LH Mikl-Leitner eröffnet Ausstellung „Ich bin ein Österreicher!“ in der Ehemaligen Synagoge St. Pölten
Am gestrigen Donnerstagabend eröffnete Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner in der Ehemaligen Synagoge St. Pölten die neue Wechselausstellung „Ich bin ein Österreicher!“ auf der oberen Frauenempore, die von 11. April bis 9. November 2025 zu sehen sein wird und sich dem Fotografen Kurt Bardos und seiner Familie widmet. Sie sei dankbar für die Ausstellung, denn sie mache die Geschichte Kurt Bardos´ sichtbar. Sechs Millionen Jüdinnen und Juden seien dem Holocaust zum Opfer gefallen, „einer davon war Kurt Bardos, ein Österreicher, der hier gelebt, gearbeitet und geschaffen hat und der schließlich entrechtet, ausgegrenzt und ermordet wurde.“ Mikl-Leitner: „Diese Ausstellung ist mehr als eine künstlerische Würdigung, sie ist Zeichen für eine lebendige, reflektierte Erinnerungskultur in Niederösterreich.“
Die Ehemalige Synagoge, vor einem Jahr eröffnet als zentraler Ort des Gedenkens, sei „das Herz der Erinnerungskultur in Niederösterreich.“ Erinnerung brauche Orte und Ausstellungen wie diese, „denn sie machen das Unfassbare fassbar: Vertreibung, Deportation, Leid, Trauma, Entmenschlichung, Ermordung“, so die Landeshauptfrau. Erinnerung brauche aber vor allem auch „eine starke Haltung gegen das Vergessen, gegen die Verharmlosung und gegen jede Form des Antisemitismus“, betonte sie.
Erinnern dürfe aber nicht nur etwas Institutionelles sein, sondern „muss hineinwirken in unsere Gesellschaft, in Schulen, in Gemeinden, in die Kulturarbeit.“ Deshalb stehe Niederösterreich 2025 ganz im Zeichen der Gedenk- und Erinnerungskultur: „Wir feiern 80 Jahre Ende des Zweiten Weltkrieges, 70 Jahre Unterfertigung des Staatsvertrages und 30 Jahre Beitritt Österreichs zur Europäischen Union.“ Historische Ereignisse, die man unter dem Motto „Erinnern für die Zukunft“ feiere. Zudem stärke man auch andere Gedenkinitiativen, etwa erweitere man das Melk Memorial in Zusammenarbeit mit dem Mauthausen Memorial zu einer internationalen Gedenkstätte, im Landhaus St. Pölten gastiere aktuell die Wanderausstellung mit Erinnerungsobjekten aus Yad Vashem, „und in Mauer bei Amstetten entsteht als Beitrag zur Landesausstellung 2026 ein neuer Lern- und Gedenkort, der sich mit der Geschichte der Psychiatrie im Nationalsozialismus beschäftigt.“
Mikl-Leitner abschließend: „All diese Initiativen zeigen: Erinnern ist in Niederösterreich kein Rückblick, sondern ein klarer Auftrag. Für eine offene, demokratische, sorgsame und wachsame Zukunft und für ein Land, das aus seiner Geschichte lernt.“
Bürgermeister Mathias Stadler sprach von großen Emotionen, wenn er an die Wiedereröffnung der Ehemaligen Synagoge denke. „Ein Stachel in der Gesellschaft, der uns erinnert, was hier geschehen ist.“ Man werde erinnert an die „blühende jüdische Gemeinschaft, die es hier gab, die alle Chancen hatte, sich Zukunft ausgerechnet hat, ihr Leben gestalten wollte, bis das mörderische Regime des Nationalsozialismus all das zunichtegemacht hat.“ Er sprach auch über die Städtepartnerschaft mit Brünn, die seit Jahrzehnten über alle Barrieren weg bestehe. Der beste Beweis dafür, so Stadler: „Egal, welcher Herkunft oder Religion – wir sind alle Menschen und Grenzen sind nur in unseren Köpfen präsent.“
Charlotte Hermann, Vizepräsidentin der Israelitischen Religionsgesellschaft und Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde Linz, sprach zum Titel der Ausstellung „Ich bin ein Österreicher!“ und erklärte: „Oft ist es so, dass Juden und Österreicher für manche nicht dasselbe ist, dass man als Jüdin oder Jude angesehen wird, nicht aber als Staatsbürger eines Landes.“ Sie selbst sei Jüdin und Österreicherin und wünsche sich, „dass jeder seine Religion und Profession ausleben kann, ohne in eine Schublade gesteckt zu werden.“
Martha Keil, Kuratorin der Ausstellung und wissenschaftliche Leiterin des Hauses, sagte zur Ausstellung. „Auf der einen Seite liegt hier ein fotografisches Schaffen vor, das für sich selbst schon die Würdigung durch eine Ausstellung verdient. Dem Werk gegenüber steht eine leider typische, europäisch-jüdische Familiengeschichte des 20. Jahrhunderts, eine Herkunft aus dem Herzen der K&K-Monarchie, bürgerlich, mehrheitlich deutschsprachig, natur- und kulturbegeistert, sportlich, von den Nazis enteignet, vertrieben, deportiert und zahlreiche Mitglieder ermordet.“
Zur Gestaltung der Ausstellung sprach Renate Stockreiter. Susanne Eiselt, Nichte von Kurt Bardos und Leihgeberin, teilte Familienerinnerungen mit dem Publikum. Zur Eröffnung kamen auch zwei weitere Nichten von Kurt Bardos – Ruth Reiterer und Helena Cerny, sie lebt heute in den USA und reiste für die Ausstellungseröffnung nach St. Pölten – sowie Juri Sitler, Botschafter der Tschechischen Republik und Vertreterinnen und Vertreter aus St. Pöltens Partnerstadt Brünn.
Musikalisch gestaltet wurde die Eröffnung von Pianistin Dorothy Khadem-Missagh, Geiger Václav Dvořák und Cellist Vojtĕch Urban, die Werke des Brünner Komponisten Pavel Haas zur Aufführung brachten, der am selben Tag wie Kurt Bardos nach Theresienstadt deportiert wurde.
Alle Informationen zur Ausstellung „Ich bin ein Österreicher!“ online auf www.ehemalige-synagoge.at
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