Wissenschaftsausschuss befasst sich mit Berichten zur Entwicklung der österreichischen Universitäten
Wien (PK) – Die im Universitätsgesetz (UG 2002) festgelegten Zugangsregelungen zu Studien werden laufend evaluiert. Der Wissenschaftsausschuss befasste sich heute mit einem Berichtskonvolut, das zum einen eine Studie über die Auswirkungen von Zugangsregelungen enthält. Mit diesem Bericht wurden auch die Ergebnisse einer Studie zur Implementierung der Studieneingangs- und Orientierungsphase (StEOP) nach 2015 vorgelegt. Den Abgeordneten standen dazu der Experte Stefan Humpl sowie die Expertin Bianca Thaler vom IHS zur Verfügung.
Eine umfassende Darstellung der Entwicklungen an den öffentlichen Universitäten Österreichs in den Jahre 2018-2020 bietet der Universitätsbericht 2020, der ebenfalls im Ausschuss behandelt wurde. Beide Berichte wurden einstimmig zur Kenntnis genommen.
Aufnahmeverfahren erhöhen Studienabschlussquoten, aber verringern soziale Durchmischung
Das Universitätsgesetz sieht für eine Reihe von stark nachgefragten Studien Zugangsregelungen vor. Als Resultat einer Evaluierung dieser Regelungen wurde eine Reihe von Empfehlungen an das Universitätssystem formuliert (III-217 d.B.). Die ExpertInnen sprachen sich grundsätzlich für mehr Übersichtlichkeit bei den Anmeldeprozeduren und für einheitliche Fristen aus. Klare und eindeutige Informationen zum Studium und somit auch zu den Aufnahmeverfahren seien insbesondere für jene Gruppen wichtig, die für dieses Wissen nicht auf ihr soziales Umfeld zurückgreifen könnten, hielt Thaler fest. Zudem müsse es verlässlichere Informationen über das Aufnahmeverfahren Medizin (MedAT) geben. Der Aufnahmetest sollte laut Thaler auch Elemente der Studienberatung und Orientierung der StudienwerberInnen enthalten, etwa als verpflichtendes Online-Self-Assessment. Die Expertin sprach sich auch für eine zentrale Erhebung der Informationen zu sozialer Herkunft und Migrationshintergrund sowie eventuell anderer Daten von StudienwerberInnen durch die Statistik Austria aus. Empfohlen wurde eine Reflexion über den merkbaren Rückgang von älteren StudienanfängerInnen.
StEOP besser in den Studienverlauf einbinden
Die Autoren einer Studie zur Implementierung der Studieneingangs- und Orientierungsphase (StEOP) kamen zum Ergebnis, dass die gesetzlichen Rahmenbedingungen der StEOP umgesetzt seien bzw. eingehalten würden, so Humpl. Insgesamt könnte die StEOP gesamthafter gestaltet und zu einem wesentlichen und eigenständigen Teil des Curriculums werden, sagte er. Einen Beitrag zur Weiterentwicklung könnte eine ausführliche Information über Sinn und Zweck der StEOP und ihre Einbettung in den gesamten Prozess des Übergangs von der Schule zur Hochschule leisten. Aufgrund der Vielzahl an Detailregelungen sollte die Funktion der StEOP insbesondere für Studien mit Zugangsregelungen näher geklärt werden, lautet eine weitere Empfehlung des Experten. Er erachtete auch die Einbeziehung der StEOP in eine gesamthafte Betrachtung des Student-Life-Cycles für sinnvoll, vor alle dann, wenn sie mit den Zielerreichungskomponenten in der Hochschulverwaltung (Leistungsvereinbarungen) kombiniert werde.
Abgeordnete erkennen Handlungsbedarf
In der breit gefächerten Diskussionsrunde erkannten die Abgeordneten Handlungsbedarf in unterschiedlichen Belangen. So wollte Eva Blimlinger (Grüne) die No-Shows in die Perspektive einbeziehen, während sich Fraktionskollegin Sibylle Hamann um den Rückgang der Zahl an älteren Studierenden (über 24 Jahren) Gedanken machte und mehr Flexibilität forderte. Nico Marchetti (ÖVP) erfuhr von den ExpertInnen, dass die Zugangsregelungen insbesondere in den Bereichen Medizin, Veterinärmedizin und Psychologie selektiv wirken. Für die SPÖ setzte sich Andrea Kuntzl angesichts der Studienergebnisse für die Weiterentwicklung der StEOP zu einer Orientierungsphase ein und wies auf die schlechten Betreuungsverhältnisse hin. Helmut Brandstätter (NEOS) wollte ebenfalls den Betreuungsschlüssel verbessern und der sozialen Selektion entgegenwirken. Vorsitzender Martin Graf (FPÖ) sprach sich insbesondere dafür aus, dass die Universitäten selbst bei der Vorbereitung auf die Aufnahmeprüfungen unterstützen. Derzeit würden die StudentInnen durchschnittlich 650 € für einen Vorbereitungskurs für das Aufnahmeverfahren des Medizinstudiums bezahlen, informierte Thaler.
