61. Wiener Gemeinderat (3)
StRin Mag. Isabelle Jungnickel (ÖVP) meinte, die Teuerung würde viele Menschen und Unternehmen in der Stadt vor große Probleme stellen. Das Valorisierungsgesetz mit automatischer Erhöhung von Gebühren trüge „natürlich“ zu mehr Belastung und zur Inflation bei. So würden auch 2025 ab 1. Jänner Müll, Wasser und Kanalgebühren steigen. Es seien nicht die privaten Vermieter*innen, die das Wohnen teurer machen, sondern die Stadt über die steigenden Gebühren, die dann in die Betriebskosten einfließen, argumentierte die ÖVP-Mandatarin. Die Stadt hätte durch die automatischen Erhöhungen in den vergangenen vier Jahren 600 Millionen Euro Mehreinnahmen lukriert, rechnete Jungnickel vor. Diese Mittel seien eigentlich zweckgebunden – das Geld werde aber laut Jungnickel von der Stadtregierung dafür verwendet, „Budgetlöcher“ zu stopfen. Sie forderte eine Gebührenbremse und ein Aussetzen des Valorisierungsgesetzes.
GRin Mag. Andrea Mautz (SPÖ) warf der FPÖ vor „Kraut und Rüben“ zu vermischen und „realitätsfern, in einem wilden Durcheinander“ alles schlecht zu reden. Wien sei „top in der Daseinsvorsorge“, konterte Mautz – dazu gehöre die Müllabfuhr, das Abwassermanagement, die Wasserversorgung, der öffentliche Verkehr und vieles mehr. „Für diese Dienstleitungen zahlen die Wiener*innen Gebühren, wie in allen anderen Städten und Gemeinden auch“, stellte Mautz fest. Diese seien in der Großstadt Wien mit ausgezeichnetem Angebot im Vergleich zu anderen, kleineren Kommunen sogar deutlich günstiger. Sie verglich Tarife für Wasser oder Müllabfuhr in anderen Städten von Sankt Pölten bis Villach, die allesamt über den Gebühren von Wien lägen. Die Ausgaben seien sehr wohl zweckgebunden, so würden die Gelder aus der Parkraumbewirtschaftung in den Ausbau der Öffis fließen. Die laufende Valorisierung schütze vor plötzlichen und starken Erhöhungen der Gebühren – so würden die Preise, wenn notwendig, um ein paar Euro pro Jahr steigen; eine Steigerung die für die Haushalte in der Stadt vertretbar sei, schloss Mautz.
Tagesordnung
Im Anschluss an die „Aktuelle Stunde“ stand die Hauptdebatte auf der Tagesordnung. Inhalt waren die Berichte des Rechnungshofes.
GR Wolfgang Seidl (FPÖ) bedankte sich für die Berichte des Rechnungshofs. Er sprach kurz zur Prüfung der „Obdach Wien“, ein gemeinnütziges Unternehmen, das dem Fonds Soziales Wien gehört. Das Unternehmen kümmert sich darum, Unterkünfte für obdachlose Menschen anzubieten – eine wichtige Dienstleitung wie Seidl betonte. Wie aus dem Bericht des Rechnungshofs ersichtlich sei, hätte das Unternehmen in den letzten Jahren Schwierigkeiten bekommen, weil der Gemeinderat manchmal nicht ausreichende Geld zur Verfügung gestellt habe, kritisierte Seidl. Auch hätte der Rechnungshof das Angebot bzw. die Förderung der 24-Stunden-Pflege in Wien und Oberösterreich untersucht. Das Thema Pflege sei eine der größten Verantwortungen für den künftigen Gesundheitsminister oder die künftige Gesundheitsministerin. „Wir werden da Erfolge brauchen und es wird Geld kosten“, sagte Seidl.
