Budgetausschuss vertagt FPÖ-Antrag zur Handysicherstellung | Brandaktuell - Nachrichten aus allen Bereichen

Budgetausschuss vertagt FPÖ-Antrag zur Handysicherstellung

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Mit einem Antrag für ein Strafprozessrechtsänderungsgesetz 2024 hat die FPÖ das Kapitel Handysicherstellung neu aufgerollt (6/A). Die vorgeschlagenen Gesetzesänderungen wurden heute im Budgetausschuss allerdings mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ, NEOS und Grünen vertagt. Laut Justizministerin Alma Zadić werde unter intensiver Einbindung aller Stakeholder mit Nachdruck an der heiklen Materie gearbeitet, auch mit allen Parlamentsfraktionen sei gesprochen worden. Es sei ihr bewusst, dass die Neuregelung mit 1. Jänner in Kraft sein müsse. Sie verspreche, dass sich das ausgehe, so Zadić, die zugleich auf eine heikle Abwägung der Grundrechte zwischen Strafverfolgung und Datenschutz hinwies.

Bereits vor dem Sommer hatten ÖVP und Grüne neue Regeln für die Sicherstellung und Datenauswertung von Handys und anderen elektronischen Geräten vorgelegt und im Justizausschuss auf den Weg gebracht, er wurde allerdings im Plenum nicht mehr verhandelt oder beschlossen. Laut Zadić war diese ursprüngliche Vorlage zudem auch als Ministerialentwurf dem Parlament übermittelt worden, mit der Möglichkeit für Stakeholder, im Sommer Stellungnahmen abzugeben. Der ursprüngliche Entwurf werde nun basierend auf diesen Rückmeldungen überarbeitet. Anlass für die Neuregelung der Auswertung von Handydaten war bzw. ist ein Urteil des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) vom Dezember 2023.

Die FPÖ hat nunmehr ihrerseits den ursprünglichen Antrag von ÖVP und Grünen aufgegriffen und zum vorliegenden eigenen Antrag überarbeitet. Die Freiheitlichen weisen darin etwa auf ein zwischenzeitliches Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom Oktober 2024 zur Thematik hin. Geregelt werden sollte dem Antrag der FPÖ zufolge, dass der Zugriff auf Datenträger und Daten – wie auch im ursprünglichen Antrag vorgesehen – an eine richterliche Vorabkontrolle geknüpft wird. Ab der haptischen Wegnahme des Datenträgers sollten jegliche Zugriffe und Zugriffsversuche durch die ermittelnden Strafverfolgungsbehörden richterlich begrenzt, nachvollziehbar und überprüfbar sein.

FPÖ für richterliche Anordnung und Datenauswertung durch Gericht

Konkret wies Harald Stefan (FPÖ) darauf hin, dass die Datenkategorien, Dateninhalte und Zeiträume für die Auswertung festgelegt werden müssten. Insbesondere brauche es zudem eine organisatorische Trennung zwischen jenen, die die Daten auswerten und den eigentlich ermittelnden Behörden, so Stefan. Aus seiner Sicht sollte daher die Aufbereitung der Daten durch das Gericht erfolgen. Als Kompromiss zu einer solchen Regelung könne er sich aber etwa Ausnahmen für die Kriminalpolizei und Staatsanwaltschaft zur Datenauswertung für den Fall vorstellen, dass der oder die Betroffene nicht auf eine Auswertung durch das Gericht besteht. Einwände – betreffend Ressourcen und Verfahrensverzögerungen – gegen diesen Vorschlag der Auswertung durch das Gericht könne er nicht nachvollziehen, zumal es dabei nur darum gehe, wo dieselben Sachverständigen zugeordnet seien und wo die Daten letztlich verbleiben würden.

