Nationalrat beschließt Nulllohnrunde für Bundespolitiker:innen
Der Nationalrat hat an seinem voraussichtlich letzten Sitzungstag in diesem Jahr eine Nulllohnrunde für Politiker:innen auf Bundesebene beschlossen. Damit bleiben unter anderem die Bezüge des Bundeskanzlers, der Minister:innen, des Bundespräsidenten, der Abgeordneten und der Mitglieder des Bundesrats im kommenden Jahr eingefroren. Auch Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker und die drei Volksanwält:innen sind davon betroffen. Der Beschluss fiel mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ, NEOS und Grünen, Anträge von Grünen und FPÖ, auch Landespolitiker:innen einzubeziehen, fanden keine Mehrheit. Die Gehälter von öffentlich Bediensteten des Bundes werden im kommenden Jahr um 3,5 Prozent steigen.
Basis für den Beschluss zu den Politikerbezügen bildete ein gemeinsamer Antrag von ÖVP und SPÖ, der erst am Montag im Budgetausschuss eingebracht worden war. Angesichts der „davongaloppierenden Ausgaben“ handle es sich bei der Nulllohnrunde zwar nur um einen symbolischen Akt, hielten die SPÖ-Angeordneten Andreas Haitzer und Christian Oxonitsch fest, dieser sei dennoch wichtig. Christoph Zarits (ÖVP) sprach von einem Zeichen mit Signalwirkung.
FPÖ, NEOS und Grüne fordern Einbeziehung von Landespolitiker:innen
FPÖ, NEOS und Grüne bedauerten, dass die Nulllohnrunde nur für die Bundespolitik, aber nicht für Landespolitiker:innen gelten wird. In budgetär schwierigen Zeiten brauche es ein Zeichen, auch für Landespolitiker:innen wäre eine Nulllohnrunde „verkraftbar“, sagte etwa NEOS-Abgeordneter Johannes Gasser.
Die FPÖ unterstrich ihre Forderung nach einer Nulllohnrunde auch für Landespolitiker:innen mit einem Entschließungsantrag. Zudem drängte FPÖ-Abgeordneter Markus Leinfellner darauf, auch hochdotierte Manager:innen in staatsnahen Unternehmen in das Vorhaben einzubeziehen und das verlorengegangene einheitliche Gefüge bei den Politikerbezügen in Bund und Ländern wieder herzustellen. Bezugserhöhungen von Politiker:innen sollten ihm zufolge künftig an die Entwicklung des mittleren Äquivalenzeinkommens in Österreich gekoppelt werden. Eine erweiterte Nulllohnrunde wäre „ein mutiger Schritt, um die Kluft zwischen Bevölkerung und politischer Klasse zu schließen“, argumentierte Leinfellner. Viele Menschen in Österreich könnten sich ihre Miete, Heizmaterial oder Mitgliedsbeiträge für Sportvereine ihrer Kinder nicht mehr leisten. Eine Nulllohnrunde für rund 200 Personen werde nicht viel bringen. Auch sein Parteikollege Alexander Petschnig warb für den Entschließungsantrag.
Viel Kritik an der FPÖ
Scharfe Kritik an der FPÖ übte die geschäftsführende Klubobfrau der Grünen, Sigrid Maurer. Die FPÖ wisse genau, dass ein Entschließungsantrag wegen des bestehenden Zeitfaktors nichts bewirken würde, sagte sie. Zudem hält sie die Freiheitlichen in dieser Frage angesichts der Haltung mancher FPÖ-Landespolitiker:innen für unglaubwürdig. Die FPÖ tue so, als ob sie für die kleinen Leute sei, meinte sie, während in den von der FPÖ mitregierten Ländern „wieder der Rubel rollt“. Ähnlich argumentierte NEOS-Abgeordneter Gasser.
Wenn schon eine „Nulllohnrunde“, dann für alle, forderte auch Grünen-Chef Werner Kogler von der Regierugnsbank. Er äußerte die Vermutung, dass sich vor allem ÖVP und SPÖ gegenüber den Ländern nicht durchsetzen haben können. Ihm schwant daher für große Reformprojekte nichts Gutes. Wenn es schon in jenen Fällen, in denen sich im Grunde alle Nationalratsparteien einig seien, nicht gelinge, „die Länder in die Schranken zu weisen“, wie solle man dann große Reformen zustandebringen, fragte er.
