60. Wiener Gemeinderat: Budget-Debatte 2020 (5) | Brandaktuell - Nachrichten aus allen Bereichen

60. Wiener Gemeinderat: Budget-Debatte 2020 (5)

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Wien (OTS/RK) – GR Thomas Weber (NEOS) freute sich über die seltene Gelegenheit im Wiener Gemeinderat über Europa sprechen zu können. „Städte sind der Motor Europas“, betonte Weber. Seine Fraktion stehe für die „Vereinigten Staaten von Europa“ und sie bekenne sich zur Idee der „europäischen Integration“, insbesondere der ArbeitnehmerInnen-Freizügigkeit. Den von Bürgermeister Ludwig propagierten „Wien Bonus“ lehne er daher ab. Weber forderte ein „Mehr an Europa“, insbesondere beim Klimaschutz, bei der Finanz- und Währungspolitik, der Verteidigung und im Bereich Asyl und Integration. Am Ende seiner Wortmeldung widmete sich Weber dem Thema Wahlrecht. Viele Menschen seien derzeit von demokratischen Prozessen ausgeschlossen, da sie in Wien weder ein aktives noch ein passives Wahlrecht hätten, obwohl sie ihren Lebensmittelpunkt hier haben. Er brachte einen Mehrparteienantrag ein, der das aktive und passive Wahlrecht für EU-BürgerInnen auf allen Ebenen fordert.

GRin Mag.a Caroline Hungerländer (ÖVP) sprach ebenfalls zum Thema EU und einer möglichen Erweiterung der Union auf dem Westbalkan. Hungerländer fragte sich, ob eine Erweiterung beim „aktuellen Zustand der EU“ überhaupt möglich sei und ob andererseits „das Projekt EU ohne den Westbalkan vollständig sein kann“. Sie argumentierte, in Österreich sei man mit dem Westbalkan „unmittelbar kulturell verbunden“ und befürwortete eine starke Rolle der EU am Westbalkan. Die EU müsse dort „ihre Werte vertreten“ und dürfe „das Vakuum nicht China oder der Türkei überlassen“. Der Balkan „brauche die EU und diese müsse dort geradlinig vorgehen“. Sie forderte in einem Antrag das Eintreten Wiens für die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit Albanien und Nordmazedonien. In einem weiteren Antrag forderte Hungerländer von der Stadt Wien weitere Städtepartnerschaften mit afrikanischen Kommunen einzugehen, um den Austausch und die Zusammenarbeit mit Afrika zu verbessern.

GRin Brigitte Meinhard-Schiebel (Grüne) blickte in ihrer Rede ebenfalls „über die Grenzen“. Sie zeichnete ein Bild der politischen Landschaft Europas: Am Beispiel Brexit zeige sich, „wie Rechte ein ganzes Land an die Wand fahren“ könnten. Sie schöpfte allerdings auch Hoffnung daraus, dass in vielen Ländern „rechtspopulistische und autoritäre Systeme an ihre Grenzen stoßen“. Gerade in den Städten der so genannten Visegrad-Staaten, wie beispielsweise Budapest oder Bratislava, seien jüngst „nicht autoritäre“ Parteien in Regierungsverantwortung gekommen. Für Meinhard-Schiebel sei die „Zusammenarbeit mit diesen Städten eine Chance für Wien“. Schon jetzt leiste die Stadt Wien ihrer Meinung nach „hervorragende Arbeit“ in der internationalen Zusammenarbeit, wie etwa bei der „Donauraum-Strategie“. Europa verändere sich derzeit mit Bewegungen wie „Fridays For Future“ von „unten“, analysierte Meinhard-Schiebel. Wien müsse diese Veränderungen unterstützen.

GR Christian Unger (FPÖ) sah in der Ankündigung „keine neuen Schulden“ zu machen einen „Haken“: der Voranschlag weise eine „negative Einnahmen-Ausgaben-Bilanz“ von 230 Millionen Euro auf und verstecke diese mit einem „Finanzbilanztrick“. Das fände er „nicht in Ordnung“. Auch der Aufschub eines Refinanzierungsbedarfs bis ins Jahr 2030 sei „keine ehrliche Politik“. Er kritisierte die hohen Ausgaben für die Mindestsicherung und erinnerte an eine Warnung des Stadtrechnungshofs, wonach „ohne Reform eine Kostenexplosion auf eine Milliarde Euro bis zum Jahr 2022“ drohe. Unger forderte in einem Antrag die Abschaffung des Wiener Valorisierungsgesetzes und reichte außerdem einen Antrag auf eine Senkung der Wasser- Müll- und Kanalgebühren um 20 Prozent ein.

