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Nationalrat: Rechtliche Basis für Corona-Ampel mit den Stimmen von ÖVP, Grünen und SPÖ beschlossen

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Wien (PK) – Der intensive Gesetzwerdungsprozess rund um die rechtliche Verankerung der Corona-Ampel sowie von umfassenden Betretungs- und Ausgangsregelungen nahm heute im Nationalrat seine erste parlamentarische Hürde. Nach zwei Begutachtungsverfahren, über 16.400 Stellungnahmen und einem Expertenhearing wurden die Novellen zum Epidemie-, Tuberkulose- und COVID-19-Maßnahmengesetz nun auch im Plenum der Fassung eines Abänderungsantrags in Dritter Lesung mit den Stimmen von ÖVP, Grünen und SPÖ beschlossen.

Bereits am Montag wurde im Gesundheitsausschuss von den Koalitionsparteien ein gesamtändernder Abänderungsantrag eingebracht und mit ÖPV-Grünen-SPÖ-Mehrheit beschlossen, der eine Reihe von Neuerungen enthielt, wie etwa eine Klarstellung der Zuständigkeiten -Verordnungen sind nun primär vom Gesundheitsminister zu erlassen -, eine rechtliche Basis für die Datenbekanntgabe bei Einreisen aus Corona-Risikogebieten, die Möglichkeit zur „Ausübung familiärer Rechte und Erfüllung familiärer Pflichten“ im Fall von Ausgangsverboten sowie eine Einschränkung der Kontrollen durch die Behörden auf „seuchenrelevante“ Unterlagen zum Schutz der Berufsgeheimnisse. Das COVID-Maßnahmengesetz wird zudem nicht wie ursprünglich vorgesehen bis Ende 2021 verlängert, sondern nur bis 30. Juni 2021. Eine Verlängerung um ein halbes Jahr soll jedoch per Verordnung möglich sein, wenn dies aus epidemiologischer Sicht als notwendig erachtet wird.

Ein weiterer Antrag sah die Beschaffung von Schutzausrüstung für bestimmte Berufsgruppen im Gesundheits- und Sozialbereich (ÄrztInnen, ApothekerInnen, Hebammen bis SozialarbeiterInnen) durch die Österreichische Gesundheitskasse vor, der heute im Plenum die Zustimmung aller Fraktionen fand. Außerdem wird durch Anpassung mehrerer Sozialversicherungsgesetze KassenärztInnen und selbständige Vertragsambulatorien für Labormedizin die Berechtigung erteilt, COVID-19-Tests durchführen zu können. Diese werden für die PatientInnen kostenlos sein, da Zuzahlungen dezidiert ausgeschlossen werden. In beiden Fällen übernimmt der Bund die Kosten, die Mittel dafür stammen aus dem COVID-19-Krisenbewältigungsfonds.

Die SPÖ warf der Regierung zwar vor, den Vorsprung in Sachen Corona durch eine Laissez-Faire-Politik fahrlässig verspielt zu haben, bekannte sich aber zur dringend notwendigen „Reparatur des COVID-19-Maßnahmengesetzes“, wobei sie in zweiter Lesung eine getrennte Abstimmung über die Sammelnovelle verlangten. Klubobfrau Pamela Rendi-Wagner zeigte sich grundsätzlich zufrieden mit der Letztversion des COVID-19-Maßnahmengesetzes, da es durch beharrliche Verhandlungen gelungen sei, die noch bestehenden Schwachstellen zu beseitigen. Nunmehr müsse etwa bei einer Verlängerung des Gesetzes der Hauptausschuss eingebunden sowie die Empfehlungen der Corona-Kommission veröffentlicht werden, hob Jörg Leichtfried hervor (SPÖ). Außerdem werden die Kontrollbefugnisse der Behörden auf relevante Unterlagen eingeschränkt und im Falle von Ausgangsbeschränkungen persönliche Kontakte zu den engsten Bezugspersonen ermöglicht. Der von der SPÖ eingebrachte Entschließungsantrag, in dem die Einführung von 15-minütigen Maskenpausen nach zweistündiger Tragedauer bei Arbeiten, bei denen das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes angeordnet wird, gefordert wurde, verfiel der Ablehnung.

