatte als „durchschaubar“. Es gehe der Opposition nicht um die Notkompetenz des Bürgermeisters, die in der Stadtverfassung genau geregelt sei. Während der Corona-Zeit sei die Sonderkompetenz des Bürgermeisters für die Oppositionsparteien auch „kein Problem gewesen, keiner hat Skandal geschrien. Anscheinend geht es auch nicht um mehr Informationen zum Thema Wien Energie, ÖVP und FPÖ kommen gar nicht mehr zu den Sitzungen“, so Weninger. Auch die Grünen würden in den Kanon der Vorverurteilungen einstimmen und sie befeuern. „Es geht Ihnen einzig und allein um Skandalisierung und darum das ‚Rote Wien‘ anzupatzen. Die Wiener Oppositionsparteien treten gerade in der Landesmeisterschaft im Nebelgranaten-Weitwurf an und schüren mit ihrem Halbwissen Ängste und Sorgen in der Bevölkerung“, vermutete Weninger. Das sei ein „Spiel mit dem Feuer, das schnell zum Flächenbrand werden kann“. Das Verkaufen von Überproduktion am Strommarkt durch die Wien Energie werde mit Spekulation gleichgesetzt, immer noch würde trotz besseren Wissens der Vorwurf von Leerverkäufen gemacht, „allein um sich auf Kosten unserer Daseinsvorsorge politisch zu profilieren“. Die Wiener Regierung und der Bürgermeister stünden für Transparenz, der Stadtrechnungshof sei eingeschaltet worden. „Ich hoffe, wenn alle Fakten auf dem Tisch liegen und sich die Vorwürfe als falsch erwiesen haben, werden Sie sich bei den Wienerinnen und Wienern, denen Sie schlaflose Nächte bereitet haben, entschuldigen“, schloss Weninger.
Mitteilung Stadtrat Peter Hanke
Im Anschluss an die Aktuelle Stunde hatte sich der amtsführende Stadtrat der Geschäftsgruppe für Finanzen, Wirtschaft, Arbeit, Internationales und Wiener Stadtwerke Peter Hanke für eine Mitteilung an den Wiener Gemeinderat zu "Aktuellen energiewirtschaftlichen Herausforderungen und notwendigen Maßnahmen im Zusammenhang mit der europaweiten Energiekrise“ gemeldet.
Amtsf. StR KommR Peter Hanke (SPÖ) sagte, dass die aktuelle Energiekrise für die Menschen und Wirtschaftstreibenden in Europa, Wien und Österreich zu einer „einzigartigen Herausforderung“ geworden sei. Er werde ein Acht-Punkte-Programm vorlegen, das europaweit umgesetzt werden müsse – „dazu muss es einen gemeinsamen Schulterschluss zu diesem Thema geben, um uns aus einer noch nie dagewesenen Situation herauszuarbeiten“. Die Bürger*innen seien von der Sorge geprägt, ihre Energierechnungen und steigenden Lebenserhaltungskosten nicht mehr stemmen zu können, ähnliches gelte für viele Wirtschaftsbetriebe in diesem Land. Durch die massiv gestiegenen Energiepreise sei der Wirtschaftsstandort in seiner Wettbewerbsfähigkeit global benachteiligt und kurz- bis mittelfristig in seinem Fortbestand sowie der Wohlstand des ganzen Kontinents gefährdet. „Es ist zu befürchten, dass bei weiteren Einschränkungen der Energielieferungen dieser Winter nicht nur teuer, sondern auch im wahrsten Sinne des Wortes kalt werden könnte“, befürchtete Stadtrat Hanke, der einen Rückblick auf die vergangenen Monate gab: Die Energiepreise würden aufgrund der kriegsbedingten Verknappungen am Gasmarkt und dem Merit-Order-System im Energiehandel seit dem vergangenen Herbst letzten Jahres stetig ansteigen. Zusätzlich hätten die Unterbrechung der Gas-Lieferungen durch Russland bereits im Juli zu weiteren „massiven Preissprüngen“ auch am Strommarkt geführt. „Höhepunkt“ dieser Entwicklung sei Freitag, der 26. August gewesen, als der Preis für eine Megawattstunde auf mehr als 1.000 Euro stieg und dadurch auch zu immer höheren Sicherheitsleistungen an den europäischen Energiebörsen geführt hätte.
