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Jahrhundert-Chance für bessere Schmerzversorgung in Österreich

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Die kürzlich erfolgte Integration der Schmerzmedizin in den Österreichischen Strukturplan Gesundheit (ÖSG)* eröffnet nun den Weg für eine umfassende und nachhaltige Betreuung von Schmerzpatient:innen in ganz Österreich. Im Rahmen der Pressekonferenz gemeinsam mit Vertreter:innen der ÖGK wurde verdeutlicht, dass die nächsten Schritte entscheidend sind: Die Regionalen Strukturpläne Gesundheit (RSGs) der einzelnen Bundesländer müssen die Schmerzmedizin nun ebenfalls verankern, um flächendeckende Verbesserungen für Schmerzpatient:innen zu realisieren.

Ein wegweisender Meilenstein für die Schmerzversorgung

ÖSG-Präsident Ao. Univ.-Prof. Dr. Wilhelm Eisner bezeichnete die Integration der Schmerzmedizin in den Strukturplan als eine „Jahrhundert-Chance“ und betonte die historische Bedeutung dieses Moments: „Heute sprechen wir über eine Jahrhundert-Chance für Österreichs Schmerzversorgung. Die Aufnahme der integrativen Schmerzmedizin in den Strukturplan ist ein Meilenstein, der uns einen grundlegenden Wandel in der Versorgung von Schmerzpatient:innen ermöglicht. Jetzt liegt es an uns allen und den Ländern, diese Pläne in den RSGs umzusetzen und damit allen Schmerzpatient:innen einen besseren Zugang zu spezialisierter Hilfe zu bieten.“

Ergebnis jahrelanger Arbeit aller Beteiligten

Prim. Univ.-Prof. Dr. Rudolf Likar, MSc, Generalsekretär der ÖSG, ergänzte: „Die Entscheidung, Schmerzmedizin in den ÖSG aufzunehmen, ist das Ergebnis jahrelanger Arbeit. Schon vor ca. 10 Jahren ist ein erster bundesweiter Versuch fehlgeschlagen, aber nun trägt unsere Arbeit Früchte. Gemeinsam mit der Unterstützung des Bundesministeriums und der Gesundheit Österreich GmbH haben wir letztendlich unser Ziel erreicht. Ein erster Meilenstein war die Leitlinie unspezifischer Kreuzschmerz, über deren Qualitätskriterien wir in die Bundeszielsteuerung gekommen sind. Auch mit dem von der Ärztekammer beschlossenen Zertifikat für Schmerztherapie wurde ein großer Schritt in eine bessere Schmerzversorgung gemacht. In Kärnten gehen wir mit dem Schmerzzentrum seit vielen Jahren voraus und zeigen, wie multimodale und interdisziplinäre Schmerztherapie in ganz Österreich aussehen kann.“

Einheitliche Standards und regionale Umsetzung in den RSGs

Auch OÄ Dr.in Waltraud Stromer, Past-Präsidentin der ÖSG, unterstrich, wie wichtig die nächsten Schritte in den Bundesländern seien, damit die Strukturen im gesamten Land etabliert werden. „Die tatsächliche Verbesserung der Schmerzversorgung in Österreich hängt aber von den Regionalen Strukturplänen der Bundesländer ab. Es geht darum, den Patient:innen wohnortnahe und vor allem so rasch wie möglich sektorenüberschreitende Hilfe anbieten zu können. Dabei ist es essenziell, dass die Zahnräder ineinandergreifen und die Leitsysteme funktionieren. Wien, Oberösterreich, Niederösterreich und die Steiermark versuchen zu zeigen wie es gehen kann und arbeiten bereits an Pilotprojekten, die aber natürlich auch finanziert werden müssen. Es ist ein Gewinn für alle Patient:innen, die an chronischen Schmerzen leiden und endlich gezielte Hilfe erhalten. So können Über-, Unter- und Fehlbehandlungen vermieden werden.“

Effizienzgewinn für das Gesundheitssystem

Dr. Andreas Krauter, Leiter des Fachbereichs Medizinischer Dienst bei der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK), hob hervor, wie sehr die umfassendere Schmerzversorgung auch für die Kosten des Gesundheitssystems von Bedeutung sei. „Aus der Perspektive der Österreichischen Gesundheitskasse sind wir uns der enormen Belastung bewusst, die chronische Schmerzen für Patient:innen, aber auch dem gesamten System, darstellen. Neben direkten Kosten wie Medikamente, Krankenhausaufenthalte und Co belasten Chronifizierungen zusätzlich auch das Pensionssystem. Die Einbindung der integrativen Schmerztherapie in die Versorgungsstruktur ist ein wichtiger Schritt, um Behandlungsverläufe effizienter zu gestalten und für Betroffene vor allem eine raschere Verbesserung zu ermöglichen. Chronische Schmerzen sind ein bio-psycho-soziales Phänomen, das einer integrierten Versorgung unter Einbeziehung verschiedener medizinischer Fächer und Therapeut:innen bedarf. Je früher das Risiko einer Schmerzchronifizierung erkannt wird und der/die Patient:in eine adäquate und evidenzbasierte Behandlung erhält, desto größer sind die Aussichten auf einen Therapieerfolg. Unser Ziel ist es, Chronifizierung zu vermeiden, nicht zu verwalten.“