Eine völlig konträre Ansicht vertrat die FPÖ, die sogar einen Misstrauensantrag gegen die gesamte Regierung einbrachte, den der freiheitliche Klubobmann Herbert Kickl als einen „Akt der Notwehr“ bezeichnete. Insbesondere den Gesundheitsminister, der für ihn so etwas Ähnliches wie eine „männliche Ausgabe der Ulrike Lunacek“ darstelle, zeichne eine „besondere negative Exzellenz“ aus. Außerdem wolle man damit klar zum Ausdruck bringen, dass die Freiheitlichen beim „Corona-Wahnsinn“ nicht mitmachen. Bei der Abstimmung fanden weder der Misstrauensantrag noch die Forderung, den Gesetzesbeschluss vor seiner Beurkundung durch den Bundespräsidenten einer Volksabstimmung zu unterziehen, eine Mehrheit.

Massive verfassungsrechtliche Bedenken meldeten die NEOS an. Sie brachten zudem einen Antrag ein, die Materie noch einmal an den Gesundheitsausschuss zurückzuverweisen; dieser fand jedoch keine Mehrheit.

Neben der rechtlichen Verankerung der Corona-Ampel und der Corona-Kommission, werden die Novellen zu mehr Transparenz, Effizienz und Kontrolle beitragen, unterstrich Gesundheitsminister Rudolf Anschober, der sich angesichts der größten Pandemie seit 100 Jahren einen politischen Grundkonsens wünschte.

FPÖ: Regierung zieht „Spur der Verwüstung“ durch das ganze Land

Nach Auffassung des freiheitlichen Klubobmanns Herbert Kickl gehe es bei der heutigen Debatte um viel mehr als um gesundheitspolitische Fragen, nämlich um das „Eingemachte“. Durch den „Feschismus“ der Regierung, die eine „X-Large-Zerstörungspolitik made by Regierungsmitgliedern in Slim-Fit-Anzügen“ betreibe, stünde nämlich nichts weniger als das „Herz-Kreislauf- sowie das Nervensystem“ der Republik auf dem Spiel. In kürzester Zeit sei nicht nur ein Wohlstand vernichtet worden, der über Generationen aufgebaut wurde, sondern auch die Weichen für Massenarbeitslosigkeit, Pleitewellen und die Zerstörung von Existenzen gelegt. Zusätzlich wurde noch massiv in die Grund- und Freiheitsrechte der BürgerInnen eingegriffen und Strafen verhängt, für die es keine gesetzliche Deckung gab. Das gesamte Land werde in einen Notstandsmodus versetzt, um die Bevölkerung vor etwas zu retten, das nicht einmal ansatzweise so bedrohlich sei, wie man den Menschen permanent einreden wolle. Dennoch werde „mit einem Hammer versucht, eine Fliege zu erschlagen“, obwohl dabei das ganze Mobiliar kaputt geht, wie es der schwedische Chefepidemiologe so treffend formuliert habe. Auch bei keiner anderen Infektionskrankheit würden so massive Maßnahmen wie bei Corona ergriffen, führte Kickl ins Treffen, der auf die Einhaltung des Prinzips der Verhältnismäßigkeit pochte. Dass die SPÖ dieser „schwarz-grünen Dampfwalze noch den Weg frei mache“, sei völlig unverständlich, zumal die angeblichen Verhandlungserfolge ein „Witz seien.“ ÖVP-Klubobmann Wöginger habe wohl heute einen Muskelkater, weil er sich gestern Abend „den Bauch halten musste vor lauter Lachen“. Stattdessen sollte man an die Eigenverantwortung und den Hausverstand appellieren, um das Jahr relativ unbeschadet und ohne drastische Einschränkungen zu überstehen, unterstrich der FPÖ-Klubobmann.

Mit diesem Gesetz werde eine Grundlage für exzessive Anschläge auf die Grundrechte der BürgerInnen, auf die persönliche Freiheit, die Bewegungsfreiheit, auf körperliche Integrität und auf Erwerbsfreiheit geschaffen, entrüstete sich auch Abgeordnete Susanne Fürst (FPÖ). Im Gegensatz zu einem „Testtsunami“, etwa auch an Schulen, sollten aus ihrer Sicht Tests nur bei Menschen mit ernsthaften Krankheitssymptomen durchgeführt werden. Die Bundesregierung ignoriere, dass das Coronavirus nicht so gefährlich sei wie befürchtet, so Fürst. Man müsse mit der Infektionskrankheit leben wie mit anderen bestehenden auch – die Maßnahmen im Gesetz seien unverhältnismäßig. Laut Hannes Amesbauer (FPÖ) werde mit den Vollmachten für den Gesundheitsminister teilweise die Gewaltenteilung ausgehebelt. Für sie stelle die heutige Debatte einen echten Tiefpunkt dar, weil ein Gesetz beschlossen werde, das massiv in die Grund- und Freiheitsrechte eingreift, urteilte Abgeordnete Dagmar Belakowitsch (FPÖ). Der freiheitliche Gesundheitssprecher Gerhard Kaniak merkte zudem noch an, dass der vorliegende Entwurf keine einzigen Änderungen enthalte, die auf Anregungen der Experten im Hearing zurückgehen. Unter einer verantwortungsvollen, demokratischen Gesetzwerdung stelle er sich etwas anderes vor.

