Rezession in Verlängerung. AK-Goach: „Schlüssel ist zielgerichtete Industrie- und Wirtschaftspolitik!“ | Brandaktuell - Nachrichten aus allen Bereichen

Rezession in Verlängerung. AK-Goach: „Schlüssel ist zielgerichtete Industrie- und Wirtschaftspolitik!“

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Die Betriebsrät:innen von 226 Kärntner Unternehmen haben an der Konjunkturumfrage der AK Kärnten, wissenschaftlich begleitet vom Joanneum Research, teilgenommen. Sie repräsentieren rund 66.000 Arbeitnehmer:innen, das sind etwa 30 Prozent aller Beschäftigten hierzulande. Joanneum-Studienautor Eric Kirschner fasst zusammen: „Während die Befragten schon im Vorjahr davon überzeugt waren, dass sich die wirtschaftliche Situation verschlechtern würde, haben sich die Einschätzungen für das kommende Jahr noch weiter verschlechtert. Vor allem der Bausektor, die Industrie sowie die allgemeine Verunsicherung durch multiple Krisen, gepaart mit einer deutlichen Konsumzurückhaltung der Bevölkerung, bremsen die Konjunktur weiter ein.“ 

Goach verdeutlicht: „Auch bisher optimistische Bereiche wie Informations- und Kommunikationstechnologie und Gastronomie zeigen negative Trends. In fast allen Branchen werden Neueinstellungen verschoben, dennoch bleibt der Fachkräftemangel anhaltend hoch.  Die Unternehmen fokussieren sich mehr auf Ersatz- statt auf Neuinvestitionen. Die Wirtschaft schrumpft das zweite Jahr in Folge, unser Land ist mittlerweile unter den Schlusslichtern in der Europäischen Union.“

Erschwerte Rahmenbedingungen

Die hohen Energiepreise, die EZB-Zinspolitik und eine überdurchschnittlich hohe Inflation belasten die österreichische Wirtschaft. Die Rezession ist nur teilweise auf internationale Faktoren zurückzuführen. „Anders als andere Länder verpasste Österreich die Chance zur effektiven Inflationsbekämpfung und verteilte stattdessen Geld nach dem Gießkannenprinzip. Diese steuerfinanzierten Hilfen trugen zur hohen Inflation bei, die sich von Energie und Rohstoffen auf alle Güter und Dienstleistungen ausgeweitet hat“, so der AK-Präsident.

Auftragslage nach Branchen

Gravierend negativ gestalten sich die Einschätzungen in der Sachgütererzeugung. Mit 44,6 Prozent überwiegen die negativen Erwartungen hinsichtlich der Entwicklung der Auftragslage – in der Unterkategorie „Technologiebereich“ sogar mit 53,8 Prozent. Äußerst pessimistisch zeigt sich auch die Wirtschaftsklasse „Handel und Reparatur“ mit einem Überhang von 48,3 Prozent an negativen Erwartungen. Das Bauwesen liegt mit 33,3 Prozent gleichauf mit „Energie- und Wasserversorgung, Entsorgung und Rückgewinnung“ im negativen Bereich. Auch in der Digitalwirtschaft sowie im Finanz- und Versicherungsbereich herrscht mit rund minus 30 Prozent düstere Stimmung. Da nimmt man die Stimmung im Tourismus mit nur minus 20 Prozent fast schon als Lichtblick wahr. Einzig im Bereich „öffentliche Verwaltung, Unterrichtswesen, Gesundheits- und Sozialwesen“ halten sich positive und negative Erwartungen die Waage.

Leistbares Leben und Wohnen gewährleisten 

Seit September 2021 sind die Lebenshaltungskosten massiv gestiegen. Trotz Rückgang der Inflation auf 1,8 Prozent bleiben die Preise hoch, besonders bei Lebensmitteln (+43 Prozent seit 2021). Bei Wohnkosten belasten überteuerte Mieten, steigende Betriebskosten und hohe Kreditzinsen die Bevölkerung. Die Mietpreisbremse 2024 kam zu spät und greift zu kurz. Der geförderte Wohnbau sollte als Instrument für leistbares Wohnen ausgebaut werden. Das Wohn- und Baupaket der Bundesregierung ist unzureichend und berücksichtigt nicht alle Betroffenen.

