Nationalrat beschließt Urheberrechts-Novelle 2021 für digitales Umfeld
Wien (PK) – Die aktuelle Urheberrechts-Novelle aus dem Justizressort hat unter anderem eine Anpassung an das digitale und grenzüberschreitende Umfeld sowie eine Verbesserung der Lizenzierungspraxis und Gewährleistung eines breiteren Zugangs zu Inhalten zum Ziel. Die Abgeordneten sprachen sich in der heutigen Nationalratssitzung mehrheitlich für die neuen Regelungen aus.
Einhellig fiel die Abstimmung zur Valorisierung von Mindestversicherungssummen in Haftpflichtgesetzen aus. Zwei Anträge der FPÖ zur Umbenennung der Justizwache in Justizpolizei sowie betreffend die gewerbsmäßige Begehung blieben in der Minderheit.
Urheberrechts-Novelle 2021 mit Oppositions-Kritik
Mit der umfassenden Novelle zum Urheberrecht wird unter anderem die urheberrechtliche Verantwortung großer Plattformen für den Upload geschützter Werke durch ihre NutzerInnen geklärt, wonach künftig eine Lizenz der UrheberInnen eingeholt werden soll. Maßnahmen der Plattformen sollen jedenfalls nicht dazu führen, dass erlaubte Nutzungen unterbunden werden, auch im Sinne der Meinungsäußerungsfreiheit. Daher sind den Erläuterungen zufolge dort etwa Inhalte zugänglich zu machen, bei denen die NutzerInnen bereits beim Hochladen erklärt haben, dass diese erlaubt sind („Pre-flagging“). Kleine Teile von Werken – die Rede ist beispielsweise von 15-Sekunden-Ausschnitten von Filmen oder Musik -sollen nicht automatisch blockiert werden. Wenn Plattformen systematisch überbordende Schutzmaßnahmen setzen, die dazu führen, dass erlaubte Nutzungen auf der Plattform unterbunden werden, habe die KommAustria als im Entwurf vorgeschlagene Aufsichtsbehörde ein Aufsichtsverfahren einzuleiten.
Insgesamt sind die zahlreichen Neuerungen im Urheberrecht auch auf eine Umsetzung entsprechender EU-Richtlinien zurückzuführen. Die Umsetzung des EU-weit harmonisierten Urhebervertragsrechts erfolgt laut Vorlage durch Einführung eines Grundsatzes der angemessenen und verhältnismäßigen Vergütung, eines Vertragsanpassungsmechanismus bei unerwartetem Erfolg und mit Auskunftsansprüchen. Außerdem werde die Verhandlungsposition von UrheberInnen bzw. ausübenden KünstlerInnen gestärkt, etwa durch Einführung des Zweckübertragungsgrundsatzes und mit Regelungen über Rechte an unbekannten Verwertungsarten. Ein Abänderungsantrag zu bestimmten Inkrafttretensbestimmungen für angemessene Vorbereitungszeiten wurde im Ausschuss von ÖVP und Grünen mitbeschlossen.
Katharina Kucharowits (SPÖ) sprach sich ebenso wie Johannes Margreiter (NEOS) für eine Direktvergütung von KünstlerInnen durch Onlinekonzerne aus. Internetplattformen müssten endlich zur Kasse gebeten werden, stattdessen würde die Armut von Kunstschaffenden mit der Novelle befördert, kritisierte Kucharowits. Auch aus Sicht von Margreiter sind die Rechte der UrheberInnen nicht ausreichend berücksichtigt.
Mit der Novelle sei möglichst versucht worden, einen schwierigen Interessenausgleich zwischen den verschiedenen Gruppen zu finden, von UserInnen bis hin zu Produktionsfirmen, betonte Eva Blimlinger (Grüne). Ganz im Gegenteil zur Kritik der Opposition würden genau mit der Novelle die Onlineplattformen in die Pflicht genommen. Unter anderem die Bagatellgrenze von 15 Sekunden zeige, wie kompliziert sich die Angelegenheit darstelle. Es gebe im Urheberrecht ein Spannungsfeld zwischen UrheberInnen, VerwerterInnen sowie NutzerInnen und damit drei Interessenslagen, die unterschiedlicher nicht sein können, sagte Johanna Jachs (ÖVP). Das vorliegende Gesetz stelle aus ihrer Sicht einen guten Kompromiss dar.
