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Nationalrat beendet Plenarwoche mit Debatte über ÖH-Pflichtmitgliedschaft

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Mit einer Debatte über einen FPÖ-Antrag zur Abschaffung der Pflichtmitgliedschaft bei der Österreichischen Hochschülerschaft hat der Nationalrat heute seine Plenarwoche beendet. Studierende sollen selbst entscheiden können, ob sie den ÖH-Beitrag entrichten und damit Mitglied der Hochschülerschaft werden wollen oder nicht, fordern Abgeordneter Martin Graf und seine Fraktionskolleg:innen. Bei den anderen Fraktionen rannte die FPÖ damit aber keine offenen Türen ein. Ihrer Meinung nach hat die FPÖ den Antrag nur deshalb auf die Tagesordnung gebracht, da demnächst ÖH-Wahlen stattfinden. Eine Abstimmung über die Initiative gab es heute noch nicht, nach der Ersten Lesung wurde der Antrag dem Wissenschaftsausschuss zur Vorberatung zugewiesen.

Zuvor hatten die Abgeordneten sowohl den Tätigkeitsbericht des Rechnungshofs 2024 als auch einen Bericht über die Einkommensentwicklung in Österreich einstimmig zur Kenntnis genommen. Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker mahnte dabei einmal mehr einen strikten Budgetkonsolidierungskurs ein. Der Staat habe im vergangenen Jahr 8 Mrd. Ꞓ zu viel ausgegeben, hob sie hervor. Wichtig sei nun, dass die Regierung einen überzeugenden Plan für die Sanierung der Staatsfinanzen entwickle.

Keine Mehrheit erhielt ein Entschließungsantrag der Grünen. Abgeordnete Nina Tomaselli und ihre Fraktionskolleg:innen wollten Bundeskanzler Christian Stocker dazu auffordern, der ÖVP eine 14-tägige Zahlungsfrist zur Leistung einer Mietzahlung für die Abhaltung des ÖVP-Bundesparteivorstands am 5. Jänner 2025 im Bundeskanzleramt zu setzen, konnten dafür aber nur die FPÖ gewinnen. Nach Meinung der Grünen handelt es sich bei der Bereitstellung der Prunkräume des BKA um eine illegale Parteispende an die ÖVP.

Mit einem mehrheitlich angenommenen Fristsetzungsantrag stellten ÖVP, SPÖ, FPÖ und NEOS sicher, dass der Nationalrat in seiner nächsten regulären Sitzung am 13. Mai auch dann über eine Novelle zum Tierschutzgesetz beraten kann, wenn der Gesundheitsausschuss davor nicht mehr zusammentreten sollte. Konkretes enthält der schon im März eingebrachte Antrag nicht, es könnte aber um Vollspaltenböden in der Schweinehaltung gehen. Nachdem der Verfassungsgerichtshof die bestehenden Übergangsfristen als zu lang aufgehoben hat, droht ab Juni 2025 ein vollständiges Verbot.

FPÖ will ÖH-Pflichtmitgliedschaft abschaffen

Begründet wird die Forderung nach einer Abschaffung der ÖH-Pflichtmitgliedschaft (145/A) von der FPÖ damit, dass die ÖH ihre Kernaufgabe – die Vertretung der Interessen aller Studierenden in Österreich – schon lange nicht mehr erfülle. Die ÖH schmeiße die Mitgliedsbeiträge „zum Fenster hinaus“ und finanziere damit „völlig irre ideologische Projekte“, die keinem einzigen Studierenden weiterhelfen würden, sagte FPÖ-Abgeordneter Manuel Litzke. Er ortet außerdem „linksextreme Gewalt gegen rechts“ in der ÖH. Erst vor kurzem seien Vertreter des Rings Freiheitlicher Studenten (RFS) „bedroht, bekämpft und attackiert“ worden, wobei Litzke zufolge auch Vertreter:innen des VSSTÖ beteiligt gewesen seien.

Der FPÖ-Abgeordnete nutzte seine Wortmeldung auch dazu, um für eine Stimme für den RFS bei den ÖH-Wahlen zu werben. Genau deshalb habe die FPÖ den Antrag auch auf die Tagesordnung gesetzt, zeigte sich Grün-Abgeordneter Ralph Schallmeiner überzeugt. Immer wenn ÖH-Wahlen seien, komme die FPÖ mit einem Antrag auf Abschaffung der ÖH daher, meinte er. Vermutlich deshalb, weil der RFS keinen Fuß mehr in die Tür der ÖH bekomme, so Schallmeiner. Schallmeiner selbst hält es für wichtig, dass die ÖH nicht nur eine Serviceeinrichtung ist, sondern auch Studierendenpolitik mache, und warf der FPÖ vor, einer kritischen Stimme Geld entziehen zu wollen.

