Hüttenpacht in Coronazeiten: Herausforderung für den Alpenverein
Innsbruck (OTS) – Ob als Zwischenstation bei Mehrtagestouren, Stärkungsstation auf halbem Weg zum Gipfel oder Zufluchtsort bei nahendem Gewitter: Die 231 Schutzhütten des Alpenvereins erfüllen als „Inseln im Gebirge“ elementare Funktionen. Doch ohne Hüttenwirt*in keine funktionierende Hütte – die Suche nach qualifiziertem Personal wird durch die Corona-Krise nicht einfacher.
„Viele Leute romantisieren das Hüttenwirtsleben – dabei ist das ein knallharter Job“, sagt Peter Kapelari, Leiter der Abteilung Hütten, Wege und Kartographie des Österreichischen Alpenvereins. Neben der richtigen Motivation braucht es als Qualifikation beispielsweise noch den Trinkwasserwart, eine Kleinkläranlagenbetreiber-Prüfung oder die Ausbildung zum Brandschutzbeauftragten. Gibt es spezielle Technik, so wie eine Materialseilbahn, muss auch diese beherrscht werden. „Insgesamt stellt eine Hütte immer eine Inselsituation dar“, so Kapelari weiter. „Von der Versorgung mit Strom bis zur Entsorgung der Abfälle und alles dazwischen ist Aufgabe des Hüttenwirtes oder der Hüttenwirtin.“
Die Suche nach geeigneten Pächter*innen
Mit der Corona-Krise und den damit verbundenen Unsicherheiten wachsen natürlich auch die unternehmerischen Ängste. Und damit sinkt auch die Lust, etwas komplett Neues zu wagen, wie beispielsweise als Quereinsteiger eine Alpenvereinshütte zu übernehmen. „Mit der aktuellen Situation wird es bestimmt nicht leichter, geeignete Pächter und Pächterinnen für unsere Schutzhäuser zu finden“, prognostiziert Peter Kapelari. „Wobei es für die richtigen Personen durchaus ein zwar anstrengender, aber sehr erfüllender Beruf ist, für eine Hütte und die Gäste zu sorgen. Wer den Herausforderungen gewachsen ist, für den ist die Hüttenpacht oft die Erfüllung eines Lebenstraumes, aus einem Beruf wird da schnell eine Berufung.“
Fest steht: In einem Sommer, in dem Fernreisen tatsächlich in weite Ferne rücken, werden sich wieder viele Österreicher*innen zum „Urlaub daheim“ entschließen – und auch immer öfter Erholung in den Bergen vor ihrer Haustüre suchen. Dieses Szenario bestätigte auch der Sommer 2020, in dem der seit Jahren anhaltende Wanderboom nochmals befeuert wurde und einigen Hütten sogar Rekordzahlen bei den Tagesgästen einbrachte. Doch üben all die zusätzlichen Menschen auch einen entsprechenden Druck auf den sensiblen Naturraum der Berge aus – „es wäre eine massive Belastung für die Umwelt, würden alle Wanderer einfach irgendwo ihr Geschäft verrichten und querfeldein spazieren – unsere Hütten sind hier ein essentieller Faktor in der Besucherlenkung“, gibt Peter Kapelari zu denken.
Die Verantwortung der Alpenvereinshütten
Umso wichtiger, dass die Alpenvereinshütten ihrer Rolle und Verantwortung erneut gerecht werden und einigermaßen planbar im Bergsommer 2021 starten können – momentan ist laut Politik eine Öffnung der Schanigärten ab Ostern vorstellbar, eine befriedigende Situation für alpine Schutzhütten ist das aber nicht. „Auf über 2.000 Metern kannst du auch im Hochsommer plötzlich bei Minusgraden im Freien sitzen“, warnt Alpenvereinspräsident Andreas Ermacora. „Wir brauchen hier ein klares Konzept für unsere speziellen Anforderungen.“ Die neuen Hygienevorschriften und Sicherheitsvorkehrungen verlangen den Hüttenwirten zwar einiges ab aber haben sich bewährt. Im Sommer 2020 wurde keine einzige Corona-Infektion auf einer Alpenvereinshütte bekannt, was Optimismus für die Zukunft bringt. „Ein Restrisiko ist unvermeidbar, geschlossene Hütten aber wären ein programmiertes Risiko für Mensch und Natur! Die Leute werden in die Berge strömen, da braucht es geschickte Lenkung durch Ziele, Infrastruktur und Sicherheit“, so Ermacora abschließend.
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