Grüne: Bestmögliche Bekämpfung der Begleiterscheinungen der Pandemie

Grüne-Klubobfrau Sigrid Maurer war überzeugt davon, dass es der Regierung in der schwersten Krise seit Jahrzehnten in Bezug auf die gesetzlichen Regelungen grundsätzlich gelungen sei, für eine ausgewogene Mischung aus Schutz vor der Epidemie und Einhaltung der Grund- und Freiheitsrechte zu sorgen. Die Freiheitlichen hingegen würden mit ihrem Zick-Zack-Kurs zur Verunsicherung der Bevölkerung beitragen, obwohl genau das Gegenteil notwendig wäre. Sie erinnerte Kickl unter anderem daran, dass er selbst im März einen noch viel radikaleren Lockdown gefordert habe. Aber auch die Verharmlosungsstrategie der FPÖ sei angesichts von 971.000 Corona-Toten weltweit zu verurteilen und verantwortungslos. Es sei richtig, dass nicht immer alles rund gelaufen sei, räumte Maurer ein, aber konstruktive Kritik sei von ÖVP und Grünen immer ernst genommen worden. So auch im vorliegenden Fall, wo nach über 16.000 Stellungnahmen, der Einbindung von ExpertInnen und vielen Diskussionen ein Gesetzesentwurf vorliegt, der zahlreichen Bedenken Rechnung trägt.

Im Besonderen hob sie ebenso wie Abgeordneter Erwin Schallmeiner (Grüne) dabei die Einbindung des Hauptausschusses bei gravierenden Maßnahmen (z.B. Ausgangsbeschränkungen), den ausdrücklichen Schutz des Privatbereichs sowie die Möglichkeit hervor, auf regionaler Ebene differenziert vorzugehen. Weitreichende Maßnahmen könnten zudem nur im Einvernehmen mit dem Hauptausschuss umgesetzt werden, zeigte Schallmeiner auf. Was auch immer vergessen werde, sei der Umstand, dass die Ausnahmebestimmungen bei den Ausgangsregelungen als Mindeststandards definiert sind. Der heute noch eingebrachte Abänderungsantrag sehe unter anderem Konkretisierungen für die Veranstaltungen sowie die Veröffentlichung der Empfehlungen der Corona-Kommission auf der Homepage des Ministerums vor. Georg Bürstmayr (Grüne) lobte den intensiven Gesetzwerdungsprozess, bei dem auf Kritik gehört und viele Vorschläge aus der Begutachtung aufgenommen worden seien. Mit dem Gesetz werde kein „Unterdrückungsinstrumentarium“ geschaffen, sondern der Gesundheitsminister bekomme einen ausdifferenzierten Werkzeugkasten zum Umgang „mit der größten Gesundheitskrise seit 100 Jahren“.

ÖVP: Gute Balance zwischen Schutz der Gesundheit und einschränkenden Maßnahmen

Um einer weltweiten Pandemie besser begegnen zu können, brauche es solide gesetzliche Rahmenbedingungen, erklärte ÖVP-Abgeordnete Gabriela Schwarz. Deshalb wurden in der Novelle auch „Sicherungsschleifen“ eingezogen, wie zum Beispiel die Einbindung des Hauptausschusses des Nationalrats oder die Verankerung der Corona-Kommission, erläuterte Abgeordneter Josef Smolle (ÖVP). Für die Regierung sei immer im Fokus gestanden, einen Weg zu finden, der ein Gleichgewicht zwischen Gesundheit und Wirtschaft schafft. Das von der FPÖ immer wieder vorgebrachte Argument, dass der schwedische Weg besser sei, sei angesichts der hohen Todeszahlen mehr als zynisch, beklagte Schwarz. Außerdem stiegen dort die Infektionszahlen derart rasch an, dass wieder strengere Vorschriften angedacht würden.