GR Jörg Neumayer, MA (SPÖ) erinnerte daran, dass Wien „in vielen Bereichen die Nummer Eins“ sei. Wien tätige „Investitionen, die wirken“ und habe „sein Budget im Griff“. Mit der „Digitalen Agenda“ sei man auf dem Weg zur „Digi-Hauptstadt Europas“ und mit der vierten Säule der Smart City Strategie, der Inklusion, tue Wien alles dafür, „alle WienerInnen mitzunehmen“. Mit dem Einsatz von künstlicher Intelligenz und „Machine Learning“ sei man „Vorreiter in Europa“, so Neumayer weiter. Man wolle so „BeamtInnen entlasten, die Effizienz steigern und das Serviceangebot erhöhen“. Als Beispiele führte er den WienBot, den digitalen Assistenten der Stadt und den selbstfahrenden Bus in der Seestadt an. Die Digitalisierung bringe auch Herausforderungen mit sich, etwa in den Bereichen Kommunikation und Medien. Die Stadt stelle sich hier gegen globale Trends und stärke mit der „Medieninitiative Wien“ den Medienstandort und erkenne die „essentielle Rolle des Journalismus“ für die Demokratie an. Für einen starken Medienstandort und Pluralismus brauche es eine lebendige Medienszene mit „regional ansässigen JournalistInnen“ die über „Wiener Inhalte“ berichteten.

GR DI Martin Margulies (Grüne) machte in seiner Rede die Finanzmittel für die Bezirke zum Thema. Es freue ihn, dass erstmals die „200-Millionen-Schallmauer“ durchbrochen wurde. Man müsse auf Bezirksebene „mehr Mittel in die Hand nehmen“, vor allem Schulsanierungen würden die Bezirksbudgets stark belasten. Die Kritik an der „Rücklagenzuweisung“ teilte Margulies nicht. Es sei für ihn „klar“, dass dies im Voranschlag nur „minimal“ inkludiert sei, die „Frage der Rücklagen entscheidet sich erst im Laufe des Jahres“. Dem Vorschlag der FPÖ, die Gebühren für Wasser, Müll und Kanal um 20 Prozent lehnte er ab, dies „schädige die Stadt“. Margulies könne auch das von der FPÖ vorgerechnete Einsparungspotenzial bei Vereinen von einer halben Milliarde Euro nicht nachvollziehen. Zur Frage von Regulierung und Deregulierung meinte er, dass Normierung ein „wesentlicher Faktor“ von Wirtschaftswachstum sei und häufig von der Wirtschaft selbst gewünscht werde. Er widersprach außerdem seinem Vorredner Stark von der FPÖ: „Drei Viertel aller Insolvenzen“ hätten ihre Ursache „in persönlichen Fehlern, nicht in staatlichem Handeln“.

Klaus Handler (FPÖ) wiederholte die Vorwürfe gegen Stadtrat Hanke:
Er hätte beim Erstellen des Budgets wie ein geschickter „Hütchenspieler“ Risiken versteckt, und mit „Taschenspielertricks“ das Nulldefizit am Papier geschafft. Handler wollte von „10.000 arbeitslosen Jugendlichen, 30.000 Arbeitslosen über 50 Jahre und insgesamt 107.000 Menschen ohne Job“ in der Stadt wissen. Die „geringen Verbesserungen“ am Arbeitsmarkt so positiv zu verkaufen bezeichnete er von der Stadtregierung als „gewagt“. Besonders problematisch sah Handler den Anstieg der Arbeitslosigkeit bei Frauen. Dies sei trotz der zahlreichen Initiativen für mehr Beschäftigung bei den Frauen „kein positives Signal“. Er forderte, dass man sich „nicht auf aktuellen Zahlen ausruhen“ dürfe, „Wien wählt den falschen Weg“.

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