Erinnerung an die berühmte Sopranistin Marta Eggerth in Mariahilf
Die große Freifläche vor dem Raimund Theater in Wien Mariahilf trägt nun den Namen von Marta Eggerth. Die erfolgreiche Operettensängerin Eggerth, ein Filmstar zahlreicher deutscher und österreichischer Musikfilme der 1930er-Jahre, war nach dem sogenannten „Anschluss“ Österreichs 1938 zur Emigration gezwungen. „Das Weggehen aus Wien hat furchtbar wehgetan“, erinnerte sich die Künstlerin noch 50 Jahre später.
Mit Wien verband Marta Eggerth viele Erinnerungen. Hier hatte ihre beeindruckende musikalische Karriere, mit für große Aufmerksamkeit sorgenden Interpretationen der Werke von Emmerich Kálmán und Franz Lehár, erste Fahrt aufgenommen. Und auch der Platz vor dem Raimund Theater ist klug gewählt, denn 1952 kehrte Eggerth für ein Engagement nach Wien zurück und feierte hier mit Lehárs „Zarewitsch“ große Erfolge.
Auf Anregung des Vereins der Freunde des Jüdischen Museums Wien und von der SPÖ Mariahilf gemeinsam mit der Grünen Alternative Mariahilf und den NEOS eingebracht, wurde die Platzbenennung nach Marta Eggerth im Dezember 2023 im Bezirksparlament mehrheitlich angenommen. Nach der Prüfung und Behandlung im Verkehrsflächenunterausschuss der Stadt Wien wurde der Antrag im zuständigen Gemeinderatsausschuss für Kultur und Wissenschaft am 4. Juni ebenfalls einstimmig angenommen.
Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler stellt fest: „Mit dem dunkelsten Kapitel in der Geschichte Wiens wurde auch der Reichtum des kulturellen und geistigen Lebens in all seiner Vielfalt zerstört. Marta Eggerth war als gefeierte Sängerin Teil der stark von Jüdinnen und Juden getragenen künstlerischen Landschaft, die Wien zu einer der bedeutendsten Kulturmetropolen des frühen 20. Jahrhunderts werden ließ und die – im Austrofaschismus schon stark beeinträchtigt – 1938 ihr endgültiges Ende fand. Die Entscheidung, einen Platz nach Marta Eggerth zu benennen, unterstreicht die Wichtigkeit, den in die Emigration getriebenen, verfolgten Künstler*innen jener Zeit, ein öffentlich sichtbares Zeichen in dieser Stadt zu setzen. Ihre Namen, ihre Lebensgeschichte und ihre Verdienste sind unverzichtbarer Teil Wiens.“
Bezirksvorsteher Markus Rumelhart freut sich über den Beschluss und betont: „In Mariahilf ist es uns besonders wichtig, vom nationalsozialistischen Regime vertriebene Personen in der Öffentlichkeit wieder sichtbar zu machen. Mit dieser Benennung schaffen wir einer bedeutenden Künstlerin, die die österreichische Kulturszene über viele Jahre hinweg geprägt hat, ein Denkmal direkt vor der Spielstätte, in der sie einen ihrer größten Erfolge feierte.“
Bezirksvorsteher-Stellvertreterin Julia Lessacher zeigt sich über die Benennung erfreut: „In Mariahilf ist es uns ein besonderes Anliegen, die durch den Nationalsozialismus Vertriebenen wieder sichtbar zu machen. Mit der Benennung setzen wir einer bedeutenden Künstlerin, die die österreichische Kulturszene über viele Jahre geprägt hat, direkt vor dem Ort ihres größten Erfolges ein bleibendes Denkmal.“
Auch VBW-Geschäftsführer Franz Patay freut sich: „Marta Eggerth hat in Lehár-Operetten in den 50er-Jahren im Raimund Theater Erfolge gefeiert. Dass der bislang namenlose Platz vor dem Musicaltheater der Vereinigten Bühnen Wien nun nach ihr benannt ist, würdigt diese besondere Künstlerin und spiegelt einen Teil ihrer Geschichte und der des Hauses wider.“
