Breite Mehrheit im Nationalrat für Erstellung von Aktionsplan gegen Hate Crime | Brandaktuell - Nachrichten aus allen Bereichen

Breite Mehrheit im Nationalrat für Erstellung von Aktionsplan gegen Hate Crime

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Der Nationalrat sprach sich heute mit einer breiten Mehrheit dafür aus, dass ein Nationaler Aktionsplan gegen Hate Crime erstellt wird. ÖVP, SPÖ, NEOS und Grüne ersuchten die Bundesregierung, einen Plan mit Maßnahmen zu erarbeiten, um vorurteilsmotivierte Verbrechen zu stoppen und vorzubeugen.

Anlass für die Debatte über Gleichbehandlung waren zwei Berichte. Der jüngste Gleichbehandlungsbericht des Bundes zeigt, dass der Frauenanteil im Bundesdienst zwischen 2021 und 2023 von 43 % auf 44,1 % leicht angestiegen ist. Der Gleichbehandlungsbericht für die Privatwirtschaft hingegen gibt Auskunft über wachsende Fallzahlen bei jenen Stellen, an die sich Personen mit Diskriminierungserfahrungen wenden können.

Ein Entschließungsantrag der FPÖ zur Änderung des Bundes-Gleichbehandlungsgesetzes zum „Schutz der biologischen Geschlechter vor woker Genderideologie“ wurde abgelehnt.

Nationaler Aktionsplan gegen Hate Crime

Eine Gesellschaft, die Diskriminierung zulasse, sei leider auch eine Gesellschaft, in der Hass zunehme, sagte Mario Lindner (SPÖ). Die Folgen des Hasses hätten vergangenes Wochenende Medienberichte über ein rechtsextremes Netzwerk gezeigt, das Jagd auf homosexuelle Männer gemacht habe. In einem Fall werde gar wegen versuchten Mordes ermittelt. Diese Gewalt könne man nicht hinnehmen, so Lindner. Er brachte deshalb einen gemeinsamen Entschließungsantrag von ÖVP, SPÖ, NEOS und Grüne ein. Die vier Parteien, thematisieren darin die Zunahme von vorurteilsmotivierten Straftaten, sogenannten Hate Crimes. Sie ersuchen die Regierung, mit einem Nationalen Aktionsplan dagegen vorzugehen. Der Antrag wurde mit breiter Mehrheit, ohne die Stimmen der FPÖ angenommen.

Auch Johannes Gasser (NEOS) ging auf die Enthüllungen über ein rechtsextremes Netzwerk ein, dessen einziges Ziel es gewesen sei, schwule Männer zu verfolgen. Solche Hassverbrechen seien die schwerwiegendste Form der Diskriminierung. Er sei deshalb froh, dass ein Nationaler Aktionsplan auf den Weg gebracht werde, so Gasser. David Stögmüller (Grüne) sprach ebenfalls von „organisierter, vernetzter Hasskriminalität“. Diese sei genährt von einer tiefsitzenden Verachtung für Menschen, die einfach anders leben. Er dankte der Polizei für das Einschreiten und drückte seine Anteilnahme für die Opfer aus. Es gelte aber, zu handeln, so der Abgeordnete. Deshalb sei er dankbar, dass die LGBTIQ-Intergroup des Parlaments den Entschließungsantrag auf den Weg gebracht habe.

Dagmar Belakowitsch (FPÖ) meinte, es gebe kein Verzeihen für Verbrechen. Sie fand aber schockierend, dass auch in diesem Fall sofort ausgeschlossen werde, dass die Opfer pädophil gewesen sein könnten. Das bezeichnete Johannes Gasser (NEOS) als Grenzüberschreitung. Belakowitsch versuche, eine Verbindung zwischen Homosexualität und Pädophilie herzustellen, warf er der Abgeordneten vor.

Höherer Frauenanteil im Bund, mehr Fälle von Diskriminierung in Privatwirtschaft

Um Diskriminierungserfahrungen und Gleichbehandlung geht es auch im Gleichbehandlungsbericht des Bundes 2024, den die Abgeordneten einstimmig zur Kenntnis nahmen. Im Bundesdienst lag der Frauenanteil 2023 demnach bei 44,1 % und in manchen Berufsgruppen – etwa im Verwaltungsdienst, bei Lehrkräften und Richter:innen – bei über 50 %. Die Teilzeitquote lag im Bundesdienst 2023 bei 18,2 % und war damit deutlich niedriger als der Österreichschnitt mit 30,9 %. Auch im Bund gab es hier aber deutliche Unterschiede zwischen Frauen und Männern: Die Teilzeitquote von Frauen lag bei 31,5 %, jene der Männer bei 7,6 %. Bei der Elternkarenz lag der Frauenanteil bei 74 %. Die Bundes-Gleichbehandlungskommission, die von Bundesbediensteten bei Diskriminierungsfällen aufgesucht werden kann, wurde im Berichtszeitraum am häufigsten wegen Beschwerden aus dem Innenministerium tätig.