Auch Heinrich Himmer (SPÖ) konzedierte der ÖH, in den letzten Jahren gute Politik gemacht zu haben. Die SPÖ stehe auf der Seite demokratischer Institutionen und auf der Seite der Studierenden, sagte er. Mit den ÖH-Beiträgen würde viel für Studierende erreicht. Thomas Elian (ÖVP) wies darauf hin, dass die ÖH Anliegen von Studierenden in die Hochschulpolitik und in den öffentlichen Diskurs bringe. Bedauern äußerte er über die traditionell geringe Wahlbeteiligung bei ÖH-Wahlen.

Seitens der NEOS mahnte Ines Holzegger mehr Reformbereitschaft von der ÖH ein. Brauche man in Zeiten der Digitalisierung wirklich noch eine gedruckte Uni-Zeitung, fragte sie etwa. Zudem drängte sie auf mehr Transparenz. Der FPÖ sprach sie in dieser Frage allerdings jegliche Glaubwürdigkeit ab. In Anbetracht der Ausgaben der FPÖ Wien könne man nicht auf eine sinnvolle Mittelverwendung durch die ÖH pochen, sagte sie. Zum Thema Pflichtmitgliedschaft merkte Holzegger an, wer Mehrwert schaffe, brauche keinen Zwang.

Tätigkeitsbericht des Rechnungshofs 2024

Zuvor hatten die Abgeordneten über zwei Berichte des Rechnungshofs diskutiert und sie einstimmig zur Kenntnis genommen. Zum einen ging es dabei um den Tätigkeitsbericht 2024, der die Abgeordneten nicht nur umfassend über durchgeführte Rechnungshofprüfungen im vergangenen Jahr, sondern auch über andere Aufgabenbereiche des Rechnungshofs informiert. Das betrifft etwa die zuletzt erweiterten Befugnisse des Rechnungshofs bei der Kontrolle der Parteifinanzen, die sich laut Rechnungshof grundsätzlich bewährt haben. In einzelnen Punkten sieht Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker aber noch Adaptierungsbedarf.

Insgesamt hat der Rechnungshof im vergangenen Jahr 49 Berichte veröffentlicht, 40 davon – inklusive Bundesrechnungsabschluss – gingen an den Nationalrat. Der Prüfschwerpunkt der letzten Jahre – nachhaltiges staatliches Handeln auch für die nächsten Generationen – wird ab heuer vom Prüfschwerpunkt „Vertrauen in den Staat“ abgelöst. Dabei wollen die Prüfer:innen den Fokus verstärkt auf die Zukunftstauglichkeit der öffentlichen Verwaltung richten und diese zu mehr Reformbereitschaft anspornen, wie es im Bericht dazu unter anderem heißt. Auch eine Eindämmung der Ausgabendynamik und die Rückkehr zu einem nachhaltigen Budgetpfad hält der Rechnungshof für unumgänglich.

Viel Lob für den Rechnungshof

In der Debatte betonte Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker, die vom Rechnungshof im vergangenen Jahr vorgelegten Berichte würden die inhaltliche Breite der Themen zeigen, mit denen sich der Rechnungshof beschäftige. Das Spektrum reiche von Schuldenaufnahmen bis zum Klimaschutz. Dass der Rechnungshof zuletzt auch den Jahresabschluss der OSZE prüfen durfte, ist für Kraker ein Zeichen für die internationale Anerkennung des Rechnungshofs. An die Abgeordneten appellierte Kraker, sich mit den Berichten des Rechnungshofs auseinanderzusetzen, wobei sie darauf verwies, dass aktuell 74 Berichte zur Verhandlung im Rechnungshofausschuss liegen würden.

Von Seiten der Abgeordneten gab es viel Lob für den Rechnungshof. So bedankte sich etwa NEOS-Abgeordneter Markus Hofer für die Arbeit des Kontrollorgans des Parlaments. Dessen „tolle Arbeit“ ermögliche es den Abgeordneten, ihre Kontrollfunktion auszuüben, sagte er. Das hob auch Grün-Abgeordnete Nina Tomaselli hervor. Der Rechnungshof sei eine tragende Säule der parlamentarischen Demokratie und für das Parlament eine echte Unterstützung, unterstrich sie. Ausdrücklich begrüßte Hofer auch den neuen Prüfschwerpunkt des Rechnungshofs.

Seitens der FPÖ warf Wolfgang Zanger der Regierung Reformunwillen vor und zeigte sich überzeugt, dass grundlegende Reformen nur mit der FPÖ möglich seien. Hätte es eine Regierungsbeteiligung der FPÖ gegeben, hätte diese außerdem für eine Aufarbeitung von Corona gesorgt, sagte er.

