Bundesrat gibt grünes Licht für weitere Gesetzesbeschlüsse des Nationalrats
Wien (PK) – Schwangere Beschäftigte, die bei der Arbeit physischen Kontakt mit anderen Personen haben, sind künftig ab Beginn der 14. Schwangerschaftswoche bei voller Lohnfortzahlung freizustellen. Ein entsprechender Gesetzesbeschluss des Nationalrats hat heute den Bundesrat passiert und kann damit noch vor dem Jahreswechsel in Kraft treten. Voraussetzung für die Freistellung ist, dass eine Änderung der Arbeitsbedingungen oder die Zuweisung eines anderen Arbeitsplatzes nicht möglich sind. Der Arbeitgeber erhält im Gegenzug die Lohnkosten, inklusive Lohnnebenkosten von der Krankenversicherung ersetzt. Gelten soll die Regelung vorerst bis 31. März 2021. Der Beschluss im Bundesrat fiel einstimmig.
Auch gegen weitere Nationalratsbeschlüsse hat der Bundesrat keinen Einspruch erhoben. Das betrifft etwa die Absenkung des aktiven Wahlalters bei Betriebsratswahlen von 18 auf 16 Jahre sowie die Erhöhung der staatlichen Zuwendungen an die Katholische Kirche, die Israelitische Religionsgesellschaft, die Altkatholische Kirche und die Evangelische Kirche, um den Geldwertverlust der letzten Jahre auszugleichen. In diesem Zusammenhang wurde auch ein Abkommen zwischen Österreich und dem Vatikan genehmigt. Um coronabedingte Einkommenseinbußen beim einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld zu vermeiden, können nächstes Jahr als Basis für die Berechnung auch Einkünfte aus dem Jahr 2019 herangezogen werden. Ein Entschließungsantrag der FPÖ, der auf eine Beibehaltung und Ausweitung der abschlagsfreien Frühpension bei 45 Arbeitsjahren abzielte, fand keine Mehrheit.
Freistellung von Schwangeren: BundesrätInnen orten Lücken
Ziel der Freistellungsregelung für schwangere Beschäftigte ist es, die Gefahr der Ansteckung mit dem Coronavirus zu minimieren. Unter anderem werden etwa Friseurinnen, Physiotherapeutinnen und Kindergartenpädagoginnen von der entsprechenden Novellierung des Mutterschutzgesetzes profitieren, wie die Vorarlberger Bundesrätin Heike Eder (ÖVP) erklärte. Auch Pflegerinnen sind laut Arbeitsministerin Christine Aschbacher umfasst. Die Politik reagiere damit auf neue Studien, wonach die Gefahr eines schweren Verlaufs einer COVID-19-Erkrankung mit fortschreitender Schwangerschaft steige, hob Eder hervor. Sie vermisst allerdings die Einbeziehung von Lehrlingen in die Freistellungs-Regelung und sieht außerdem in Bezug auf den Kostenersatz für Arbeitgeber einige offene Punkte.
Auch SPÖ und FPÖ orten noch Verbesserungsbedarf. Das Vorhaben sei zwar positiv, aber nur ein halber Schritt in die richtige Richtung, meinte etwa Sandra Gerdenitsch (SPÖ/B). Es brauche eine Regelung, die für alle Schwangere gelte. Auch schwangere Mitarbeiterinnen im Handel, im Kundendienst und in der Industrie seien gefährdet, hielt Elisabeth Grossmann (SPÖ/St) dazu fest. Zudem drängte die SPÖ auch darauf, freiberuflich tätige Schwangere miteinzubeziehen.
In eine ähnliche Kerbe schlug Marlies Steiner-Wieser (FPÖ/S). Es sei gut, dass davon 4.500 werdende Mütter profitieren. Lehrlinge, Selbständige und freiberuflich tätige Frauen blieben aber ausgeklammert, kritisierte sie. Zudem wäre ihrer Meinung nach eine andere legistische Lösung im Sinne der Unternehmen zielführender gewesen. Steiner-Wieser plädierte überdies dafür, betroffenen Schwangeren Wahlfreiheit zu geben, einige wollten die Freistellung vielleicht gar nicht. Seitens der Grünen hob die Wiener Bundesrätin Elisabeth Kittl hervor, dass der verankerte Kostenersatz gerade für kleinere Betriebe wichtig sei.
Allgemein warnte SPÖ-Bundesrätin Gerdenitsch davor, dass die Corona-Krise zu einer sozialen Krise für Frauen werde, besonders für Alleinerzieherinnen. Sie hält außerdem eine grundlegende Überarbeitung des Corona-Familienhärtefonds für überfällig.
Aschbacher stellt zeitnahe Evaluierung der Freistellungs-Regelung in Aussicht
Arbeitsministerin Christine Aschbacher hob die zahlreichen coronaspezifischen Unterstützungsleistungen für Familien hervor und wies darauf hin, dass die Sonderbetreuungszeit bisher zu einem Drittel von Vätern in Anspruch genommen wurde. Zum vorliegenden Entwurf merkte sie an, dass es dort, wo der gebotene Abstand und andere Schutzmaßnahmen eingehalten werden könnten oder es dort, wo Homeoffice möglich sei, kein erhöhtes Risiko für schwangere Frauen gebe. Sie sagte aber zu, das Gesetz zeitnah zu evaluieren und im Bedarfsfall auszuweiten. Die Kosten für die Freistellung bezifferte Aschbacher mit rund 10 Mio. € pro Monat. In Kraft treten werde das Gesetz mit der Kundmachung.
Im Zuge der Beratungen über den Entschließungsantrag der FPÖ betreffend eine Beibehaltung und Ausweitung der abschlagsfreien Frühpension wurden die altbekannten Argumente ausgetauscht. Während die Initiative von der SPÖ unterstützt wurde, äußerten sich ÖVP und Grüne ablehnend.
Mit den weiteren Beschlüssen des Nationalrats vom 10. und 11. Dezember wird sich der Bundesrat morgen beschäftigen. Dazu gehören etwa das Gesetzespaket gegen Hass im Netz und ein Steuerpaket. Eingeleitet wird der morgige Sitzungstag mit einer Aktuellen Stunde mit Innenminister Karl Nehammer zum Thema Extremismus in Österreich. Noch davor wird die scheidende Bundesratspräsidentin Andrea Eder-Gitschthaler ihre Abschiedsrede halten. (Schluss Bundesrat) gs
HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Live-Stream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.
———————————————————————
OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS. www.ots.at
(C) Copyright APA-OTS Originaltext-Service GmbH und der jeweilige Aussender. Pressedienst der Parlamentsdirektion – Parlamentskorrespondenz