Ein von Maurer eingebrachter Abänderungsantrag zur Einbeziehung der Landespolitiker:innen in die Nulllohnrunde wurde bei der Abstimmung zwar von FPÖ und NEOS mit unterstützt, verfehlte die dafür notwendige Zweidrittelmehrheit aber deutlich. Zwar sprachen sich auch die SPÖ-Abgeordneten Haitzer und Oxonitsch für Sparmaßnahmen in den Ländern aus, die SPÖ sei aber „nicht der Kickl-Unterstützungsverein“, sagte Oxonitsch. Dieser sei selbst gefordert, sich in seinen Landesparteien durchzusetzen. Keine Unterstützung über die eigene Fraktion hinaus erhielt der Entschließungsantrag der FPÖ, wobei SPÖ-Abgeordneter Oxonitsch in der Debatte unter anderem festhielt, dass ein Abstellen auf das Äquivalenzeinkommen im Jahr 2023 eine Bezugserhöhung für Politiker:innen von 13 % bewirkt hätte.
3,5 Prozent mehr Gehalt für öffentlich Bedienstete
Anders als Bundespolitiker:innen werden Beamt:innen und Vertragsbedienstete des Bundes eine Gehaltserhöhrung bekommen. Der Nationalrat stimmte mit breiter Mehrheit von ÖVP, SPÖ, FPÖ und Grünen für den zwischen Regierung und Beamtengewerkschaft vereinbarten zweijährigen Gehaltsabschluss. Demnach werden die Gehälter im öffentlichen Dienst im kommenden Jahr um 3,5 % steigen, wobei gleichzeitig ein Mindestbetrag von 82,4 Ꞓ und ein Deckel von 437,8 Ꞓ vereinbart wurden. Für 2026 ist dann ein Plus in der Höhe der Inflationsrate inklusive eines Aufschlags von 0,3 Prozentpunkten vorgesehen. Eingearbeitet wurde der Gehaltsabschluss in eine von ÖVP, SPÖ und Grünen gemeinsam beantragte 2. Dienstrechts-Novelle 2024, die auch verschiedene Detailänderungen im Dienstrecht enthält. Diese betreffen etwa die Führungskräfteausbildung für Vertragsbedienstete und die besondere Bewertung von Unterricht in Deutschförderklassen.
NEOS sehen Gehaltsabschluss kritisch
Seitens der NEOS begründete Abgeordneter Johannes Gasser die Ablehnung des Gesetzesantrags mit den bestehenden budgetären Herausforderungen. Die „Koste-es-was-es-wolle-Politik“ der letzten Jahre habe dazu geführt, dass die neue Regierung nun Sparpakete werde schnüren müssen, betonte er. Alle ausgabenseitigen Maßnahmen bräuchten eine Gegenfinanzierung. Zudem hätte ihm zufolge bei der Gehaltsanpassung berücksichtigt werden müssen, dass im öffentlichen Dienst – im Gegensatz zur Privatwirtschaft – keine wirtschaftliche Unsicherheit bestehe und die Gefahr von Arbeitslosigkeit nicht gegeben sei. Auch dass mit dem zweijährigen Gehaltsabschluss budgetäre Fakten schon für das Jahr 2026 geschaffen wurden, ist Gasser ein Dorn im Auge. Es sei unumstritten, dass in manchen Bereichen des öffentlichen Dienstes eine große Personalnot bestehe, sagte er, bei der Gehaltserhöhung werde aber nicht differenziert.
Breites Lob für den öffentlichen Dienst
Die beiden ÖVP-Abgeordneten Christoph Zarits und Romana Deckenbacher strichen demgegenüber die Leistungen der einzelnen Bereiche des öffentlichen Dienstes hervor. Der öffentliche Dienst sei das Rückgrat der Gesellschaft und unverzichtbar, betonte etwa Zarits. In Österreich sei vieles besser als in anderen Ländern. Er und Deckenbacher werteten den Gehaltsabschluss in diesem Sinn als „faires Verhandlungsergebnis“. Der zweijährige Gehaltsabschluss bringe den Beschäftigten außerdem Planungssicherheit, sagte Zarits. Es sei auch notwendig, den öffentlichen Dienst für die junge Generation attraktiv zu machen.