Wien als Vorbild für die regionale Umsetzung

Dr. med. univ. Birgit Kraft, zuständig für medizinische Fragestellungen im Bereich der Wiener Landeszielsteuerung (ÖGK), betonte, dass eine österreichweit einheitliche Schmerzversorgung dringend notwendig ist. „Wien kann eine Vorreiterrolle in der Integration der Schmerztherapie in die regionale Gesundheitsplanung übernehmen. Doch eine umfassende, strukturierte Versorgung aller Schmerzpatient:innen österreichweit zu gewährleisten, bleibt eine große Herausforderung,“ so Kraft. „Wir brauchen gleiche Behandlungsoptionen und Qualitätsstandards, die schrittweise in ganz Österreich implementiert werden. Ein/e Patient:in in Vorarlberg muss am Ende die gleichen Behandlungsmöglichkeiten haben wie ein/e Patient:in in Wien.“ Sie ergänzt: „Ein wichtiger Schritt für einen niederschwelligen Zugang zu Schmerzversorgung sind auch Kassenverträge für Anästhesist:innen. Das könne aber nur gemeinsam mit allen beteiligten Stakeholdern erzielt werden.“ Weiter betonte Kraft, dass polycolore Gruppenpraxen für Schmerzzentren dringend notwendig seien, in denen beispielsweise Anästhesist:innen, Orthopäd:innen und Neurolog:innen gemeinsam Schmerzpatient:innen betreuen können. Die fehlende Möglichkeit für solche interdisziplinären Gruppenpraxen schränkt die regionale Verfügbarkeit und Organisation der Schmerzversorgung stark ein. „Pfade für Patient:innen müssen so gestaltet werden, dass Betroffene durch alle Versorgungsstufen begleitet werden – von der Erstdiagnose durch Hausärzt:innen über die extramuralen Schmerzeinrichtungen bis hin zur spezialisierten Betreuung in den Spitalsambulanzen und multimodalen Schmerztherapie-Einrichtungen. Für Patient:innen, die ambulant nicht ausreichend betreut werden können, sind zudem Schmerzbetten in Spitälern unerlässlich,“ erklärte Kraft abschließend.

Die ÖSG ruft die Entscheidungsträger:innen in den Bundesländern dazu auf, diese historische Möglichkeit wahrzunehmen und die neuen Standards in die regionalen Pläne aufzunehmen. Damit soll ein landesweit abgestimmtes Netz der Schmerzversorgung etabliert werden, das den Menschen hilft, ihre Schmerzen gezielt zu bewältigen und vor allem Chronifizierungen zu verhindern.

*Der Österreichische Strukturplan Gesundheit (ÖSG) ist ein zentraler Plan für die Organisation und Weiterentwicklung des Gesundheitswesens in Österreich. Er wird vom Bund, den Ländern und der Sozialversicherung gemeinsam erarbeitet und bildet die Grundlage dafür, dass die medizinische Versorgung im ganzen Land gut verteilt und von hoher Qualität ist. Mit dem ÖSG wird also festgelegt, welche Versorgungsangebote in Österreich für die Bevölkerung bereitgestellt werden und wie sie strukturiert sind – von der ambulanten Basisversorgung über spezialisierte Behandlungszentren bis hin zu medizinisch-technischen Großgeräten. Der Plan legt Standards für die verschiedenen Gesundheitsleistungen fest, sodass Patient:innen in jedem Bundesland Zugang zu vergleichbar guter und sicherer Behandlung haben. Diese Standards umfassen nicht nur die technische Ausstattung, sondern auch die Qualität der medizinischen Versorgung und den Zugang zu spezialisierten Fachbereichen. Um die regionalen Bedürfnisse zu berücksichtigen, ist der ÖSG auch die Basis für die Regionalen Strukturpläne Gesundheit (RSGs) der einzelnen Bundesländer. So wird der bundesweite Rahmen des ÖSG lokal angepasst und auf die regionale Versorgung abgestimmt, was eine flexible und bedarfsorientierte Gesundheitsversorgung sicherstellt

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