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Kleinkinder haben kein Verständnis von Moral

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Die Frage, ob Moral angeboren ist, wird in der Entwicklungspsychologie seit Jahrzehnten kontrovers diskutiert. Bislang gab es dazu widersprüchliche Befunde, wobei eine Reihe von Studien nahelegten, dass bereits Kleinkinder ein Verständnis für Situationen haben, in denen moralisches Handeln erforderlich ist, und sie Figuren bevorzugen, die gut sind. Diese wurden als Beleg dafür gesehen, dass Moral angeboren sei.

  • Internationale Studie unter Beteiligung der LMU zeigt: Das Verständnis von Moral ist nicht angeboren.
  • Kleinkinder unter zehn Monaten können eine gute Handlung nicht von einer schlechten unterscheiden.
  • Replikationsstudie widerlegt bisherige Befunde von angeborener Moral.

Nun haben sich Forschungsteams weltweit zusammengeschlossen, um im Rahmen einer Replikationsstudie bisherige Befunde zu überprüfen. Ihr Ergebnis, das in der Fachzeitschrift Developmental Science veröffentlicht ist, macht klar: „Es gibt keine Evidenz für angeborene Moral. Kinder unter zehn Monaten können noch nicht zwischen einer guten und einer schlechten Handlung unterscheiden“, sagt Professor Markus Paulus, Inhaber des Lehrstuhls für Entwicklungspsychologie und Pädagogische Psychologie der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU).

Zwischenzeile: Internationale Replikationsstudie, innovativer Ansatz

An der Studie nahmen mehr als 1000 Kleinkinder im Alter von 5,5 bis 10,5 Monaten teil. Ihnen wurden in einer experimentellen Situation Szenen mit Figuren vorgespielt, die sich unterschiedlich verhielten: Mal halfen sie einer anderen, einen Berg hochzukommen, mal hinderten sie diese daran und schubsten sie hinunter. Anschließend durften die Kinder zwischen den beiden Figuren wählen. Vorherige Befunde hatten nahegelegt, dass bereits Säuglinge lieber die helfende Figur haben wollten. In der nun bislang größten Studie zeigt sich jedoch, dass sich etwa die Hälfte der Kinder für die helfende Figur entschied, die andere Hälfte für die Schubser. „Die Kinder zeigten also keine Vorliebe für die Figur, die sich prosozial verhalten und einer anderen geholfen hat“, sagt Markus Paulus.

An der Studie nahmen 40 entwicklungspsychologische Forschungsteams aus der ganzen Welt teil, die auf die Verhaltensbeobachtung von Kindern in experimentellen Settings spezialisiert sind. An der LMU war neben dem Labor von Markus Paulus auch das Team von Dr. Tobias Schuwerk beteiligt. Die Idee des weltweiten Verbundprojekts zur Säuglingsforschung sei sehr innovativ und vielversprechend, um Befunde zu überprüfen, so Markus Paulus.

In Deutschland waren neben der LMU beteiligt: die Universität Bochum, die Universität Göttingen, die Universität Leipzig, die TUM School of Social Sciences and Technology, das Max-Planck-Institut für Bildungsforschung Berlin sowie das Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften Leipzig.

Publikation:

Kelsey Lucca u.a.: Infants' Social Evaluation of Helpers and Hinderers, A Large Scale, Multi-Lab, Coordinated Replication Study. In: Developmental Science 2024

Kontakt:

Prof. Dr. Markus Paulus

Lehrstuhl für Entwicklungspsychologie und Pädagogische Psychologie der LMU

E-Mail: markus.paulus@psy.lmu.de

Tel. 089-2180-5150

https://www.psy.lmu.de/epp/personen/professoren/markus_paulus/

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