TIROLER TAGESZEITUNG „Leitartikel“ Freitag, 28. Juni 2019, von Manfred Mitterwachauer: „Das Ziel ist noch lange nicht erreicht“
Innsbruck (OTS) – Lkw-Fahrverbote werden verschärft, der Pkw-Ausweichverkehr ausgebremst, die Blockabfertigung bleibt: Tirol kämpft gegen den Transitverkehr an. Der Lenkungseffekt wird aber ein geringer bleiben, solange die Kostenwahrheit ein Stiefkind ist.
Der Brennerkorridor ist und bleibt der billige Alpen-Jakob für die internationale Frächterwirtschaft. Gepaart mit einem heimischen Schienenangebot, welches aufgrund schlechter Rahmenbedingungen den Zusatz „Alternative zur Straße“ kaum verdient, braucht es einen also nicht wundern, dass sich über den Brenner pro Jahr bereits mehr Lkw quälen, als das an allen Alpenübergängen in der Schweiz und Frankreich zusammen der Fall ist, wie erst am Mittwoch der Verkehrsclub Österreich vorrechnete.
Während man in Tirol auf der Inntal- und Brennerautobahn mit den Mauttarifen bereits am – derzeit – rechtlich möglichen Plafond ist, hapert’s in Südtirol und Bayern. Auf den dortigen Abschnitten ist die Lkw-Maut nach wie vor zum Dumpingpreis erhältlich. Zumindest besteht in Südtirol mit der – ebenso bereits vor einem Jahr versprochenen, bis dato aber noch nicht vollzogenen – Übernahme der Autobahnkonzession ein Bekenntnis des Landes zur schrittweisen Angleichung. Bayern hat sich diesbezüglich noch von keinem die Lederhosen ausziehen lassen. Dass der Billig-Sprit in Tirol zusätzlich den Schwerverkehr wie die Motte ins Licht lockt – das kann sich Österreich mit dem steuerbegünstigten Diesel selbst zuschreiben. Wenn nun Tirol das bis dato löchrige sektorale Lkw-Fahrverbot endlich nachschärft, alte Stinker weiter vom Transitverkehr ausschließt und – wenngleich erst 2021 – das Nachtfahrverbot enger zieht, dann hat das weniger mit einem nachhaltigen Lenkungseffekt zu tun, sondern mehr mit einem Polit-Signal an die Bayern im Speziellen und die internationale Frächterlobby im Allgemeinen: „Wer nicht hören will, der muss fühlen.“ Wächst der Druck, wächst vielleicht auch die Bereitschaft zur Kooperation – die da aus Tiroler Sicht nur lauten kann: Schaffung einer Kostenwahrheit und Belastungsgerechtigkeit im transeuropäischen Güterverkehr. Dazu gehört neben einer Korridormaut zwischen München bzw. Rosenheim und Verona, die jedoch bereits auf der neuen EU-Wegekostenrichtlinie (Einpreisung von Umweltfaktoren) beruhen muss, auch die Beschränkung des Schwerverkehrs durch den Flaschenhals Inn- und Wipptal. Ein Limit, wie es einst zu Zeiten des Transitvertrags bereits galt.
Von all dem ist Tirol noch meilenweit entfernt. Mit dem jetzigen Verbotspaket für Lkw (aber auch Pkw) dürfte der Verkehr nur marginal verringert und wohl kaum verlagert werden. Das entscheidende Match steht LH Günther Platter (VP) und LHStv. Ingrid Felipe (Grüne) erst noch bevor.
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