Aus dem FPÖ-Antrag hob Stefan außerdem hervor, dass die Beschlagnahme von Datenträgern und Daten grundsätzlich auf Delikte beschränkt werden soll, die mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedroht sind. Aber auch hier könne er sich einen Kompromiss in der Form vorstellen, dass man in manchen Fällen auch unter diesem Strafrahmen – etwa bei gefährlicher Drohung oder Cybermobbing – Abnahmen ermögliche. Grundsätzlich müsse die Materie bis Ende des Jahres „repariert“ werden, da sonst ab Jänner keine Sicherstellungen mehr stattfinden können, so Stefan. Die Bundesregierung sei bisher säumig, daher sei die FPÖ mit dem vorliegenden Antrag aktiv geworden. Insgesamt gelte es, in der Materie einen Weg im Sinn der Wahrung der Grundrechte zu finden.

Elisabeth Götze (Grüne) erachtete demgegenüber den Vorschlag als nicht praxistauglich, dass die Beschlagnahmungen auf Delikte ab einer einjährigen Freiheitsstrafe beschränkt werden sollen. Dadurch würden Fälle wie etwa gefährliche Drohung oder Cybermobbing nicht verfolgbar. Sie bekräftigte ihre Einwände gegen eine gerichtliche Auswertung der Daten, zumal dort das Knowhow erst über Jahre aufgebaut werden müsse und etwa auch Verfahrensverzögerungen die Folge sein würden. Götze wies außerdem darauf hin, dass für eine gute gemeinsame Lösung, die es geben werde, noch Gespräche laufen würden. Stephanie Krisper (NEOS) schloss sich den Einwänden hinsichtlich Ressourcen und Knowhow betreffend eine Datenauswertung durch das Gericht an. Sie bedauere aber jedenfalls den Zustand, dass man sich ohne konkrete Lösung bereits dem Jahresende nähere, zumal seit dem Urteil des VfGH bekannt sei, dass es eine Neuregelung brauche.

Zadić: Datenaufbereitung durch Gericht würde zu lange dauern

Justizministerin Zadić betonte, dass es sich um eine heikle Materie handle, weil zwei wesentliche Grundrechte abgewogen werden müssten. Einerseits gebe es das öffentliche Interesse an einer funktionierenden strafrechtlichen Verfolgung, andererseits gelte es, Grundrechte wie den Datenschutz und die Privatsphäre zu berücksichtigen. Es werde aber mit 1. Jänner eine neue Regelung geben, versicherte sie. Zudem seien alle Justizstakeholder informiert bzw. involviert und würden wissen, was auf sie zukomme. Zum Antrag der FPÖ wies sie darauf hin, dass es bei Beschränkung der Beschlagnahme von Datenträgern auf Delikte ab einer einjährigen Freiheitsstrafe nicht mehr möglich wäre, etwa bei Stalking oder Upskirting das Handy abzunehmen. Eindringlich warne sie vor dem Punkt der Datenaufbereitung durch das Gericht, weil das viel zu lange dauern würde. Im Sinn eines effizienten Strafrechts dürfe diese Aufgabe nicht an die Gerichte übertragen werden.

Eckpunkte aus dem FPÖ-Antrag zu Datenaufbereitung und Beschlagnahme

Laut dem FPÖ-Antrag sollten die Neuregelungen jedenfalls das öffentliche Interesse an der Verfolgung und Aufklärung von Straftaten mit den grundrechtlich geschützten Interessen der Betroffenen abwägen und entsprechend in Ausgleich bringen. Dabei sollten jedoch die gesetzlichen Leitungs- und Kontrollbefugnisse der Staatsanwaltschaft gegenüber der Kriminalpolizei und das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung berücksichtigt werden. Es sei so weit wie möglich klar zwischen den personenbezogenen Daten der verschiedenen Kategorien betroffener Personen zu unterscheiden.

Außerdem seien geeignete technische und organisatorische Maßnahmen umzusetzen, um sicherzustellen und den Nachweis dafür erbringen zu können, dass die Verarbeitung in Übereinstimmung mit der EU-Datenschutzrichtlinie erfolge.

Durch die vorgeschlagene Datenaufbereitung durch das Gericht sollte sichergestellt werden, dass der für das Ermittlungsverfahren zuständigen Staatsanwaltschaft oder der Kriminalpolizei eine Einsichtnahme nur in jene Daten zukommt, die in Bezug auf die Dateninhalte, Datenkategorien und den Zeitraum der gerichtlichen Bewilligung entsprechen. Der Zugriff auf und die Verarbeitung von Daten sollte letztlich nur im erforderlichen Ausmaß und nur dann erfolgen, wenn weniger grundrechtsinvasive geeignete Ermittlungsmaßnahmen nicht zur Verfügung stehen.

