Beruf der JustizwachebeamtInnen attraktiver machen
Wien (PK) – „Der Beruf des Justizwachebeamten ist von enormer Bedeutung für die Gesellschaft“, betonte der Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz Josef Moser bei einer Aussprache über aktuelle Fragen im Justizausschuss des Nationalrats. Die Justizwache verfüge über 3.422 Planstellen; mit Stichtag 1. August seien 3.121 davon besetzt. Berechnet man Karenzierungen und BeamtInnen mit ein, die in reduzierter Wochenzeit arbeiten, komme man auf einen Unterstand von 214 Planstellen – ein Besetzungsstand von 91 Prozent. Derzeit seien 186 Personen in Grundausbildung, im März 2019 würden weitere 132 Justizwacheschüler dazukommen. Damit würde der Minusstand auf 80 reduziert werden.
„Allerdings müssen wir alles daransetzen, neues Personal zu rekrutieren“, unterstrich Moser. „Wir müssen das Berufsbild attraktiver darstellen. Das ist nicht leicht, weil wir mit der Polizei und dem Bundesheer attraktive Arbeitgeber als Konkurrenten haben.“ Moser hob die Attraktivität des Berufs des Justizwachebeamten hervor: „Unsere Justizwachebeamtinnen und -beamten sind Wegweiser für die Strafgefangenen auf ihrem Weg zur Reintegration. Das ist eine fordernde, aber auch erfüllende Aufgabe.“ Der Minister kündigte verstärkte Rekrutierungsmaßnahmen an, etwa mit einem Werbefilm und mit intensiverer Öffentlichkeitsarbeit in Schulen.
„Was wir aber nicht tun werden, ist, die Qualität bei den Justizwachebeamtinnen und -beamten zu senken“, erklärte Moser. „Dazu ist uns dieser Beruf zu wertvoll und außerdem muss man bedenken: Mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die wir heute aufnehmen, werden wir in den nächsten 40 Jahren arbeiten.“ Moser kündigte an, dass das Aufnahmeverfahren enger zusammengeführt wird, sodass der Prozess insgesamt verkürzt werde.
Steigende Gewaltbereitschaft
Abgeordneter Karl Mahrer (ÖVP) wies darauf hin, dass die Gewaltbereitschaft der Häftlinge vor allem in der Justizanstalt Josefstadt zugenommen habe und wollte wissen, welche Maßnahmen Justizminister Josef Moser dagegen plane. „Es gibt eine zunehmende Aggressivität in den Justizanstalten“, räumte Moser ein. Das schlage allerdings noch nicht auf die Zahl der Angriffe auf JustizwachebeamtInnen in der größten Justizanstalt in Wien durch. 2016 seien hier 19,3 Angriffe pro 100.000 Hafttage erfolgt, 2017 seien es 10,2 gewesen und 2018 liege die Zahl noch darunter. In ganz Österreich betrugen diese Zahlen zwischen 4,53 (2018) und 5,93 Angriffe (2016) pro 100.000 Hafttage.
„Das verlangt den JustizwachebeamtInnen einen enormen Einsatz ab -psychisch wie körperlich“, betonte Moser. Die Auswirkungen seien ein geringes Pensionsantrittsalter (57,45 Jahre) und eine hohe Krankenstandsrate. Die Bediensteten müssten derzeit Überstunden leisten, die 607 vollbeschäftigten BeamtInnen entspräche. „Darauf müssen wir reagieren und daher müssen wir Maßnahmen setzen“, erklärte Moser. Das beginne bei der Ausrüstung: „Wir haben vor Kurzem 842 Teleskop-Einsatzstöcke angeschafft und planen einen Pilotbetrieb für Bodycams.“ Andere Einsatzorganisationen wie die Polizei haben die Erfahrung gemacht, dass das Einschalten von Bodycams die Gewaltbereitschaft herabsetzt. „Zudem bilden wir weitere Justizwachebeamtinnen und -beamte zum Umgang mit Alarm- und Krisenfällen aus und investieren in Schutzausrüstung, wie Systemwesten, ballistische Schutzhelme oder Arrestantenfahrzeuge“, ergänzte der Justizminister.
Reduzierung der Belagszahlen
Ein Kernpunkt zur Senkung der Gewaltbereitschaft in den Gefängnissen ist die Reduzierung der Belagszahlen. Irmgard Griss (NEOS) machte Josef Moser auf außergewöhnlich hohe Belagszahlen aufmerksam, vor allem in der Justizanstalt Josefstadt. Moser bekräftigte das: „Wir haben in den letzten Jahren in der Josefstadt permanent um 1.200 Personen in einer Justizanstalt, die für 990 Personen konzipiert ist.“ Moser kündigte zwei Wege zur Entlastung der JA Josefstadt an:
„Erstens sind wir mit dem Innenministerium in Kontakt, dass die Verteilung der Häftlinge koordinierter erfolgt. Zweitens versuchen wir selber, die Anzahl der Häftlinge zu reduzieren, indem wir sie besser verteilen.“ Daher seien in Hirtenberg kürzlich 80 Haftplätze errichtet worden und in Simmering 96. Zudem gingen die BeamtInnen der JA Josefstadt dazu über, die Gefangenen in andere Justizanstalten zu verlegen, um in der Josefstadt Platz freizubekommen. „Wir haben allein 2018 mehr als 930 Häftlinge aus der Josefstadt in andere Justizanstalten verlegt“, berichtete Justizminister Moser. „Darüber hinaus haben wir ein Monitoring über den Belag der Justizanstalten eingeführt, damit die Zahl der Häftlinge besser verteilt werden kann.“
Irmgard Griss wollte von Josef Moser auch wissen, wie er die Zeit bis zur Sanierung der JA Josefstadt überbrücken wolle. „Wir haben mit der Planung der Sanierung bereits begonnen“, antwortete der Minister. Die Arbeiten sollten 2021 beginnen und 2028 abgeschlossen sein. „Dazwischen nehmen wir kleinere Schritte vor, um mit der Situation umzugehen.“ Moser verwies auf die Sanierung der Wäscherei oder des Küchentrakts.
