Smartphones statt Kindheit: Warum wir unseren Umgang mit Medien neu denken müssen
Kommentar von Johannes Knierzinger
Als die Sozialen Netze in den 2000er-Jahren immer mehr an Bedeutung gewannen, haben wir versäumt ein Mindestalter für die Nutzung festzulegen. Rückblickend war das ein großer Fehler.
Bereits 58 Prozent der Kinder im Alter von fünf bis acht Jahren besitzen heute ein eigenes Smartphone oder Tablet. Das sollte uns zu Denken geben. Smartphones und Soziale Medien verändern die Kindheit grundlegend – wie der Psychologe Jonathan Haidt in seinem Buch “The Anxious Generation” sehr treffend beschreibt. Im Positiven, wie auch im Negativen. Neben offensichtlichen Risiken wie Suchtpotenzial und Ablenkung sind es vor allem die langfristigen Auswirkungen auf die psychische Gesundheit, die alarmieren: Kinder werden ängstlicher, gestresster und zunehmend sozial isoliert.
Ein entscheidender Punkt ist dabei oft das Missverständnis, dass der bloße Zugang zu digitalen Geräten Medienkompetenz vermittelt. Dass Kinder ein Tablet bedienen oder eine Präsentation erstellen können, bedeutet nicht, dass sie einen guten und für sie sicheren Umgang damit haben. Genau da setzt echte Medienbildung an: Sie hilft, Inhalte kritisch zu hinterfragen und digitale Werkzeuge verantwortungsvoll einzusetzen. Kinder müssen lernen, wie Medien ihre Wahrnehmung beeinflussen, wie Informationen manipuliert werden können und welche ethischen Fragen digitale Technologien aufwerfen, bevor wir sie mit einem digitalen Endgerät allein umgehen lassen. Ohne diese Fähigkeiten bleiben sie anfällig für die negativen Einflüsse der digitalen Welt. Als Lehrer sehe ich täglich, wie wichtig es ist, Kinder auf die Herausforderungen der digitalen Welt vorzubereiten. Ich erlebe immer wieder mit, was passieren kann, wenn es an dieser Vorbereitung fehlt – beispielsweise, wenn Kinder im Unterricht einschlafen, weil sie nachts auf Social Media gesurft sind und nicht abschalten konnten.
Australien hat jetzt das strengste Online-Jugendschutzgesetz der Welt. Beide Kammern des Parlaments stimmten mit großer Mehrheit für das “Online Safety Amendment (Social Media Minimum Age)”. Das Ziel: Kinder und Jugendliche unter 16 vor den süchtig machenden, schädlichen Auswirkungen von Social Media zu schützen. Für mich verdeutlicht diese Maßnahme, dass wir an einem kritischen Punkt sind. Wir müssen uns jetzt auch im deutschsprachigen Raum darum kümmern, dass unsere Kinder zu gesunden und mündigen Erwachsenen heranwachsen können. Dafür braucht es in einer zunehmend digitalen Welt auch ordentliche Medienbildung – ab der Volksschule oder eigentlich schon früher!
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