Laut Gleichbehandlungsbericht für die Privatwirtschaft über die Jahre 2022 und 2023 haben sich die Fallzahlen bei der Gleichbehandlungskommission und der Gleichbehandlungsanwaltschaft, an die sich Personen mit Diskriminierungserfahrungen wenden können, signifikant erhöht. So verzeichnete etwa die Gleichbehandlungsanwaltschaft im Berichtszeitraum um 32 % mehr Anfragen. Insgesamt haben sich 2022 und 2023 5.231 Personen mit 6.359 Anfragen an die Stelle gewandt, wobei bei den meisten Anfragen (42 %) das Geschlecht als Diskriminierungsgrund im Zentrum stand. 24 % betrafen Diskriminierungen aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit und 10 % das Alter. Bei der Gleichbehandlungskommission wurden insgesamt 266 Anträge eingebracht, wobei mit 154 die meisten den Senat I (Gleichbehandlung von Männern und Frauen in der Arbeitswelt) betrafen. Der Bericht wurde mehrheitlich, ohne die Stimmen der FPÖ zur Kenntnis genommen.

Holzleitner und Babler über Maßnahmen zur Frauenförderung

Die designierte Frauenministerin Eva Maria Holzleitner fand es positiv, dass beide Berichte nicht im Ausschuss enderledigt wurden, sondern im Plenum zur Debatte stehen. Die Berichte würden helfen, strukturelle Diskriminierungen zu sehen und Maßnahmen abzuleiten. Positiv strich Holzleitner heraus, dass Frauen im Bundesdienst Bereiche erobern, die lange von Männern dominiert gewesen seien und dass die Teilzeitquote wesentlich geringer als in der Privatwirtschaft sei. Aufholbedarf sah sie bei Frauen in Entscheidungspositionen. Insgesamt könne der Bund ein Vorbild für andere Bereiche sein. Die hohe Beschwerdezahl bei der Gleichbehandlungsanwaltschaft und der Gleichbehandlungskommission würden einerseits zeigen, dass nach wie vor Hürden abgebaut werden müssen. Andererseits werde aber auch sichtbar, dass es gute Stellen gebe, an die sich Betroffene aktiv wenden. Holzleitner führte die Umsetzung einer EU-Richtlinie zur Lohntransparenz und die Stärkung von Gleichbehandlungsstellen als geplante Maßnahmen der Bundesregierung an.

Vizekanzler Andreas Babler, der noch bis 1. April für den öffentlichen Dienst zuständig ist, bezeichnete den Gleichbehandlungsbericht des Bundes als wichtigen Kompass, aus dem man Ableitungen für die Zukunft treffen könne. Er sah einen klaren Auftrag, den Anteil von Frauen in Führungspositionen zu erhöhen und die Akzeptanz und Inanspruchnahme von Elternkarenz durch Männer zu erhöhen. Das erklärte Ziel sei ein Anteil von 50 % Frauen im Bundesdienst, die gerechte Aufteilung von Karenzzeiten und die Schließung des Gender-Pay-Gaps im Bund und darüber hinaus, so Babler.

Debatte über Gleichbehandlung im Bundesdienst

Rosa Ecker (FPÖ) bezeichnete die Berichte als wichtige Instrumente zur Analyse und Bekämpfung von Diskriminierungen. Leider gebe es einen deutlichen Anstieg an Beschwerdefällen. Im öffentlichen Dienst falle das Innenministerium zum wiederholten Male negativ auf. Auch den Anteil von Männern in Elternkarenz fand Ecker „bescheiden“, zumal im Bundesdienst keine Benachteiligungen zu befürchten seien. Die Abgeordnete erinnerte auch an eine Änderung des Bundes-Gleichbehandlungsgesetzes, durch die nun nicht mehr von „Frauen und Männern“, sondern von Diskriminierung „aufgrund des Geschlechts“ die Rede sei. ÖVP, Grüne und SPÖ hätten damit die biologischen Geschlechter Mann und Frau im Bundesdienst abgeschafft. Daher brachte sie einen Entschließungsantrag ein, mit dem sie eine Novelle einforderte. Die Begriffe „Frau“ und „Mann“ sollen nicht „im Sinne der woken Genderideologie abgeschafft“ werden, heißt es im Antrag, der keine Mehrheit fand.