Harald Stefan (FPÖ) ortet Unzufriedenheit bei allen Gruppen und bezweifelte, ob mit der 15-Sekunden-Regelung nicht eine Hintertür für Online-Konzerne offen bleibe. Ähnlich problematisch stelle sich aus seiner Sicht das „Pre-flagging“ dar, wiewohl anzuerkennen sei, dass es nicht zu Upload-Filtern und Overblocking kommen soll.
Die Reform berücksichtige die neuen Entwicklungen rund um die Digitalisierung und schaffe mehr Fairness für Kreative, etwa mit dem Urhebervertragsrecht als jahrelange Forderung, strich Justizministerin Alma Zadić hervor. Mit einem breiten Verhandlungsprozess im Vorfeld sei es nunmehr gelungen, eine gute Balance in Richtung eines modernen Urheberrechts zu finden.
Valorisierung von Mindestversicherungssummen in Haftpflichtgesetzen
Mit dem sogenannten Mindestversicherungssummen-Valorisierungsgesetz 2021 erfolgt eine Valorisierung der Mindestversicherungssummen in Haftpflichtgesetzen. Dem Entwurf zufolge sollen die Pauschalversicherungssummen für Fahrzeuge sowie die Summen für Personenschäden im Sinne der unionsrechtlichen Vorgaben im Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherungsgesetz (KHVG) prozentual erhöht werden. Gleichzeitig ist eine Erhöhung der Haftungshöchstbeträge im Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetz sowie in denjenigen Haftpflichtgesetzen, die sich betragsmäßig an den in der Verkehrshaftpflicht maßgeblichen Summen orientieren, vorgesehen. Dies gelte für das Reichshaftpflichtgesetz, für das Gaswirtschaftsgesetz sowie für das Rohrleitungsgesetz, so die Erläuterungen.
Durch die Anpassung der Versicherungssummen seien keine Prämienerhöhungen zu erwarten, betonte Corinna Scharzenberger (ÖVP). Ein in der Sitzung eingebrachter Abänderungsantrag der SPÖ blieb in der Minderheit. Mit Änderungen sollte das bestehende Gesetz den „Selbstverständlichkeiten einer demokratischen Republik“, im Hinblick auf überholte Formulierungen wie „Alpen- und Donaureichsgaue“, angepasst werden, wie Petra Bayr (SPÖ) erläuterte.
Umbenennung der Justizwache in Justizpolizei
Keine Mehrheit fand sich für eine von der FPÖ verlangte Umbenennung der Justizwache in Justizpolizei. Die Oppositionsfraktion argumentiert, das wäre ein logischer Schritt im Rahmen der Organisationsreform der inneren Sicherheit in Österreich.
Nach Militär- und Finanzpolizei sollte auch die Justizwache umbenannt werden, erklärte Christian Lausch (FPÖ). Die würde auch helfen, mehr Personal zu finden und damit die Justizwache langfristig abzusichern. Die Justizwache sei ein Wachkörper argumentierten hingegen Bettina Zopf (ÖVP) und Agnes Sirkka Prammer (Grüne) für die Beibehaltung des Namens.
Gewerbsmäßige Begehung von Suchtmitteldelikten
Ebenso in der Minderheit blieb ein FPÖ-Antrag für Änderungen im Strafgesetzbuch und im Suchtmittelgesetz. Die gewerbsmäßige Begehung einer strafbaren Handlung solle auf ihre ursprüngliche Form zurückgeführt werden, forderten Harald Stefan (FPÖ) und Philipp Schrangl (FPÖ). Sie sei in der derzeit geltenden Fassung für die Staatsanwaltschaft und für die tägliche Arbeit der Polizei nicht handhabbar und habe ein „Sicherheitsfiasko“ ausgelöst. Nach der geltenden Rechtslage führe der Kauf und Besitz von Kleinstmengen an Drogen für den Eigengebrauch nicht automatisch zu einer Anzeige, wenn TäterInnen mit den Gesundheitsbehörden kooperieren, stellen die Freiheitlichen fest.
Für eine Beibehaltung der Regelungen setzte sich hingegen Carina Reiter (ÖVP) ein. Eine reine Bestrafung würde bei Suchtkranken keine Verhaltensänderung bringen. „Therapie vor Strafe“ sei zielführender. (Fortsetzung Nationalrat) mbu/pst
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