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Rat auf Draht: Cybermobbing ist oft ein Racheakt

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Mobbing und Cybermobbing unter Kindern und Jugendlichen nimmt zu. So führte der psychosoziale Beratungsdienst Rat auf Draht im Zeitraum Jänner bis Oktober 2024 insgesamt 725 Beratungsgespräche mit Betroffenen zu diesem Thema am Telefon und via Chat. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum entspricht dies einer Steigerung von 9,02 Prozent. Vor allem Cybermobbing, sprich das Beleidigen, Bloßstellen, Bedrohen oder Beschimpfen in digitalen Medien (soziale Netzwerke, Messenger, etc.) nimmt immer mehr Überhand.

Cybermobbing hat viele Gesichter

„Cybermobbing kommt häufig unter Gleichaltrigen vor. Oft sind Jugendliche von Mobbing durch andere aus der eigenen Schule oder dem direkten sozialen Umfeld betroffen“, sagt Christine Piriwe, Beraterin bei der Notrufnummer 147 und Projektleiterin der Peerberatung bei Rat auf Draht. Auch die Formen von Cybermobbing sind sehr vielfältig:Die häufigsten Arten, die wir beobachten, sind Hassnachrichten und Drohungen, Bloßstellungen, der Ausschluss aus Gruppen und Hassgruppen“, weiß die Expertin aus dem Beratungsalltag zu berichten.

Der Bereich Hassmachrichten und Drohungen umfasst beleidigende Posts oder Drohnachrichten, die über Social Media oder Messenger-Dienste verschickt werden. Bloßstellungen bezeichnet die Verbreitung peinlicher oder intimer Fotos und Videos, die ohne Zustimmung der betroffenen Person verbreitet werden, mit dem Ziel, diese öffentlich zu erniedrigen. Ausschluss: Einzelne Jugendliche werden bewusst aus WhatsApp-Gruppen oder Freundeskreisen ausgeschlossen, was emotional sehr belastend sein kann. Hassgruppen im Sinne des Cybermobbing erklären sich hingegen so: „Anfangs werden Gruppen gegründet, aus denen bestimmte Personen ausgeschlossen werden. Diese Whatsapp-Gruppen können dann zu einer eigenen „Hassgruppe“ werden, in der über die Betroffenen gelästert, diese beschimpft bzw. auch durch Veröffentlichung von Fotos oder Videos bloßgestellt werden – nicht zu verwechseln mit organisierten Hassgruppen, die vor allem soziale Netzwerke dazu nutzen, um gezielt bestimmte Gesellschaftsgruppen öffentlich zu diffamieren und einzuschüchtern“, so Piriwe.

Hintergründe und Ursachen – Rache, Gruppenzwang, Langeweile

Doch warum wird gemobbt? „Viele Jugendliche, die mobben, geben bestimmte „Motive“ und für sie nachvollziehbare Gründe an und befinden sich oft in einer problematischen sozialen Dynamik“, so Piriwe. Ein Grund, der sehr oft genannt wird, ist Rache. „Oft basieren Mobbinghandlungen auf realen Konflikten. Das Mobbing dient hier als eine Art „Vergeltung“, vor allem, wenn sich die Jugendlichen im anonymen Raum des Internets sicher fühlen“, sagt Piriwe. Dabei gehe es nicht primär darum, einer Person Leid zuzufügen, sondern für sich einen „Ausgleich“ zu schaffen.

Auch Gruppenzwang und die Angst vor einem Ausschluss aus der Gruppe spielen eine Rolle: Viele Jugendliche passen sich der Gruppe an, um nicht selbst ausgeschlossen oder zum Opfer zu werden. Die Dynamik innerhalb von Freundeskreisen kann hier großen Einfluss haben. „Manche Jugendliche greifen zu schikanierendem Verhalten, um sich abzulenken, Grenzen auszutesten oder Abwechslung durch dieses destruktive Handeln zu finden. Was oft als „Spaß“ oder „Verarsche“ beginnt, wird schließlich zu Mobbing“, erklärt Piriwe. Ein weiteres Motiv kann der fehlende Zugang zu den emotionalen Folgen für das Opfer sein. „Den meisten Jugendlichen fehlen geeignete Handlungsstrategien, um mit ihrer Wut und ihren Emotionen anders umzugehen, weshalb sie entsprechend agieren. Häufig ist ihnen nicht bewusst, welche Auswirkungen ihr Verhalten auf andere hat. Genau hier gilt es anzusetzen: Aufzuklären, zu sensibilisieren und unterstützende Wege zu zeigen“, so Piriwe.

