TIROLER TAGESZEITUNG „Analyse“ Montag, 23. Dezember 2019, von Karin Leitner: „Warum tut sich Rendi-Wagner das an?“
Wien, Innsbruck (OTS) – Jäh hat sich Christian Kern aus der Politik verabschiedet, damit auch als Chef der SPÖ. Ein Nachfolger musste her; er plädierte für Pamela-Rendi-Wagner als Frontfrau der Roten. Sie war zwar ein paar Monate Ministerin in Kanzler Kerns Kabinett, Parteipolitik-Erfahrung hatte sie aber keine. Somit auch keine Hausmacht. Der rote Zuspruch war dennoch groß. Mit 97,81 Prozent der Delegiertenstimmen wurde sie im November 2018 an die Spitze der SPÖ gehoben; eine Frau an dieser war eine Premiere in der 1888 gegründeten Partei. Die Geschlossenheit währte nicht lang. Immer wieder sagten Genossen öffentlich, was die SPÖ aus ihrer Sicht zu tun und zu lassen habe – Ezzes kamen vor allem vom Tiroler Georg Dornauer und dem Burgenländer Hans Peter Doskozil. Dennoch wurde Rendi-Wagner zur Spitzenkandidatin für die Nationalratswahl gekürt. Verantwortung für die Partei übernehmen wollten die verbal starken Männer nämlich nicht. Und so wirkte Rendi-Wagner trotz der Wahlniederlage weiter. Beraten war sie trotz hoher Honorare für Berater schlecht. So ließ sie Christian Deutsch, er entstammt der Faymann-Partie, den Wahlkampf leiten. Und obwohl er den vergeigt hatte, machte sie ihn hernach zum Manager der Partei. Den Anspruch, gegen Jobabbau zu wettern, haben die beiden der SPÖ genommen – wegen und ob der Art der Kündigung eigener Leut’.
Die Kritiker waren schon vorher nicht zimperlich. Internes spielten sie nach außen, auch dieser Tage war das der Fall. Ein geheimer Tonbandmitschnitt der Betriebsversammlung in der SPÖ-Zentrale ist an den ORF ergangen – bei einem ZiB2-Interview wurde die Vorsitzende damit konfrontiert.
Nicht erst angesichts dessen, schon lange ist zu fragen: Warum tut sich Rendi-Wagner das an? Warum schmeißt sie den Job nicht hin? Finanziell darben müsste sie ohne ihn nicht; sie hat ein Nationalratsmandat, als Medizinerin könnte sie ebenfalls werken. Den Zeitpunkt des Abgangs sollte man selber wählen, nicht warten, bis man gegangen wird. Und das wird sie werden.
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