Breite Debatte im EU-Ausschuss des Bundesrats über europäische Industriepolitik und die Energiewende
Die Mitglieder des EU-Ausschusses des Bundesrats befassten sich heute anlässlich einer von der Europäischen Kommission veröffentlichten Mitteilung zu den „Energiewende-Dialogen“ mit dem Green Deal der Europäischen Union. Die FPÖ forderte mit einem Antrag auf Stellungnahme unter anderem die Rücknahme des Green Deals sowie des Verbots von Benzin- und Dieselmotoren. Der Antrag wurde abgelehnt.
In einer seiner nächsten Sitzungen will der EU-Ausschuss des Bundesrats über das Freihandelsabkommen zwischen der EU und den lateinamerikanischen Mercosur-Staaten beraten. Das Thema gelangte für die heutige Sitzung noch nicht auf die Tagesordnung, da das entsprechende EU-Dokument noch nicht in deutscher Sprache vorliegt.
Neun „Energiewende-Dialoge“ mit Industrie und Sozialpartnern
Die Europäische Kommission initiierte neun „Energiewende-Dialoge“ mit Industrie und Sozialpartnern, um mit ihnen über die Umsetzung des Green Deals zu beraten. Im April 2024 veröffentlichte sie in einer Mitteilung dazu eine Bestandsaufnahme. Die darin erwähnten Legislativvorschläge wurden zu einem großen Teil bereits in EU-Recht verankert. Weitere Dialoge mit Industrie und Sozialpartnern sollen folgen. Zudem hat die Kommission in ihrem Arbeitsprogramm für 2025 weitere Initiativen angekündigt.
In der von der Kommission veröffentlichten Bestandsaufnahme wird betont, dass die Industrie und die Sozialpartner ihr Engagement zur Gestaltung und Umsetzung des europäischen Green Deals bekräftigten und ein „verstärkter industrieller Ansatz“ notwendig sei, um die drei EU-Ziele Klimaneutralität bis 2050, die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit und der Resilienz der Industrie sowie einen sozial gerechten und inklusiven Übergang zu erreichen. Es bedürfe dazu einer Transformation des gesamten Energie-, Mobilitäts- und Wirtschaftssystems sowie eines gesellschaftlichen Wandels.
Österreich unterstütze das europäische Ziel der Klimaneutralität bis 2050, sagte eine Expertin des Bundesministeriums für Klimaschutz und Umwelt im Ausschuss. Die bisherigen „Energiewende-Dialoge“ betrafen die Bereiche Wasserstoff, energieintensive Industriezweige, saubere Technologien, Infrastruktur, kritische Rohstoffe, forstbasierte Bioökonomie, Städte, saubere Mobilität und Stahl. Die darin abgedeckten Themen fallen nicht allein in den Kompetenzbereich des Klimaschutzministeriums, sondern betreffen auch andere Politikbereiche, betonte die Expertin.
Ein Experte der Wirtschaftskammer äußerte sich positiv zum „kooperativen Ansatz“ der „Energiewende-Dialoge“. Es brauche eine gesamteuropäische Strategie und keine staatlichen Alleingänge, so der Experte.
FPÖ: Green Deal als Kostentreiber
Andreas Arthur Spanring (FPÖ/N) sagte, dass seine Fraktion „alle Maßnahmen umsetzen wolle, bei denen es um Umweltschutz“ gehe. Ein Problem sehe er jedoch mit dem Begriff „Klimaschutz“, denn dieser stehe seiner Meinung nach unter dem „Deckmantel der Geldmacherei“. Derzeit gebe es eine Firmeninsolvenz nach der anderen, die „Preistreiberei“ habe jedoch schon vor dem Krieg in der Ukraine begonnen, so Spanring, der im Green Deal einen „enormen Kostentreiber“ sieht. So sei beispielsweise das Autofahren absichtlich teuer gemacht worden, sodass die Menschen davon Abstand nehmen – dies bringe jedoch Schaden für die Wirtschaft, sagte Spanring. Die Reduktion der Abhängigkeit von anderen Staaten bei der Energieversorgung sei auch aus seiner Sicht wünschenswert, doch auch Photovoltaik-Paneele und Teile für Windräder würden in Drittstaaten – insbesondere in China – produziert und daher neue Abhängigkeiten schaffen, sagte Spanring. Zudem sei unklar, wie man mit dem Recycling von PV-Anlagen und Windrädern umgehen werde. Weiters sei es für ihn eine „verlogene Debatte“, wenn in Österreich über den Bau einer dritten Flughafen-Piste diskutiert werde, während in Indien 70 neue Flughäfen geplant seien. Sein Fraktionskollege Michael Bernard (FPÖ/N) wollte wissen, wieviel Prozent eines Windrads im Ausland produziert werden und kritisierte, dass E-Mobilität wenig praktikabel sei – beispielsweise gebe es für Schwerlast-LKW keine Ladeinfrastruktur.