Jugendlichen, die von Cybermobbing betroffen sind, empfiehlt die Expertin, das Gespräch mit einer Vertrauensperson zu suchen, nicht allein zu bleiben, Beweise zu sichern, Hasskommentare zu melden, die betroffenen Personen zu blockieren. In einem Beratungsgespräch mit Rat auf Draht wird zudem gemeinsam überlegt, welche Maßnahmen sie selbst ergreifen können und an welchen Stellen zusätzliche Unterstützung benötigt wird.

Griefing, Doxing & Co – neue Arten des Cybermobbing

Neben den bereits genannten Formen von Cybermobbing, gibt es im Bereich des Online-Gamings spezielle Phänomene, die bereits viele Kinder und Jugendliche betreffen und zunehmend Aufmerksamkeit erfordern. Dazu gehören Griefing, Doxing und Cyberstalking. Griefing bezeichnet das absichtliche Sabotieren von Mitspieler:innen. Hier schließen sich Spieler:innen zusammen, um anderen absichtlich das Spielerlebnis zu verderben, indem sie etwa das Basislager zerstören. Piriwe: „Für viele Kinder und Jugendliche ist dies leider eine „normale“ Erfahrung im Gaming-Alltag“. Doxing beschreibt das unerlaubte Weitergeben oder Veröffentlichen persönlicher Informationen einer Person, oft verbunden mit dem Ziel, diese öffentlich bloßzustellen oder zu schädigen. Cyberstalking bezeichnet das ständige Verfolgen und Belästigen von Personen über mehrere Plattformen hinweg. Spieler:innen werden gezielt über In-Game-Chats oder andere Kommunikationskanäle gestalkt und schikaniert. Beleidigungen und Drohungen sind ebenfalls in Online-Gaming-Umgebungen weit verbreitet, vor allem in den In-Game-Chats oder über Voice-Chat-Dienste. „Jugendliche berichten uns häufig von diesen belastenden Erfahrungen, die emotional sehr fordernd sind“, so Piriwe.

Tipps für Eltern und Pädagog:innen

Um Kindern und Jugendlichen in solchen Situationen zu helfen, ist es wichtig, ihnen ehrliches Interesse und Betroffenheit entgegenzubringen, ohne dabei Vorwürfe zu machen.

  1. Rückfragen stellen: Statt sofort eine Meinung zu äußern, sollte man versuchen, durch Fragen das Erlebte zu verstehen. z. B.: Hast du gewusst, dass das, was da passiert ist, nicht „okay“ ist? Was denkst du, könnten wir gemeinsam unternehmen, um das zu lösen?
  2. Wertschätzen, was das Kind bereits unternommen hat: Zeigen Sie Anerkennung für die Versuche des Kindes, die Situation selbst zu bewältigen. Das stärkt das Selbstbewusstsein und ermutigt, in Zukunft offen über Probleme zu sprechen.
  3. Angebote zur Unterstützung machen: Bieten Sie an, das Problem gemeinsam zu lösen oder überlegen Sie, wie mit ähnlichen Vorfällen in Zukunft umgegangen werden kann.
  4. Informationen zum Thema sammeln und sich selbst Hilfe holen: Sie müssen nicht alles wissen, die Medienwelt ändert sich so rasch. Es ist in Ordnung und oft auch sehr wichtig, wenn Sie sich zunächst informieren, bevor Sie weitere Schritte setzen. Tauschen Sie sich mit anderen Eltern aus, sprechen Sie mit Beratungsstellen wie elternseite.at, dem Angebot von Rat auf Draht speziell für Eltern und Bezugspersonen.

Letztlich ist Cyber Mobbing eine Straftat, gegen die man sich seit 2021 schon bei nur einer einzeln gesetzten Handlung auch wehren und diese zur Anzeige bringen kann. Mehr Informationen dazu finden sich hier.

Das Angebot von Rat auf Draht finanziert sich zum Großteil aus Spenden.
Spendenkonto IBAN: AT10 2011 1827 1734 4400

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