Faßmann: Studierende gewinnen Lebensjahre
Durch Aufnahmeprüfungen und die StEOP gewinnen Studierende an Lebensjahren, sagte Wissenschaftsminister Heinz Faßmann und bezog sich dabei auf jene Studierende, die sich in Studien begeben und nie abschließen. „Numerus-clausus-Flüchtlingen“ sollten attraktivere Bedingungen geboten werden, um in Österreich zu bleiben, sagte Faßmann in Richtung FPÖ. Außerdem sprach auch er sich für eine Weiterentwicklung der StEOP aus und brach eine Lanze für eine knappe Eingangsphase am Beginn des Studiums, die einen guten Überblick über die Inhalte des Studiums liefere.
Abgeordnete für mehr Digitalisierung an Hochschulen und rasche Umsetzung des Fonds Zukunft Österreich
Der Universitätsbericht 2020 des Wissenschaftsministers erörtert die Entwicklungen der öffentlichen Universitäten im Berichtszeitraum 2018 bis 2020 (III-247 d.B.). Ausführlich dargestellt werden Themen wie die Nachwuchsförderung, die Entwicklung der Personalstruktur und die Lage der Studierenden. Starkes Interesse hegten die Abgeordneten zur Digitalisierung des österreichischen Hochschulraums. Viele Universitäten hätten bereits mit der Schaffung neuer Studienrichtungen bzw. Erweiterungscurricula mit digitaler Ausrichtung reagiert. Die digitale Infrastruktur wurde stark ausgebaut, auch im Bereich der Administration der Hochschulen, sagte Faßmann. Für Katharina Kucharowits (SPÖ) ging dies nicht weit genug. Lehre und Forschung seien noch nicht ausreichend digitalisiert, unterstrich sie.
Wesentliche Neuerungen waren in Finanzierung und Steuerung der Universitäten zu verzeichnen, sagte Faßmann zu Gerhard Deimek (FPÖ). Die jährlichen, ausschließlich dem Universitätsbereich zuordenbaren Bundesausgaben beliefen sich 2019 auf 3,743 Mrd. € (ein Anteil von 4,7% am Bundeshaushalt). In der im Berichtszeitraum zu Ende gegangenen LV-Periode 2016-2018 stellte der Bund insgesamt 9,7 Mrd. € zur Finanzierung der Universitäten bereit und damit um 6,8% mehr als in der Vorperiode. Etwa 8% dieser Mittel (750 Mio. €) wurden dabei als Hochschulraum-Strukturmittel (HRSM) gestaltet. Für die LV-Periode 2019-2021 werde das Universitätsbudget um 1,3 Mrd. auf insgesamt 11 Mrd. € erhöht, betonte Gertraud Salzmann (ÖVP).
Gestiegen sei die Zahl der Beschäftigten an den Universitäten. Im Wintersemester 2019 waren es rund 60.700, darunter 49% Frauen. Das allgemeine Personal war mit 7,6% (Frauenanteil 62,9%) etwas stärker gestiegen als das wissenschaftlich-künstlerische Personal mit 7,1% (Frauenanteil 41,9%). Bei den ProfessorInnen stieg die Personalkapazität im Berichtszeitraum um 7% (168,2 VZÄ), die Zahl der Personen um 7,8% (2.690). Die Universitäten haben in den Jahren 2017 bis 2019 insgesamt 688 ProfessorInnen berufen, sagte Marin Graf (FPÖ). Die Zahl der Laufbahnstellen ist im Berichtszeitraum weiter gestiegen, nämlich um 10,8%. Rund 36% der Laufbahnstellen entfielen auf Frauen. Obwohl die Verteilung zwischen Männern und Frauen gegenüber 1992 gestiegen sei, wies Eva Blimlinger (Grüne) darauf hin, dass es weiterhin Bereiche gebe, wo Frauen massiv unterrepräsentiert seien.
Die Mehrzahl der Beschäftigungsverhältnisse an Universitäten (63,9%) werde befristet abgeschlossen. In diesem Zusammenhang machte Sibylle Hamann (Grüne) auf den von befristeten Stellen ausgehenden Druck aufmerksam. Die Attraktivität des Wissenschaftsstandorts leide darunter, sagte sie. An der Befristung der Stellen will Faßmann nichts ändern, jedoch früh über mögliche Laufbahnen aufklären.
Die Abgeordneten Helmut Brandstätter (NEOS) und Eva Maria Holzleitner (SPÖ) warben für eine rasche Umsetzung des Fonds Zukunft Österreich. Die Verhandlungen dazu laufen, betonte Faßmann. Das Wissenschaftsministerium habe großes Interesse an der Gründung. (Fortsetzung Wissenschaftsausschuss) gla/sox
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