Josef Muchitsch (SPÖ) wies darauf hin, dass rund 250.000 Bundesbedienstete direkt vom zweijährigen Gehaltsabschluss betroffen seien. Der Mindest- und der Höchstbetrag sorgen ihm zufolge dafür, dass die niedrigsten Gehälter um 3,8 % steigen, die höchsten hingegen nur um 3,2 %. Betroffen seien Müllabfuhr und Gartenpflege in öffentlichen Bereichen ebenso wie Polizist:innen, Lehrer:innen und Mitarbeiter:innen in Verkehrsunternehmen. Die Beschäftigten hätten sich diese Erhöhung – wie alle anderen Arbeitnehmer:innen – „wirklich verdient“, sagte Muchitsch. Zumal die Lohnerhöhung als Ausgleich für die Teuerung zu sehen sei, für die der öffentliche Dienst nichts könne. Allgemein mahnte Muchitsch zudem Maßnahmen gegen die Teuerung ein.
Markus Koza (Grüne) gab zu bedenken, dass weit mehr als die Hälfte der Beschäftigten im öffentlichen Dienst Vertragsbedienstete seien und das mittlere Einkommen im öffentlichen Dienst unter dem mittleren Einkommen von Angestellten liege. Da der öffentliche Dienst in einem „massiven Wettbewerb“ mit der Privatwirtschaft stehe, brauche es außerdem attraktive Arbeits- und Einkommensbedingungen. Er appellierte an die Länder und Gemeinden, den Gehaltsabschluss nachzuvollziehen.
Kozas Fraktionskollegin Barbara Neßler richtete ihren Fokus insbesondere auf den Bildungsbereich. Man könne nicht, wie es die NEOS getan hätten, am gleichen Tag 20.000 neue Lehrpersonen fordern und sich gleichzeitig über den Gehaltsabschluss für den öffentlichen Dienst „empören“, sagte sie. Auch wies sie auf die Leistungen von Kindergartenpädagog:innen hin.
FPÖ fordert Reparatur des Bundes-Gleichbehandlungsgesetzes
Seitens der FPÖ signalisierte Dagmar Belakowitsch Zustimmung zum Gesetzesantrag. Sie sieht es zwar als „Nachteil“, dass Spitzengehälter „über Gebühr erhöht werden“, insgesamt begrüßte sie den Gehaltsabschluss aber.
In erster Linie nutzte Belakowitsch die Debatte dazu, um eine „Reparatur“ des Bundes-Gleichbehandlungsgesetzes zu fordern, und bedauerte, dass entsprechende Anträge der Freiheitlichen im Budgetausschuss vertagt wurden. Sie wertet es als „gefährliche Entwicklung“, dass im Gesetz nur noch von „Geschlecht“ die Rede ist und nicht mehr von Männern und Frauen. Damit würden Schutzräume für Frauen und Mädchen in Gefahr kommen. Sie wolle nicht, dass ein Mann, der sich als Frau fühle, Zugang zu Frauen-Umkleidekabinen in Schwimmbädern bekomme, sagte Belakowitsch.
Kogler: Besoldungsreform ist fix und fertig ausgearbeitet
Dem hielt Beamtenminister Werner Kogler entgegen, dass aus dem Bundes-Gleichbehandlungsgesetz nichts Derartiges herausgelesen werden könne. Vielmehr sei es bei der letzten Dienstrechts-Novelle darum gegangen, bei der Begriffswahl einen verfassungskonformen Zustand herzustellen.
Zum Gehaltsabschluss für den öffentlichen Dienst merkte Kogler an, die Erhöhung liege 2025 um 0,3 % unter der zugrunde gelegten Inflation, was im darauffolgenden Jahr kompensiert werde. In den meisten Branchen habe es höhere Gehaltsabschlüsse gegeben. Die Kosten für das Budget bezifferte er für 2025 mit 620 Mio. Ꞓ.
Für die Zukunft als essenziell hält Kogler eine allgemeine Besoldungsreform im öffentlichen Dienst mit höheren Einstiegsgehältern und gleichzeitig flacheren Gehaltskurven. Ein Vorschlag dafür sei „fix und fertig ausgearbeitet“, er habe die Gewerkschaft aber nicht dafür gewinnen können. (Fortsetzung Nationalrat) gs
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