Detailliert will die FPÖ in der Materie etwa Auflagen für die kurzfristige gerichtliche Bewilligung zur Beschlagnahmung regeln. Festgelegt werden sollten außerdem genauere Voraussetzungen zur grundsätzlichen Zulässigkeit der Beschlagnahme von Datenträgern und Daten. Diese müssten, wie von Harald Stefan erwähnt, zur Aufklärung eines konkreten Verdachts einer vorsätzlich begangenen Straftat wesentlich sein, die mit einer mehr als einjährigen Freiheitsstrafe – mit einer mehr als sechsmonatigen Freiheitsstrafe im Fall der Zustimmung des Inhabers zur Beschlagnahme – bedroht ist. Zulässig sein sollte laut Antrag die Beschlagnahme auch für die Ermittlung des Aufenthalts eines flüchtigen oder abwesenden Beschuldigten, der einer vorsätzlich begangenen, mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedrohten strafbaren Handlung dringend verdächtig ist.

Die Beschlagnahme von Datenträgern und Daten sei außerdem durch die Staatsanwaltschaft auf Grund einer gerichtlichen Bewilligung anzuordnen und von der Kriminalpolizei durchzuführen. Nicht erforderlich sollte dem Antrag zufolge eine gerichtliche Bewilligung sein, wenn Daten, die mittels Bild- und Tonaufzeichnung an öffentlichen oder öffentlich zugänglichen Orten aufgenommen wurden, sichergestellt werden. In diesem Fall sei jede Person verpflichtet, Zugang zu diesen zu gewähren und sie auf Verlangen in einem allgemein gebräuchlichen Dateiformat auszufolgen oder eine Kopie herzustellen zu lassen.

Die Beschlagnahme dürfe zudem nur für jenen Zeitraum, jene Datenkategorien, Dateninhalte und Zeiträume angeordnet werden, die zur Erreichung ihres Zwecks voraussichtlich erforderlich sind. Bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung sei insbesondere zu berücksichtigen, ob ein konkreter oder ein dringender Tatverdacht vorliegt, ob die Beschlagnahme beim Beschuldigten oder einer sonstigen betroffenen Person, Behörde oder öffentlichen Dienststelle durchgeführt werden soll, wie schwer die aufzuklärende Straftat ist, ob durch ein Berufsgeheimnis oder Amtsgeheimnis geschützte Daten betroffen sind, wie umfangreich die voraussichtliche Datenmenge ist, wie groß der voraussichtlich betroffene Personenkreis ist, ob nur auf einem Datenträger oder auch an anderen Speicherorten gespeicherte Daten umfasst sind und ob voraussichtlich Daten einer Nachrichtenübermittlung (Verkehrsdaten, Zugangsdaten und Standortdaten), geographische Standorte, gesendete, übermittelte oder empfangene Nachrichten und Informationen sowie besondere Kategorien personenbezogener Daten umfasst sind.

„Vorläufig ohne Anordnung und Bewilligung“ sollte laut Antrag bei Gefahr im Verzug die Kriminalpolizei unter bestimmten Voraussetzungen berechtigt sein, Daten und Datenträger von sich aus sicherzustellen bzw. bei drohendem Verlust darauf zuzugreifen. Die Staatsanwaltschaft müsse demzufolge unmittelbar im Nachhinein eine gerichtliche Bewilligung beantragen.

Wenn und sobald die Voraussetzungen der Beschlagnahme nicht oder nicht mehr bestehen, habe die Staatsanwaltschaft bzw. das Gericht die Beschlagnahme aufzuheben. Detailregelungen finden sich im Antrag außerdem etwa zu Berichts- und Informationspflichten oder auch zur Rückgabe oder Vernichtung des Datenmaterials. (Fortsetzung Budgetausschuss) mbu


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