GR Mag. (FH) Jörg Konrad (NEOS) lobte die Arbeit des Rechnungshofs. Ein Bericht betreffe die Social Media-Auftritte von Regierungs-Politiker*innen, wobei auch Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr (NEOS) unter die Lupe genommen worden sei – konkret forderte der Rechnungshof eine Trennung von Regierungs- und Parteikommunikation. Vizebürgermeister Wiederkehr hätte die Anregungen des Rechnungshofs bereits aufgegriffen und Verbesserungen umgesetzt, versicherte Konrad. So gebe es ein klares Impressum und eine transparentere Trennung von Partei- und Regierungscontent. Der Stadtrechnungshof poche zu Recht auf Effizienz, Zweckmäßigkeit und Sparsamkeit, sagte der NEOS-Mandatar. Staat, Länder und Gemeinden wie Wien müssten für die Zukunft gut aufgestellt sein, um den Wohlstand im Land auch für künftige Generationen sicherzustellen. Auch seien Compliance und Transparenz wichtige Aspekte der Berichte des Rechnungshofs. Die NEOS würden diese Werte „voll mittragen“ und diese Einstellung auch in den aktuell laufenden Koalitionsgesprächen im Bund vertreten.
GRin Mag. Barbara Huemer (GRÜNE) sprach zum Thema Pflege in Österreich und zum Bericht der Förderung der 24-Stunden-Betreuung in Wien und Oberösterreich. Huemer warnte vor einer drohenden Unterversorgung durch den demographischen Wandel einerseits und einer Pensionierungs-Welle bei Pfleger*innen andererseits. Es sei also wichtig, dass der Rechnungshof bei diesem Thema genau hinschaue, betonte Huemer. Der Rechnungshof hätte eine Pflegereform und einheitliche Lösungen und Harmonisierung der Angebote in den Ländern gefordert; nach wie vor gebe es aber in jedem Bundesland eigene Regelungen und es herrsche weiterhin ein „Kompetenz-Hickhack“ zwischen Ländern und Bund. Auch Wien hätte nur einen Bruchteil der Empfehlungen des Rechnungshofs umgesetzt. Der Föderalismus stelle sich nach wie vor als Hemmschuh für eine notwendige Angleichung des Angebots heraus: „Ich kann nicht nachvollziehen, warum bei einer bundesweiten Pflegereform nichts weitergeht“, kritisierte Huemer den Bund. „Offenbar ist der Leidensdruck nicht groß genug. Die Österreicher*innen verdienen eine Pflege auf höchstem Niveau und diese darf nicht davon abhängen, in welchem Bundesland man wohnt.“ Sie verwehrte sich gegen eine Nivellierung nach unten und Einsparungen bei der Pflege und appellierte an die künftige Bundesregierung, eine gute Regelung zusammenzubringen: „Probieren Sie es wenigstens!“
GR Dr. Markus Wölbitsch, MIM (ÖVP) sprach zum „Schwarzen Freitag“ bei der Wien Energie vor zwei Jahren, als der städtische Energieversorger wegen Verwerfungen an den Energiebörsen in Zusammenhang mit dem Überfall Russlands auf die Ukraine dringend Geldmittel gebraucht hatte, die per Notkompetenz des Bürgermeisters freigegeben wurden. Er verwies auf Erkenntnisse aus der Untersuchungskommission aus dem Vorjahr zum Thema, die auch in den entsprechenden Bericht des Rechnungshofs eingeflossen seien. Der Rechnungshof des Bundes hätte es – wie die Wiener ÖVP in der Untersuchungskommission – sehr zweifelhaft gefunden, dass Milliarden Euro „mit einer Unterschrift auf einem Zettel“ vom Bürgermeister ohne Gegenchecks und Information zugeteilt werden konnten. Auch hätte sowohl die ÖVP in der Untersuchungskommission ebenso wie der Rechnungshof die Intransparenz rund um den „Cashpool“ der Stadtwerke kritisiert, betonte Wölbitsch. Weiters hätten sowohl ÖVP als auch der Rechnungshof das Risikomanagement der Wien Energie kritisch beäugt. Konkret sei die Strategie auf den Energiemärkten nicht „alternativlos“ gewesen, wie von Stadt und Wien Energie-Management argumentiert, der städtische Energieversorger hätte auch anders handeln können und damit Turbolenzen verhindern