Am 26. August 2022 – „der inzwischen auch als schwarzer Freitag in der Energiebranche bekannt ist“ – habe sich dramatisch und nicht vorhersehbar entwickelt. Wien Energie habe kurzfristig Sicherheiten von 1,7 Milliarden Euro bei den Clearingstellen hinterlegen müssen. „Hätte es den Wiener Schutzschirm nicht gegeben, hätten wir ein großes Problem gehabt. Doch der Wiener Bürgermeister hat es ermöglicht, dass das Unternehmen mit Liquidität ausgestattet auf diese einmalige Situation antworten konnte“, so Hanke. Wien Energie habe sich auch an den Bund gewandt, der dem Land Wien über die Bundesfinanzierungsagentur eine Kreditlinie von 2 Milliarden Euro gewährt habe – „ein Abrufen dieser Gelder war bisher nicht nötig. Im Gegenteil, inzwischen sind von der Energiebörse an Wien Energie auf Grund der sinkenden Preise wieder Margin-Zahlungen in einem Ausmaß zurückgeflossen, dass im Vergleich zum 29. August ein positiver Saldo von rund 300 Millionen Euro ausgewiesen werden kann“, erläuterte der Finanzstadtrat.
In anderen europäischen Länder seien solche „Verwerfungen“ ebenfalls aufgetreten, aber nur in Österreich und Wien sei daraus ein „Politikum und ein Skandal“ gemacht worden – „ich verstehe diese Diskussion absolut nicht, ich halte sie für verfehlt“. Hanke: „Für uns geht es um die absolute Versorgungssicherheit Wiens und wir werden alles tun, um diese sicher zu stellen und alles in Transparenz und Offenheit zu diskutieren. Bereits im März habe ich öffentlich darauf hingewiesen, dass diese finanziellen Belastungen durch die Energieversorger nicht mehr alleine gestemmt werden können.“ Es sei alles getan worden, um die Liquidität abzusichern, weswegen auch ein Rahmenkreditvertrag zwischen Stadt und Wien Energie über jeweils 700 Millionen Euro vereinbart worden sei. Die beiden Tranchen seien am 26. bzw. am 29. August gezogen worden, also erst nach dem Black Friday; „und wie in der Stadtverfassung vorgesehen, wurden diese Akte dem zuständigen Finanzausschuss und darauffolgend nunmehr dem Wiener Gemeinderat zugewiesen“. Bürgermeister Ludwig und er würden für volle Transparenz stehen, deswegen sei er Stadtrechnungshof mit einer genauen Prüfung die Handelsgeschäfte der Wien Energie beauftragt worden, ebenso wie eine Analyse der Geschehnisse durch externe und international angesehene Prüfer. Die Ergebnisse der drei Prüfinstitute von PwC, Freshfields Bruckhaus Deringer sowie Ithuba Capital: Die medial-kolportierten Vorwürfe seien nicht nachvollziehbar, das Geschäftsmodell und die Börsengeschäfte seien durchwegs plausibel und branchenüblich. „Die Ergebnisse: Es gibt keine Anzeichen für Spekulation, das Geschäftsmodell der Wien Energie ist im internationalen Vergleich branchenüblich, der Black Friday am 26. August war eine nicht vorhersehbare Entwicklung am Energiemarkt, weswegen es für Wien Energie keine Handlungsalternativen gab“, sagte Stadtrat Hanke. Dass die Probleme nicht Wien Energie alleine betreffen würde, zeige etwa das Beispiel des deutschen Energiekonzerns Uniper, der nun verstaatlicht worden sei.
Es brauche „ganz dringend“ europäische und nationale Maßnahmen zur Stärkung der Energie-Unabhängigkeit sowie müsse gleichzeitig an kraftvollen Modellen gearbeitet werden, „die jetzt direkt auf den Rechnungen wirken“. Die EU arbeite derzeit an Lösungen; viele Staaten wie Deutschland, Schweden oder Finnland hätten bereits Schutzschirme für ihre Energieunternehmen geschaffen. „In Österreich wurde ein bundesweiter Schutzschirm noch nicht implementiert. Vielmehr wurde der Liquiditätsengpass der Wien Energie dazu instrumentalisiert, um politisches Kleingeld zu wechseln und das Vertrauen in Österreichs größten Energieversorger massiv geschädigt. Ich halte diese Diskussion für absolut verfehlt“, sagte Hanke, der das Wiener Stadtparlament zum „gemeinsamen Arbeiten an dem Thema“ im Sinne der Bevölkerung aufrief.