Seitens der ÖVP betonte noch Werner Saxinger (ÖVP), man wolle einen neuerlichen Lockdown mit allen Mitteln verhindern und die Schulen unbedingt offen halten. Das könne nur gelingen, wenn alle mittun. Eva-Maria Himmelbauer (ÖVP) verwies darauf, dass hohe Infektionszahlen neben gesundheitlichen auch wirtschaftlichen Schaden bedeuten. Hervorgehoben wurde von RednerInnen der ÖVP unter anderem auch, dass nunmehr die Verfassungskonformität des Gesetzes sowie die Privatsphäre sichergestellt seien.

SPÖ: Weitreichende Verbesserungen im COVID-19-Maßnahmengesetz konnten erreicht werden

SPÖ-Klubobfrau Pamela Rendi-Wagner gab eingangs ihrer Wortmeldung zu bedenken, dass Österreich mittlerweile viermal so hohe Infektionszahlen aufweise wie Italien. Wenn man sich die ganze EU anschaue, dann seien es sogar 20 Länder, die eine wesentlich niedrigere Neuinfektionsrate hätten. Aufgrund von Planlosigkeit und Untätigkeit sei die Regierung unvorbereitet in den Sommertourismus und den Schulstart gegangen und habe somit den ursprünglichen Vorsprung Österreichs fahrlässig verspielt, lautete ihre zentrale Kritik. Noch immer können Menschen aus Risikogebieten wie z.B. Brasilien nach Wien reisen, ohne am Flughafen kontrolliert zu werden. Nicht nur in Deutschland galt in den Sommermonaten in den meisten Bundesländern eine Maskenpflicht, auch in Schweden waren viel schärfere Bestimmungen im Bereich der Nachtgastronomie, Bars und Veranstaltungen in Kraft, zeigte Rendi-Wagner auf. Die Regierung müsse aus den Fehlern lernen und so rasch wie möglich u.a. einen Plan für die Schulen sowie eine durchdachte Teststrategie vorlegen. Außerdem brauche es Konzepte für den Wintertourismus.

Was die Reparatur des COVID-19-Maßnahmengesetzes betrifft, so nehme die SPÖ im Gegensatz zu den NEOS, die Fundamentalopposition betreiben, ihre Verantwortung wahr, um die zahlreichen Schwachstellen zu beseitigen und um eine verfassungskonforme Lösung zu ermöglichen, betonte Rendi-Wagner. Ebenso wie Abgeordneter Jörg Leichtfried ging sie näher auf die erzielten Verbesserungen, wie etwa die bessere Einbindung des Parlaments, die zeitliche Begrenzung des Gesetzes, die Einschränkung der überschießenden Kontrollbefugnisse sowie den wesentlich besseren Schutz des privaten Wohnbereichs ein. Die Bedenken der NEOS wies Leichtfried zurück und betonte, alle bedeutenden Verfassungsjuristen hätten die Verfassungsmäßigkeit dieses Gesetzes anerkannt.

Auch weitere RednerInnen der SPÖ strichen die nunmehrige Verfassungskonformität der Vorlagen hervor. Es sei wichtig, den „Murks“ an Verordnungen mit diesem Gesetz jetzt zu reparieren, so etwa Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ). Es gebe aber weiterhin auch Diskussionsbedarf, etwa zum Thema Maskenpausen. Oder im Hinblick auf Seniorenheime, die nicht sofort wegen eines einzigen Falls gesperrt werden sollten, brachte Dietmar Keck (SPÖ) vor. Wie auch Philip Kucher (SPÖ) hob er an nunmehrigen Verbesserungen im Gesetz unter anderem die stärkere Einbindung des Parlaments hervor. Kucher appellierte an alle Fraktionen, ernst zu nehmen, was aus der hohen Zahl der Stellungnahmen erarbeitet wurde und heute miteinander die gesetzliche Grundlage – eben auch für die Corona-Ampel – zu beschließen.