können, hätten sowohl der Bundesrechnungshof als auch die Untersuchungskommission festgestellt, meinte Wölbitsch. Dank Untersuchungskommission und Bundesrechnungshof-Prüfung gebe es jetzt ein besseres Beteiligungs-Controlling und -Management durch die Stadt und klarere Regeln bei der Besetzung von Aufsichtsräten bei stadteigenen Unternehmungen. Ebenso sei der neue Corporate Governance Codex ein Ergebnis der Untersuchungskommission gewesen, ebenso wie neue Regeln für das Handeln auf den Energiebörsen. Der nächste Schritt müsse eine Überarbeitung der Notkompetenz des Bürgermeisters in Richtung mehr Kontrolle und Transparenz sein, forderte Wölbitsch. Eine weitere Reform des Instruments der Untersuchungskommission, die mehr Einblick-Möglichkeiten für das Gremium bringen könne, werde ebenso schon zwischen Opposition und Regierungsparteien verhandelt. Abschließend sprach Wölbitsch zur Prüfung des Rechnungshofs der Inseratenvergabe der Stadt. „Wenn es einen Rechnungshofbericht gibt, der er sagt, die Inseratenvergabe, wie sie derzeit stattfindet, ist nicht transparent objektiv und der aufzeigt, wie sie reformiert werden kann, dann ist es keine Wertschätzung des Rechnungshofs, wenn die zuständige Behörde sagt, nein, das setzten wir so nicht um.“
GR Dr. Kurt Stürzenbecher (SPÖ) lobte ebenso die Bedeutung der Arbeit des Rechnungshofs. „Wir nehmen diese Beichte und Ergebnisse sehr ernst“, sagte der SPÖ-Mandatar. Der Rechnungshof sei ein wichtiges „Hilfsorgan“ für das Bundes- und Stadtparlament, betonte Stürzenbecher. Kontrolle sei nicht nur Aufgabe der Opposition, sondern auch der Regierung. Er hob die traditionell „sachliche Debatte“ zu den Berichten im Gemeinderat hervor. Der Rechnungshof prüfe die rechnerische und buchhalterische Richtigkeit von Vorgängen, über die Zweckmäßigkeit – die auch vom Rechnungshof geprüft würde – könne es aber unterschiedliche Ansichten zwischen Stadt und Prüfer*innen geben, meinte Stürzenbecher. Der Rechnungshof sei „kein Gericht dessen Urteile bindend“ sei und seine Erkenntnisse und Empfehlungen weit entfernt „von einem Gottesurteil, bei dem es keine Gegenargumente geben kann“. Mit dieser Einschätzung, die von vielen Verfassungsrechtler*innen geteilt würde, gehe die Stadt Wien auch bei der Umsetzung von Empfehlungen vor. Stürzenbecher sprach ebenfalls zur Prüfung der Wien Energie: Die Untersuchungskommission hätte die politische Verantwortung der Beteiligten zu prüfen, der Rechnungshof andere Aspekte wie Zweckmäßigkeit und buchhalterische Richtigkeit. Der Bericht des Stadtrechnungshofs würde jedenfalls bestätigen, dass es bei der Wien Energie „keine Spekulation oder spekulative Geschäfte an den Energiebörsen wie Leerverkäufe oder Wetten auf fallende Kurse“ gegeben hätte. Die Wien Energie hätte mit den neu aufgesetzten Governance-Richtlinien und Risikomanagement „ein Vorzeigeprojekt für die Branche“ geschaffen, betonte Stürzenbecher. Überhaupt hätte die Wien Energie rückschauend auf den „Schwarzen Freitag“ an den Energiebörsen gut reagiert. Bei der Notkompetenz für den Bürgermeister werde eine Änderung der Geschäftsordnung diskutiert – so würden bestimmte Voraussetzungen genauer ausformuliert, Stichwort „Unverzüglichkeit“ der Information des Gemeinderats, meinte Stürzenbecher. Ebenso stünden Nachbesserungen bei der Geschäftsordnung zum Thema zwingenden Aktenlieferung an Untersuchungskommissionen zur Debatte, kündigte Stürzenbecher an. Von den Bundesrechnungshof-Empfehlungen zur Wien Energie seien die Empfehlung zur Verbesserungen bei den Regelungen bei der Bestellung von Aufsichtsräten und der Erstellung einer Corporate Governance Kodex bereits umgesetzt, schloss Stürzenbecher. (Forts.) ato
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