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Offener Brief des Lebensmittelhandels: Preisunterschiede zu Deutschland haben ihre Gründe

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Der Fachverband Lebensmittelhandel in der Wirtschaftskammer Österreich wendet sich mit einem offenen Brief an den Verein für Konsumenteninformation (VKI), um Mängel in der heute veröffentlichten Studie aufzuzeigen. Denn nur die nackten Zahlen anzuführen, greift zu kurz und verzerrt das Bild der Branche in der Öffentlichkeit.

Der offene Brief im Wortlaut:

Sehr geehrte Damen und Herren des VKI,

Ihre jüngste Erhebung zu den Lebensmittelpreisen in Österreich und Deutschland hat zweifellos das Potenzial, eine Diskussion anzustoßen – doch der zugrunde liegende Vergleich greift eindeutig zu kurz. Wesentliche Hintergründe und Rahmenbedingungen bleiben unerwähnt, was weder den Konsument:innen noch der sachlichen Debatte gerecht wird. Ohne die dahinterliegenden Strukturen und Bedingungen zu berücksichtigen, führt dies die Öffentlichkeit in die Irre.

Preisunterschiede haben Gründe, die Ihre Analyse ausklammert

1. Wettbewerb funktioniert – trotz hoher Marktkonzentration
Ja, die Marktkonzentration im österreichischen Lebensmittelhandel ist höher als in Deutschland. Doch eine konzentrierte Marktstruktur bedeutet nicht, dass es keinen Wettbewerb gibt – ganz im Gegenteil: Die Bundeswettbewerbsbehörde hat in einer umfassenden Analyse klar bestätigt, dass der Wettbewerb im österreichischen Lebensmittelhandel intensiv ist. Und die Fakten sprechen für sich: Die Umsatzrentabilität im Handel ist zuletzt auf unter 1 % gesunken. Von 100 Euro Einkaufswert verbleibt also weniger als 1 Euro Gewinn vor Steuern – ein „Körberlgeld“ sieht anders aus. Für ein kleines Land wie Österreich ist eine stärkere Konzentration übrigens nicht ungewöhnlich. Das zeigt sich in vielen anderen Branchen ebenso.

2. Die Geografie macht einen Unterschied
Die flachen, dicht besiedelten Regionen Deutschlands ermöglichen eine Versorgung durch wenige, dafür große Märkte mit breiten Einzugsgebieten. In Österreich ist die Situation grundlegend anders: Hier sorgt der Handel dafür, dass auch abgelegene ländliche und alpine Regionen flächendeckend versorgt werden. Dafür ist eine Vielzahl kleinerer Filialen notwendig – eine Infrastruktur, die naturgemäß höhere Kosten verursacht. Sollen wir hunderte Standorte schließen und tausende Arbeitsplätze abbauen, um „deutsche“ Preise zu erzielen? Das kann und darf keine Lösung sein. Ein Vergleich mit der Schweiz wäre hier deutlich naheliegender: Beide Länder haben ähnliche geografische Herausforderungen und Strukturen im Einzelhandel. Doch ein solches Ergebnis würde wohl nicht in das Narrativ Ihrer Analyse passen.

3. Energiepreise gehören zu den höchsten in Europa
Der Betrieb von Supermärkten ist energieintensiv – von Beleuchtung über Kühlung bis zu Backstationen. Leider gehören die Strompreise in Österreich zu den höchsten in Europa. Diese Belastung trifft jedoch nicht nur die Supermärkte direkt, sondern zieht sich durch die gesamte Wertschöpfungskette. Vom landwirtschaftlichen Betrieb über die Produktion und Logistik bis hin zur Lagerung entstehen höhere Kosten, die am Ende zwangsläufig in den Supermarktregalen sichtbar werden. Konsument:innen nehmen die Auswirkungen dieser hohen Energiekosten also erst am Ende der Wertschöpfungskette wahr, sie entstehen jedoch entlang der gesamten Kette.

4. Höhere Löhne bedeuten höhere Preise
Österreich ist glücklicherweise ein wohlhabendes Land mit hohen Löhnen – ein Privileg, das uns soziale Sicherheit und Stabilität gibt. Für den Handel, der besonders personalintensiv ist, stellen diese Lohnkosten jedoch einen zentralen Faktor dar. Hinzu kommen die hohen Lohnnebenkosten, die eine erhebliche Belastung darstellen. Hier sehen wir dringenden Handlungsbedarf, den eine künftige Regierung angehen sollte.

5. Qualität und Regionalität haben ihren Preis
Der österreichische Lebensmittelhandel setzt bewusst auf Regionalität und Qualität. Mit diesem Ansatz fördern wir eine kleinstrukturierte Landwirtschaft, die sich von der Billigware aus internationalen Großbetrieben deutlich unterscheidet – im Preis, aber vor allem in der Qualität. Unsere Konsument:innen wissen das zu schätzen und akzeptieren in vielen Fällen einen etwas höheren Preis für die gebotene Qualität.

6. Internationale Markenartikel sind im Einkauf teurer
Ein wesentlicher Punkt, den Ihre Analyse nicht anspricht, sind die territorialen Lieferbeschränkungen. Österreich ist ein kleiner Markt, weshalb der Handel oft schlechtere Einkaufskonditionen bei internationalen Markenartikelherstellern erhält als Deutschland, das für diese Hersteller ein strategisch bedeutender Markt ist. Diese strukturelle Benachteiligung wurde sowohl von der Bundeswettbewerbsbehörde als auch von der Arbeiterkammer als eine der Hauptursachen für höhere Preise identifiziert.

Pauschale Vergleiche helfen niemandem
Ja, Lebensmittel sind in Österreich etwas teurer – aber nicht, weil der Handel „abkassiert“, sondern weil die Rahmenbedingungen hier andere sind. Wer diese Hintergründe ausblendet, spielt mit der Wahrnehmung der Öffentlichkeit und schadet am Ende den Konsument:innen.

Gerade in der Weihnachtszeit, die für Zusammenhalt und gegenseitiges Verständnis steht, sollten wir uns darauf besinnen, sachlich und fair zu argumentieren. Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, den Konsument:innen die tatsächlichen Zusammenhänge zu vermitteln – im Sinne einer transparenten und ehrlichen Diskussion.

Mit freundlichen Grüßen,

Christian Prauchner, Obmann des Bundesgremiums Lebensmittelhandel in der WKÖ

(PWK483/DFS)

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