Hanke führte kurz noch die aus seiner Sicht notwendigen acht Punkte für den Energiesektor auf: Entkoppelung des Strom- vom Gaspreis, „um mit vernünftigen Preisen in den Winter zu gehen“; ein gebündelter Einkauf von Gas auf europäischer Ebene, um signifikante Entlastung für den Wirtschaftsstandort zu erreichen; ein österreichweiter Schutzschirm für alle Energieversorger, „denn es können alle Unternehmen in Österreich von der Preisentwicklung getroffen werden“; kurzfristige Unterstützung von betroffenen Unternehmen zum Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit in Wien, Österreich und Europa; Allianzen mit alternativen Energielieferanten bzw. Durchleitungsrouten; rascher Ausbau von erneuerbaren Energien durch einfache Genehmigungsverfahren; die Energieeffizienz muss sofort gesteigert werden; Notfallpläne zwischen Länder und Bund müssen erstellt und geübt werden, „um für den Ernstfall gerüstet zu sein“, forderte Stadtrat Hanke. „Es muss in unser aller Interesse liegen, die Versorgungssicherheit weiterhin zu sichern und gemeinsam Schulter an Schulter umgehend an den notwenigen Maßnahmen und Instrumenten zur Abwendung der drohenden Energie-, Wirtschafts- und Gesellschaftskrise zu arbeiten. Appelliere, gemeinsam den politischen Diskurs verantwortungsvoll mit einem Blick auf morgen zu führen“, schloss Hanke.
StR Dominik Nepp, MA (FPÖ) bezeichnete die Mitteilung von Stadtrat Hanke als zu spät. „Die Geschäftsordnung in diesem Haus wird mit Füßen getreten und willkürlich ausgelegt“, warf Nepp Gemeinderatsvorsitzendem Mag. Thomas Reindl (SPÖ) vor. Es müssen die gleichen Spielregeln für alle gelten, auch wenn das Thema unangenehm sei. Die „rote Lügengeschichte“ sei folgendermaßen aufgebaut worden: Vor dem 11. Juli habe angeblich niemand im Rathaus etwas von der prekären Situation der Wien Energie gewusst, obwohl bereits zuvor bei Banken um Sicherungsgelder angefragt worden sei. „Also muss das Liquiditätsproblem zumindest beim verantwortlichen Stadtrat bekannt gewesen sein“, sagte Nepp. Stadtrat Peter Hanke (SPÖ) habe trotz seiner Aussage heute „nie“ von einem Schutzschirm gesprochen, und zwar bis zur Anfrage an den Bund Ende August für die Bereitstellung der Mittel – „diese Geschichte mit dem Schutzschirm haben Sie im Nachhinein erfunden“, warf Nepp dem Finanzstadtrat vor. „Wenn es schon vorher Informationen im Rathaus über die Situation der Wien Energie gab, sind der Bürgermeister und Stadtrat Hanke rücktrittsreif“, sagte Nepp. Auch das Gutachten der Rechtsabteilung der Magistratsdirektion zur jetzigen Ausübung der Sonderkompetenz des Bürgermeisters sei ein „reines Gefälligkeitsgutachten“, es gebe argumentative Widersprüche zu einem Beschluss zu den Covid-Massentestungen. „Das gesamte Lügengebäude der SPÖ stürzt jetzt ein, nie ist versucht worden, die zuständigen Gremien von Stadtsenat oder Gemeinderat einzuberufen. Deshalb haben wir bereits eine Anzeige wegen Amtsmissbrauch gegen den Bürgermeister eingebracht“, so Nepp, der die Regierungspartei NEOS aufrief, beim Antrag auf Reform der Untersuchungskommission mit der Opposition mitzustimmen. Nepp kündigte an, „das aller-, allerschärfste Kontrollinstrument einzuberufen, nämlich die Oberaufsicht des Gemeinderates nach Paragraf 83 der Wiener Stadtverfassung – eine einzigartige Maßnahme bisher. Dann müssen dem Gemeinderat sämtliche Akten vorgelegt werden“, so Nepp. (Forts.) nic
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