Eckers Fraktionskollegin Tina Angela Berger (FPÖ) fand den Gleichbehandlungsbericht „in Teilen gut gemeint“, er biete aber eine „einseitige und ideologisch eingefärbte Perspektive“. Es brauche eine Gleichbehandlungspolitik, die an den Bedürfnissen der Menschen orientiert sei. Insbesondere die Herausforderungen von Frauen im ländlichen Raum seien nicht thematisiert worden, lautete ihre Kritik.

Sabine Schatz (SPÖ) fand den Gleichbehandlungsbericht des Bundes wichtig, weil der öffentliche Dienst eine Vorreiterrolle habe. Aufholbedarf ortete sie beim Frauenanteil in der Landesverteidigung und im Innenministerium, der nur sehr langsam steige. Der Anteil an Frauen in Elternkarenz und in Teilzeit sei zwar auch im Bund höher als jener der Männer, allerdings liege er in beiden Fällen niedriger als in der Privatwirtschaft. Das fand auch Roland Baumann (SPÖ) positiv. Er wies aber darauf hin, dass immer noch drei von vier Personen in Elternkarenz Frauen sind und diese auch viermal so lange in Karenz bleiben wie Männer.

Juliane Bogner-Strauß (ÖVP) sah ebenfalls einen „guten Weg“ im steigenden Frauenanteil im Bundesdienst, der niedrigeren Teilzeitquote und dem höheren Anteil von Männern in Karenz. Die Privatwirtschaft könne sich hier etwas abschauen, meinte sie. Wenn Väter in Karenz gehen, würden diese resilienter und multitasking-fähiger wieder zurückkommen, zeigte sie sich überzeugt. Das biete Einsparungspotenziale für Unternehmen bei entsprechenden Weiterbildungsmaßnahmen, so die Abgeordnete. Romana Deckenbacher (ÖVP) strich den öffentlichen Dienst als Vorreiter in der Gleichbehandlung hervor. Das liege auch an den Arbeits- und Rahmenbedingungen, die geschaffen wurden.

Henrike Brandstötter (NEOS) merkte in ihrer Rede kritisch an, dass die Reihen im Saal sich bei der Debatte um Gleichbehandlung gelichtet hätten. Was den Bundesdienst betrifft, ortete sie „gute Nachrichten, aber auch Verbesserungsbedarf“. Den Ungleichheiten würden Geschlechterstereotype zugrunde liegen. Nur, wenn traditionelle Rollen aufgebrochen werden, würde echte Wahlfreiheit und berufliche Fairness für alle geschaffen werden. Dann gebe es im nächsten Bericht auch bessere Zahlen, so Brandstötter.

Meri Disoski (Grüne) sah den öffentlichen Dienst als „Role Model“ für die Privatwirtschaft, insbesondere in Fragen der fairen Bezahlung. Vor diesem Hintergrund begrüße sie auch, dass die Regierung die EU-Richtlinie für Lohntransparenz schnell umsetzen will.

Gender-Pay-Gap und Diskriminierungsfälle in der Privatwirtschaft

Auch Petra Oberrauner und Verena Nussbaum (beide SPÖ) machten den Gender-Pay-Gap, insbesondere in der Privatwirtschaft, zum Thema und bezeichneten die Umsetzung der EU-Richtlinie für Lohntransparenz als wichtigen Schritt.

Nussbaum ging außerdem auf die hohe Anzahl der Anfragen bei der Gleichbehandlungsanwaltschaft ein. Was die sexuelle Belästigung von Arbeitnehmerinnen betrifft, erinnerte sie die Arbeitgeber:innen an deren Fürsorgepflicht. Denn diese könnten durch Präventionskonzepte, Schulungen und engagiertes Eingreifen Belästigung verhindern.

Margreth Falkner (ÖVP) fand es inakzeptabel, dass Menschen nach wie vor diskriminiert werden, weil sie eine Frau oder „zu alt“ sind oder aus Gründen der Religion, Herkunft oder sexuellen Orientierung. Deshalb brauche es auch Anlaufstellen wie die Gleichbehandlungsanwaltschaft. Gleichbehandlung sei in der Privatwirtschaft noch lange nicht Realität, so Falkner. Deshalb müsse die Gleichbehandlungsanwaltschaft so ausgestattet sein, dass sie ihre wichtige Arbeit gut leisten könne. (Fortsetzung Nationalrat) kar

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.


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