Maßnahmenvollzugsgesetz neu aufgreifen
Auf den Umgang mit dem Maßnahmenvollzug wies Muna Duzdar (SPÖ) den Justizminister hin. Sie erinnerte Moser daran, dass sein Vorgänger Wolfgang Brandstetter bereits 2015 einen Gesetzesentwurf ausarbeiten habe lassen, mit dem der Vollzug bei geistig abnormen, aber zurechnungsfähigen Rechtsbrechern geregelt werden sollte. Der Entwurf sei von der neuen Regierung nicht aufgegriffen worden. „Wenn das Problem nicht in Angriff genommen wird, haben wir über kurz oder lang ein Sicherheitsproblem“, betonte Duzdar. Nach Ansicht des FPÖ-Abgeordneten Christian Lausch gibt es eine ganze Reihe von Therapie-Einrichtungen. Er wies darauf hin, das Problem sei nicht der Umgang mit geistig abnormen, zurechnungsfähigen Straftätern, sondern ihre Zahl. „Das Problem nimmt sprunghaft zu“, sagte Lausch. Die Betroffenen müssten daher besser über das Therapieangebot in den Haftanstalten Österreichs verteilt werden.
Moser berichtete, er habe bereits im Juli 2018 den damaligen Entwurf aufgegriffen. Betroffen seien ein neu zu schaffendes Maßnahmenvollzugsgesetz, das Strafvollzugsgesetz und die Vollzugsordnung. „Wir haben uns mit der Personalvertretung, PsychiaterInnen und PsychologInnen sowie SozialarbeiterInnen kurzgeschlossen und das Thema in Angriff genommen“, bekräftigte Josef Moser. Bis Ende 2018 soll es dazu einen Entwurf geben. „Die seinerzeitige Gesetzesvorlage wird in die Überlegungen einfließen“, versicherte der Minister.
Akteneinsicht online
Als einen Schwerpunkt seiner Arbeit führte Justizminister Moser die Digitalisierung an. „Hier haben wir großen Handlungsbedarf“, räumte er ein. „Wir haben daher gestern unseren Digitalisierungsvortrag im Ministerrat durchgebracht. Allein wenn wir die Akteneinsicht künftig elektronisch ermöglichen, sind davon 3,5 Millionen Vorgänge pro Jahr betroffen.“ Hinzu kämen die elektronische Ausschreibung, Vereinbarung und Verschiebung von Verhandlungsterminen, Erkundigungen über Verfahrensstände, Rechtskraftbestätigungen und vieles mehr. Auch das Gesellschaftsrecht solle digitalisiert werden, sodass „man von der Gründung bis zur Liquidation jeden Schritt elektronisch ausführen kann“, erklärte der Minister. Zustellungen sollten künftig elektronisch und grenzüberschreitend möglich sein. Vollzogen werden soll die Digitalisierung über eine interaktive Bürgerserviceplattform. Bis 2022 würden sich die BürgerInnen dadurch Wegekosten in Höhe von 150 Millionen Euro ersparen. Das Justizministerium werde für den Staatshaushalt 30 Millionen Euro einsparen bzw. 15 Millionen Euro allein für den Strafvollzug.
Spezialisten im RichterInnenamt
Ein weiteres Thema, das Irmgard Griss von den NEOS eingebracht hatte, betraf die Ausbildung der RichterInnen, vor allem bei den Verwaltungsgerichten. „Die Richterausbildung hat zwei Aspekte: Im Bereich der Verwaltungsgerichte haben wir Richterinnen und Richter aus unterschiedlichen Bereichen rekrutiert“, erklärte Justizminister Moser. „Das heißt, das sind Richterinnen und Richter mit hervorragender Fachausbildung. Die Ausbildung, die RichterInnen sonst haben, fehlt ihnen aber. Das betrifft zum Beispiel die Ausbildung im Bereich Verhandlungstechnik.“ Auf der anderen Seite fehle es allgemein ausgebildeten Richterinnen und Richtern an spezialisiertem Fachwissen. „Es reicht heute nicht mehr, Generalisten als Richterinnen und Richter zu haben, die sich Fachkenntnisse über ‚Learning by Doing‘ aneignen. In der Gerichtsbarkeit der Zukunft brauchen wir Spezialisierungen.“ Die Lösung sei eine modulare Ausbildung mit einer allgemeinen Ausbildung und Spezialisierungen. (Schluss) gb
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