Spanring brachte einen Antrag auf Stellungnahme ein, mit dem er die Bundesregierung aufforderte, sich auf europäischer Ebene von „ideologiegetriebenen Klimaverboten zu distanzieren“, sich für eine Rücknahme des Green Deals und des Verbots von Benzin- und Dieselmotoren einzusetzen und das „unserer Wirtschaft schadende EU-Sanktionsregime gegen Russland“ zu beenden. Der Antrag blieb mit den Stimmen der FPÖ in der Minderheit und wurde damit abgelehnt.
SPÖ: Fehlende Transparenz bei Tarifen an E-Ladestationen
Aufgrund zahlreicher Krisen liege den Menschen „vieles an Sorge am Herzen“ meinte Manfred Mertel (SPÖ/K) und fragte, ob und wie Österreich und die EU auf die von Donald Trump angekündigten Schutzzölle vorbereitet seien. Daniel Schmid (SPÖ/T) thematisierte fehlende Transparenz bei den Preisen an Ladestationen für E-Autos. Es gebe 300 unterschiedliche Tarifmodelle – dies mache den Umstieg auf E-Mobilität unattraktiv, so Schmid. Nach der Absicherung von Arbeitsplätzen und dem Potential für neue Jobs im Zuge der Energiewende fragte Sebastian Forstner (SPÖ/O).
ÖVP: Bürokratie abbauen, „saubere Energie“ leistbar machen
Alle Fraktionen seien sich einig, dass man schauen müsse, dass die Wirtschaft wieder in Schwung komme, sagte Andrea Eder-Gitschthaler (ÖVP/S). Daher brauche es eine gemeinsame Strategie zum Bürokratieabbau und ein gesamteuropäisches Konzept, um saubere Energie leistbar zu machen. Die Abhängigkeit von China nannte sie „besorgniserregend“. Der Green Deal habe seine Berechtigung, auch seine Fraktion sei für „ideologieoffene Technologien“, meinte Bernhard Ruf (ÖVP/O). Für die hohen Preise seien Lieferkettenprobleme sowie der Krieg in der Ukraine verantwortlich, eine „Greenflation“ gebe es nicht, so Ruf. Ferdinand Tiefnig (ÖVP/O) wollte wissen, warum nicht mehr Geld in Forschung investiert werde.
Grüne: Mit erneuerbarer Energie gegen Abhängigkeiten
Die Teuerung habe bereits vor dem Krieg in der Ukraine begonnen, sagte Marco Schreuder (Grüne/W). Lieferkettenprobleme hätten gezeigt, wie volatil das System sei. Eine Industriestrategie müsse daher eine europäische sein, so Schreuder. In Bezug auf die Diskussion über die Abhängigkeit von China verwies er darauf, dass Erdöl, Diesel und Gas auch nicht aus Österreich stammten, sondern aus Staaten mit „fragwürdiger Politik“. Daher seien erneuerbare Energien, „das einzige, wo wir selbst drauf schauen können“, sagte Schreuder.
Klimaschutzministerium: Green Deal bedeutet Wandel
Es werde oft missverstanden, dass der Green Deal so viel koste, meinte die Expertin des Klimaschutzministeriums. Beim Green Deal gehe es um Umlenkung und Transformation – so fließe beispielsweise Geld aus dem Emissionshandel in den sozialen Klimafonds. Es brauche zudem breiteres Denken: Denn wenn man sage, dass Klimaschutz zu viel koste, vergesse man, dass das Nichtstun oft noch viel teurer sei – beispielsweise wenn es immer öfter zu Hochwasser komme, unterstrich die Expertin. Dieser Transformationsprozess weise hohes Jobpotential auf – beispielsweise im Bereich der Gebäudesanierung. Das Problem sei aber, dass es oft schwierig sei, in den gefragten Jobbereichen qualifiziertes Personal zu finden. In manchen anderen Bereichen würden Jobs auch verloren gehen: „Es ist ein Wandel“, betonte die Expertin des Klimaministeriums.
Die Industrie in Österreich sei bereits in der Rezession. Starke Nachfrage aus den USA sei ein Lichtblick, daher wäre ein Handelskrieg mit den USA „aktuell sehr schwierig“, sagte der Experte der Wirtschaftskammer zur Frage hinsichtlich der von Donald Trump angekündigten Schutzzölle. Zum Thema Forschung und Entwicklung meinte der Experte, dass das Problem nicht darin liege, dass zu wenig Geld in diesen Bereich fließe, sondern dass Gründer:innen von Start-ups ins Ausland abwandern würden, weil es dort für sie attraktivere Bedingungen gebe.
Der neue oberösterreichische Bundesrat Sebastian Forstner (SPÖ) wurde am Beginn der Sitzung zum 1. Schriftführer gewählt. Er ist in den Bundesrat für Bettina Lancaster (SPÖ/O) nachgerückt, die ihr Mandat zurückgelegt hat. (Schluss EU-Ausschuss des Bundesrats) bea
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