TIROLER TAGESZEITUNG "Leitartikel" vom 22. März 2022 von Karin Leitner "In der Krise zeigt sich Können" | Brandaktuell - Nachrichten aus allen Bereichen

TIROLER TAGESZEITUNG „Leitartikel“ vom 22. März 2022 von Karin Leitner „In der Krise zeigt sich Können“

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Innsbruck (OTS) – Schon in guten Zeiten sind minderqualifizierte hochrangige Politiker schlecht. In schlechten Zeiten darf sich ein Land Regierungspersonal, das auch nicht zuvorderst das Gemeinwohl im Sinne hat, nicht mehr leisten.

Dass Menschen, die für einen Polit-Job nicht befähigt sind, einen solchen haben, ist nicht neu. Auch in Regierungsfunktion waren immer wieder Minderqualifizierte. In Normalzeiten wurden derlei Leute mit-und durchgetragen, detto Mitarbeiter, die nicht wegen Eignung, sondern ob Parteiloyalität in Kabinette gekommen sind.
Schlimm genug. In Krisenzeiten kann sich ein Land derlei Besetzungen im doppelten Wortsinn nicht mehr leisten. Da ist nicht nur Expertise noch mehr gefragt als davor, es braucht Persönlichkeiten, die nicht nur das Partei-, sondern das gesellschaftliche Wohl im Fokus haben, die nicht vor dem Koalitionspartner und vor Landeshauptleuten duckmausern, die den Mut haben, Lobbys zu trotzen, die nicht Leerformeln liefern, sondern Substanz, die ihre Verantwortung nicht an Kollegen oder Experten abschieben, sondern tragen.
Ja, das ist unangenehm, kraftraubend. Das sind auch andere Jobs mit viel geringerer Dotierung. Ja, es gibt für Regierende weniger Gage als in Führungsfunktionen in Wirtschaft und Industrie. Viele derer, die zu Ministern avancieren, würden in der Privatwirtschaft aber weniger lukrieren als in der Politik. Dieses Wissen, Eitelkeit, Prestige motivieren etliche, ein hohes Amt anzunehmen. Die Selbstreflexion – „Kann ich das?“ – scheint zu fehlen. Zu viele können es nicht.
Das zeigt sich seit Beginn der Pandemie noch mehr als vorher. Das Missmanagement geht weiter.
Der Befund „Überforderung“ gilt auch für den neuen Bildungsminister. In der ORF-Pressestunde wirkte er, als lebe er in einem Paralleluniversum. Er befand ebenfalls, die dramatisch hohen Infektionszahlen seien nicht vorhersehbar gewesen – und die „Belastung in den Spitälern sei weiterhin nicht hoch“, obwohl es dort und da schon Notbetrieb gibt, in vielen immer mehr Personal ausfällt. Erneute Maskenpflicht in Schulklassen hält er für nicht nötig, obwohl immer mehr Kinder und Lehrer krank sind. Im Übrigen sei das eine Angelegenheit des Chefs des Gesundheitsressorts, merkte Martin Polaschek an. Und: „Zeit zum Nachdenken“ habe er während seiner Corona-Infektion gehabt. Das, worauf es in seiner Funktion ankommt, dürfte nicht Teil dieses Studiums gewesen sein. Von Leistung reden ÖVPler ständig; wer sie von anderen einfordert, sollte sie selbst erbringen.
„Die Besten aus dem Westen für die Posten im Osten“, hat Hubert Gorbach einst gesagt. Die Herkunft von Staatslenkern ist nicht das Kriterium. Und wenn schon nicht die Besten zu solchen werden, gute sollten es sein.

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