NEOS: Verhältnismäßigkeit und verfassungsrechtliche Sensibilität nicht gegeben

NEOS-Abgeordneter Gerald Loacker hätte sich alltagstaugliche Lösungen gewünscht und nicht ein „Gesetz des Zu-, Ab- und Wegsperrens“, das nun zum Beschluss vorliege. „Keiner mache ein Gesetz, dass Ausgangssperren regelt, wenn er nicht Ausgangssperren plant“, so Loacker. Dem Gesundheitsminister, der ein halbes Jahr bewiesen habe, dass er keine Verordnung „gescheit auf die Reihe kriegt“, werden so weitreichende Kompetenzen in die Hand gegeben, dass er sogar die Benutzung von Privat-PKW verbieten oder Straßensperren verhängen könne. Die COVID-19-Erkrankung sei ein ernst zu nehmendes Risiko, meinte Loacker, inzwischen aber gut bewältigbar. Dies sei der entscheidende Unterschied zu der Situation im März. Es wäre daher absolut nicht notwendig gewesen, rechtlich dafür vorzusorgen, dass im Extremfall die gesamte Bevölkerung in den Wohnungen eingesperrt werden könnte. Kritisch beurteilte Loacker auch den Gesetzwerdungsprozess, zumal auch der letzte Entwurf den Fraktionen erst am Sonntagnachmittag übermittelt worden sei. Nicht einmal allen Experten sei die letzte Version der Novellen zur Verfügung gestanden; dies sei eine Verhöhnung des Parlaments. Überdies habe es der Minister nicht einmal für notwendig gehalten, auch nur einen Satz im Hearing zu sagen. Loacker schloss mit dem Appell, sich bitte nicht an all das zu gewöhnen, was hier passiere.

Sein Parteikollege Nikolaus Scherak vermisste bei den Corona-Gesetzen vor allem eine Sensibilität in verfassungsrechtlichen Fragen. Das COVID-19-Maßnahmengesetz räume dem Ressortchef nun noch mehr Kompetenzen ein, bemängelte er, und der Hauptausschuss werde nur bei Verordnungen des Ministers eingebunden. Zudem könne auf Basis der Betretungsverbote, die nicht einmal Ausnahmen vorsehen würden, „über die Hintertür“ wieder ein Lockdown verordnet werden. Dies bedeute, dass die Menschen in einzelnen Bezirken oder Bundesländern komplett eingesperrt werden könnten. Er habe es satt, von einem „Show-Team aus Politamateuren regiert zu werden“, merkte Josef Schellhorn an, weil damit nicht die realen und konkreten Probleme der Menschen und UnternehmerInnen im Land gelöst würden.

Anschober plädiert für einen Grundkonsens zur Überwindung der schwersten Pandemie seit 100 Jahren

Angesichts der schwersten Pandemie seit 100 Jahren, der stärksten Rezession seit 90 Jahren und dem größten Beschäftigungsrückgang in Österreich seit den 50er Jahren erwarte sich die Bevölkerung zu Recht einen Grundkonsens in der Politik, erklärte Gesundheitsminister Rudolf Anschober. Trotz der Öffnungsschritte sei die Lage während des Sommers stabil gewesen, erst ab dem 8. September stiegen die Infektionszahlen wieder deutlich an. Dieser Aufwärtstrend konnte aufgrund der gemeinsamen Anstrengungen und mit Hilfe eines soliden Gesundheitssystems wieder gebremst werden, erläuterte Anschober.t Alarmierend sei jedoch die Zunahme der Hospitalisierungszahlen, auf die sich die Anstrengungen konzentrieren müssten. Alle ExpertInnen seien sich darin einig, dass Österreich derzeit an einer entscheidenden Weggabelung stehe. Das primäre und gemeinsame Ziel müsse es daher sein, unter allen Umständen einen zweiten Lockdown zu verhindern, bekräftigte der Minister. Was die konkreten Gesetzesänderungen betrifft, so denke er, dass alle substantiellen Anregungen umgesetzt werden konnten. Als Beispiele führte er an, dass es nun auf Basis des COVID-19-Maßnahmengesetzes möglich sei, Abstandsregelungen festzulegen und regional differenzierte Maßnahmen zu ergreifen, wobei auch Ergänzungen und Verschärfungen auf lokaler Ebene erlaubt seien. Rechtlich verankert werden nun auch die Corona-Ampel und die Corona-Kommission, um die Österreich „von halb Europa“ beneidet werde. Wenn nun auch dieser Grundkonsens wieder einkehre, dann könne man die Zeit bis zur Einführung einer Impfung gut überstehen, zeigte sich Anschober sicher. (Fortsetzung Nationalrat) sue/mbu

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Live-Stream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.

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