Die Zukunft der Ernährung: Dr. Clemens Röhrl über regionale Pflanzenforschung und ihre Bedeutung für Gesundheit und Umwelt
Warum ist der Anbau von regionalen Lebensmitteln entscheidend für die Reduzierung von Kohlenstoffdioxid-Emissionen? Wie kann innovative Forschung an Apfelsorten Allergien entgegenwirken? Dr. Clemens Röhrl, Projektleiter des Interreg-geförderten Projekts Regio-Plants, gibt im Interview Einblicke in die Welt der regionalen Lebensmittelforschung und deren Einfluss auf unsere Gesundheit. Außerdem erklärt er, wie ein starkes Netzwerk aus Forschungseinrichtungen, das durch die Interreg-Förderung entsteht, die Zukunft der Ernährung mitgestalten kann.
Priv.-Doz. Mag. Clemens Röhrl, PhD ist Projektleiter beim Lead-Partner Fachhochschule Oberösterreich – Campus Wels, Center of Excellence Lebensmitteltechnologie und Ernährung für das von Interreg geförderte Projekt Regio-Plants.
Herr Dr. Röhrl, worum geht es im durch Interreg geförderten Projekt Regio-Plants?
„Also im Projekt Regio-Plants geht es in erster Linie darum, regionale Rohstoffe und regionale pflanzliche Lebensmittel in den Fokus der Forschung zu bringen. Und eben das kann man im Interreg-Projekt sehr gut verwirklichen.“
Was ist das Besondere an Interreg?
„Diese Förderung im Rahmen der Interreg-Schiene ist insofern besonders, als dass geographische Regionen gefördert werden. Man kann in engen geographischen Regionen wie Bayern, Oberösterreich zusammenarbeiten – und zwar grenzüberschreitend. In Innsbruck haben wir das Austrian Drug Screening Institute als Partner, in Oberösterreich auch das Lebensmittelkompetenzzentrum FFoQSI an Bord, an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf ist der Obstbau. Wir haben an der TU München Methoden, die wir an der Fachhochschule Oberösterreich nicht haben und das ergänzt sich alles wunderbar.“
Glauben Sie, dass dieses dadurch entstandene Netzwerk auch in Zukunft für andere Projekte nützlich ist?
„Wir haben einfach gesehen in dem Projekt, dass wir unter den Kooperationspartnern extrem ähnliche Interessen haben, aber unterschiedliche Herangehensweisen. Wir gehen sicher davon aus, dass es in weiterer Zukunft auch Kooperationen geben wird.“
Warum ist regionaler Anbau von Lebensmitteln wichtig?
„Die Regionalität von den Lebensmitteln ist deswegen ein Schlüsselaspekt, weil der Lebensmitteltransport weltweit ungefähr drei Gigatonnen Kohlenstoffdioxid-Ausstoß bedingt. Und das sind annähernd 10% des gesamten globalen Kohlenstoffdioxid-Ausstoßes. Das heißt, der Lebensmitteltransport spielt eine wichtige Rolle. Und eben deswegen macht es Sinn, auf regionale Lebensmittel zu setzen und die in Fokus der Wissenschaft, aber auch der Bevölkerung bringen zu können.“
Mit welchem Lebensmittel beschäftigen Sie sich aktuell besonders?
„Ein sehr starker Fokus in diesem Projekt liegt auf dem Apfel. Der Apfel hat weitreichend belegte positive Effekte. Es gibt sehr, sehr viele wissenschaftliche Studien, dass das „An apple a day keeps the doctor away“ wirklich wissenschaftlich untermauert ist und gleichzeitig haben etwa 10 Prozent der Deutschen eine Allergie gegen Apfel. Das kommt daher, weil dieses Apfelallergen vom Körper als sehr ähnlich dem Birkenallergen erkannt wird und deswegen reagieren viele Personen eben auf den Apfel allergisch. Es geht in diesem Projekt darum, Sorten zu finden, aber auch Anbaumethoden zu finden, Lagerungsmethoden zu finden, sodass am Ende für den Konsumenten, die Konsumentin, ein gesunder Apfel herausschaut, der auch vertragen wird.“
Gibt es schon erste Erkenntnisse?
„Optimieren kann man das in erster Linie durch die Sortenauswahl. Also am Anbaugebiet der HSWT in Schlachters stehen über 150 alte Apfelsorten zur Verfügung, die man untersuchen kann auf ihr allergenes Potenzial, auch für ihr gesundheitsförderndes Potenzial. Und allein schon bei der Auswahl der Apfelsorten kann man da sehr, sehr viel erreichen. Unsere ersten Daten zeigen, dass es da einen sehr hohen Unterschied gibt zwischen verschiedensten Apfelsorten. Man kann bisher aber noch nicht pauschal sagen, dass eine alte Apfelsorte automatisch besser ist in Bezug auf den Allergenengehalt als Sorten, die marktüblich sind. Also da ist noch sehr viel Forschung möglich.“
Was wollen Sie in Zukunft im Rahmen von Regio-Plants noch erreichen?
„Zum einen soll dieser Netzwerkcharakter ausgebaut werden. In Bezug auf diesen Projektfokus auf den Apfelsorten, ist es natürlich dann interessant, Apfelsorten zu nehmen mit geringem allergenem Potenzial und dort Züchtungen zu machen mit Sorten, die guten Ertrag bieten, gut lagerbar sind. Und solche Projekte brauchen eben einen großen Zeithorizont. Und ein weiteres Projektziel ist, dass wir erforschen, wie diese Lebensmittelinhaltstoffe von verschiedenen Pflanzen in der Region wirken. Pflanzen, pflanzliche Wirkstoffe, sind die Grundlage für sehr, sehr viele Medikamente, die wir heute benutzen. Und zu verstehen, wie diese Pflanzen auf den Körper wirken, kann uns helfen, weitere Pflanzen zu entdecken, die man kommerziell nutzen kann, die diesen Effekt haben. Und das kann dann sogar dazu führen, dass aufbauend auf diesen pflanzlichen Wirkstoffen Medikamente entwickelt werden. Da gibt es für die Zukunft extrem großes Potenzial.“
Vielen Dank für das Gespräch.
Über EU4Regions:
Die Kohäsionspolitik hat klare Ziele für den Förderzeitraum 2021-2027 definiert: Ein durch Innovation intelligentes Europa, ein grüneres, CO2-emissionsarmes Europa, ein stärker vernetztes Europa, ein sozialeres Europa und ein bürgernäheres Europa. Nachhaltige Herausforderungen rücken in den Fokus der Gesellschaft, insbesondere in Deutschland und seinen Nachbarländern. Im Rahmen des Projekts „EU4regions“ werden hochwertige multimediale und journalistische Informationen zur Kohäsionspolitik produziert und anschließend breit gestreut. Innerhalb von 12 Monaten wird über Interreg-Projekte aus West- und Ostdeutschland und den Nachbarländern/-regionen berichtet, um lokale Herausforderungen aufzuzeigen. Die betroffenen Länder sind Polen, die Tschechische Republik, Österreich, die Schweiz, Frankreich, die Niederlande und Dänemark. Unser thematischer Schwerpunkt ist die Nachhaltigkeit, wobei wir Nachhaltigkeit als Ganzes verstehen. Obwohl Klimafragen im Mittelpunkt stehen, werden sie durch wirtschaftliche und soziale Aspekte ergänzt. Ziel ist es, zu zeigen, wie sich die EU-Kohäsionspolitik auf Regionen und Menschen auswirkt.
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