Karin Greiner (SPÖ) sprach sich unter anderem für einen Ausbau ganztägiger Schulen aus, um Frauen Vollzeitarbeit zu ermöglichen. Zudem drängte sie auf mehr Lohntransparenz und wies auf die Empfehlung des Rechnungshofs hin, Subventionen zielgerichtet auszuschütten und transparent darzustellen. Jakob Grüner (ÖVP) wies darauf hin, dass sehr viel, was der Rechnungshof empfiehlt, in der Folge umgesetzt werde.

Einkommensentwicklung in Österreich

Alle zwei Jahre veröffentlicht der Rechnungshof eine umfassende Darstellung über die durchschnittlichen Einkommen der Bevölkerung in Österreich, wobei der heute diskutierte Bericht die Jahre 2022 und 2023 umfasst. 4,7 Millionen Menschen gingen 2023 in Österreich demnach einer unselbstständigen Beschäftigung nach, rund 10 % mehr als vor zehn Jahren. Der Anteil an ganzjährig Vollzeitbeschäftigten sank in diesem Zeitraum allerdings um zwei Prozentpunkte. Mehr als jede zweite Frau arbeitete demnach 2023 ganzjährig Teilzeit (51 %), bei den Männern waren es 12 %.

Als mittleres Bruttojahreseinkommen aller unselbstständig Erwerbstätigen weist der Bericht für 2023 35.300 Ꞓ aus, wobei das durchschnittliche Einkommen Teilzeitbeschäftigter mit 25.400 Ꞓ nur bei der Hälfte des Durchschnittseinkommens der Vollzeitbeschäftigten (51.500 Ꞓ) lag. Auch ist das Einkommen stark branchenabhängig, zudem lag das Einkommen der Männer in allen Beschäftigungsgruppen über jenem der Frauen. Der Einkommensnachteil der Frauen setzt sich auch in der Pension fort: Während Pensionisten 2023 jährlich durchschnittlich 30.300 Ꞓ brutto erhielten, lag das Jahresmittel bei den Pensionistinnen bei 18.800 Ꞓ. Auffällig ist auch, dass die Pensionen in den letzten 20 Jahren im Schnitt stärker anstiegen (+80 %) als die Einkommen der unselbstständig Beschäftigten (+61 %).

Debatte über Teilzeitarbeit

Im Mittelpunkt der Debatte stand das Thema Teilzeitarbeit. So wies Elke Hanel-Torsch (SPÖ) darauf hin, dass die Mehrheit der Teilzeitbeschäftigten angebe, dass sie deshalb Teilzeit arbeiten, weil sie Kinder oder pflegebedürftige Angehörige betreuen müssten. Hier gelte es anzusetzen. „Herdprämien“ für Frauen, die ihre Kinder nicht in den Kindergarten geben, sieht sie hingegen nicht als richtigen Weg.

Johannes Gasser (NEOS) gab zu bedenken, dass nicht nur Beschäftigte mit Betreuungspflichten Teilzeit arbeiten würden, auch wenn das die Mehrheit sei. Viele würden aber Teilzeit arbeiten, weil sie dies wollten. Das sei mit ein Grund, warum die geleisteten Arbeitsstunden in Österreich stagnierten. Man müsse schauen, dass nicht jede zusätzlich geleistete Arbeitsstunde weniger wert werde, mahnte er. In diesem Zusammengang will er auch den degressiven Arbeitslosenversicherungsbeitrag evaluieren. Es gehe darum, den Wohlstand in Österreich zu erhalten.

Von Seiten der Grünen wies Markus Koza darauf hin, dass Frauen auch dann weniger als Männer verdienen würden, wenn man den Faktor Teilzeit herausrechne. Man müsse mehr über die gerechte Aufteilung zwischen bezahlter und unbezahlter Arbeit reden, forderte er. Gleichzeitig sprach er sich für einen „entkrampften Umgang“ mit dem Thema Teilzeit aus. Besorgt zeigte sich Koza auch darüber, dass zuletzt schon 700.000 Arbeitnehmer:innen atypisch beschäftigt gewesen seien. Alexander Petschnig (FPÖ) mahnte mehr Unterstützung für Mütter ein, um bestehende Ungerechtigkeiten zu beseitigen.

Rudolf Taschner (ÖVP) wies darauf hin, dass es in Österreich grundsätzlich eine hohe Einkommensgerechtigkeit gebe, wenn man den Gini-Koeffizienten als Maßstab hernehme. Vollständige Einkommensgleichheit hält er nicht für machbar und auch nicht für erstrebenswert. (Schluss Nationalrat) gs

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.


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