Barbara Staudinger, Direktorin des Jüdischen Museums Wien betont: „Straßennamen bedeuten Sichtbarkeit, Aufmerksamkeit und Erinnerung. Straßen in Wien nach ehemals jüdischen Wiener*innen zu benennen, ist daher besonders wichtig: Aufzuzeigen, wie wichtig jüdische Geschichte und Kultur für diese Stadt war und ist und an Menschen erinnern, die aus dieser Stadt, aus diesem Land fliehen mussten, weil sie als Jüdinnen und Juden verfolgt wurden. Sie durch Straßenbenennungen spät aber doch zu ehren, bedeutet auch, ihnen einen Platz im kollektiven Gedächtnis zu geben.“
Einschreiben von Menschen jüdischen Bekenntnisses in die Stadtgeschichte
Die Stadt Wien ist nicht nur stetig bemüht, das Ungleichgewicht zwischen weiblichen und männlichen Straßennamen in Wien abzumildern, es gibt auch ein Bekenntnis dazu, Jüdinnen und Juden im Stadtbild stärker sichtbar zu machen. Und so gelang es in den letzten 2,5 Jahren mehr als 25 Prozent der nach Personen benannten Verkehrsflächen nach Persönlichkeiten und Zeitzeuginnen jüdischen Bekenntnisses zu benennen.
Unter diesen Benennungen waren 2024 neben Marta Eggerth beispielsweise die vertriebene österreichisch-US-amerikanische Violinistin Erika Morini (Erika-Morini-Park in 1020), die 1942 im Ghetto Izbica verstorbene Ethnologin Marianne Schmidl (Marianne-Schmidl-Steig in 1190), die emigrierte Chemikerin und Mikrobiologin Edith Neumann (Edith-Neumann-Straße in 1220) oder der berühmten Sakralmusiker des 19. Jahrhunderts Salomon Sulzer (Salomon-Sulzer-Platz in 1010).
Kurzbiografie Marta Eggerth
Marta Eggerth (1912-2013) galt als musikalisches Wunderkind. Die österreichisch-ungarisch-amerikanische Operettensängerin und Filmschauspielerin wurde in Budapest als Tochter des Bankdirektors Paul Eggerth und der Sängerin Tilly Herzog geboren und stand seit ihrem elften Lebensjahr auf der Bühne. Ihre Karriere begann in Wien, wo sie etwa am Theater an der Wien auftrat und für ihre Interpretationen von Werken Lehárs und Kálmán gefeiert wurde. Bereits 1930 ging sie nach Berlin, wo sie zu einem beliebten und erfolgreichen Star des Operetten- und Musikfilms wurde.
Bei den Dreharbeiten zum Film „Mein Herz ruft nach Dir“ lernte sie ihren späteren Mann, den polnischen Tenor Jan Kiepura kennen: Das beliebte, die Massen wieder für Oper und Operette begeisternde „Traumpaar“ des deutschen und österreichischen Musikfilms der 1930er-Jahre, war geboren. Allerdings durfte Eggerth in Nazi-Deutschland als Tochter einer Jüdin ab 1935 nicht mehr auftreten. So lebte das Paar aufgrund der nationalsozialistischen Repressalien zunächst in Wien, bevor es nach dem sogenannten „Anschluss“ an Hitler-Deutschland gemeinsam mit ihrem Privatsekretär Marcel Prawy 1938 über Frankreich nach New York emigrierte.
In der Emigration setzten beide ihre glänzende Karriere, etwa an der Metropolitan Opera und am Broadway, fort. Nach dem Zweiten Weltkrieg kehrte Eggerth einige Male und bis ins hohe Alter nach Wien zurück. Erstmals kam sie 1952 und feierte in Lehárs „Zarewitsch“ am Raimund Theater große Erfolge. 2001 wurde sie mit dem Goldenen Rathausmann der Stadt Wien ausgezeichnet, 2002 erhielt sie das Große Silberne Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich. Ihre letzten Lebensjahre bis zu ihrem Tod 2013 lebte Eggerth wieder im US-Bundesstaat New York.
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