Arbeitsmarkt in Kärnten „noch“ robust 

Trotz Konjunkturschwäche zeigt sich der Kärntner Arbeitsmarkt mit 224.000 Beschäftigten im Oktober 2024 relativ stabil. Bedingt durch die Konjunktureintrübung nimmt jedoch zeitgleich die Zahl der Arbeitsuchenden um 6,9 Prozent (+1.068) weiter zu. Kärnten verzeichnet damit im Bundesländervergleich – analog zu den bisherigen Monaten im Jahr 2024 – die geringste Zunahme. Der Österreichschnitt beträgt +11 Prozent. Überproportional hoch fällt der Anstieg der Arbeitslosigkeit von Jugendlichen mit einem Plus von 20 Prozent (+286 Personen) aus. Diese Zunahme lässt sich vor allem auf die Bereiche Handel und Büro zurückführen.

Der demografische Wandel und die notwendigen Umstellungen – bedingt durch die beschleunigte Digitalisierung – erfordern eine umfassende Strategie zur Fachkräftesicherung. Mit 1. Jänner 2024 wurde der in den Lohnnebenkosten enthaltene Beitrag zur Arbeitslosenversicherung sowohl für Dienstnehmer:innen als auch für Dienstgeber:innen jeweils von drei auf 2,95 Prozent gesenkt. „Die Senkung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge 2024 zugunsten der Gewinnerhöhung der Unternehmen ist – vor allem in einer Rezession – für den Sozialstaat kontraproduktiv, denn so fehlen wichtige Mittel für eine aktive Arbeitsmarktpolitik in der Krise“, mahnt Goach.

Chancen der Koralmbahn wahrnehmen 

Die Koralmbahn bietet Chancen für Wirtschaft, Arbeitsmarkt und Bildung. Kärnten muss sich als Standort für grüne Technologien etablieren. Der Erfolg hängt von qualifizierten Fachkräften ab und erfordert integrierte Planung von Arbeit, Wohnen, Bildung und Infrastruktur. Politik, Gemeinden, Sozialpartner und Verwaltung müssen gemeinsam Konzepte entwickeln.

Die Arbeiterkammer Kärnten fordert:

  • Mehr Bundesmittel für die Gemeinden um den Ausbau der erneuerbaren Energien, die thermische Sanierung von Gebäuden, die Energieeffizienz und den Ausbau des öffentlichen Verkehrs voranzutreiben.
  • Verstärkte Förderung des gemeinnützigen Wohnbaus, um leistbaren Wohnraum zu gewährleisten und gleichzeitig die Baukonjunktur zu stützen.
  • Keine weitere Kürzung der Lohnnebenkosten zu Lasten der Arbeitnehmer:innen.
  • Ein personell und finanziell topausgestattetes AMS, um allen Arbeitsuchenden rasche Vermittlung zu gewährleisten. Die arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen des AMS sind mit dem Land Kärnten weiterzuführen, zu erweitern und budgetär abzusichern.
  • Eine umfassende „Qualifizierungsoffensive“ mit Schwerpunkt Digitalisierung und Green Jobs ist umzusetzen, um den Fachkräftemangel zu bekämpfen und Arbeitslose fit für den Arbeitsmarkt zu machen.
  • Hebung der Frauenerwerbsquote durch eine flächendeckende Kinderbetreuung und Pflegeinfrastruktur, sowie den Ausbau von Ganztagesschulen, um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu ermöglichen.
  • Betriebe, die nicht selbst Lehrlinge aus- und weiterbilden (können), haben sich an einem „Weiterbildungsfonds“ zu beteiligen.
  • Anpassung der regionalen und überörtlichen Raumplanung an die Potentiale der
    Koralmbahn.
  • Forcierung von überregionalen, interkommunalen Projekten wie Forschungseinrichtungen, Logistik-, Gewerbe- und Industrieparks usw.

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