Aktueller Budgetausblick 2024 und 2025
Starke Budgetkonsolidierung nötig: Budgetdefizite 2024 und 2025 bei 3,9% des BIP und 4,1% des BIP
- Einleitung eines Verfahrens wegen eines übermäßigen Defizits für Österreich wahrscheinlich
- Hohe Budgetdefizite durch langfristig wirkende wirtschaftspolitische Maßnahmen und anhaltende Rezession
- Anstieg der Ausgabenquote bis 2025 auf 55,2% des BIP kann von Anstieg der Einnahmenquote auf 51,1% des BIP (höchster Wert seit 2001) nicht kompensiert werden
- Schuldenquote steigt bis 2025 kontinuierlich auf 81,6% des BIP an
Das Büro des Fiskalrates erwartet für die Jahre 2024 und 2025 ein gesamtstaatliches Budgetdefizit von 3,9% bzw. 4,1% des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Dies legt die Einleitung eines Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit durch die Europäische Kommission nahe. Die deutliche Verschlechterung des Budgetsaldos im Vergleich zum Vorkrisenjahr 2019 wird dabei vorrangig durch den Anstieg der Staatsausgaben, aber auch Mindereinnahmen aufgrund der Rezession und Steuersenkungen z. B. im Rahmen der Ökosozialen Steuerreform verursacht. Die hohen Budgetdefizite lassen die Schuldenquote 2024 und 2025 auf 79,7 bzw. 81,6% des BIP ansteigen.[1]
Einleitung eines ÜD-Verfahrens gegen Österreich erwartet
Das FISK-Büro geht davon aus, dass die Budgetdefizite markant – auch mittel- bis langfristig – über der Obergrenze von 3% des BIP liegen werden.[2] Eine ähnliche Einschätzung dieser Entwicklung durch die Herbstprognose der Europäischen Kommission hätte die Einleitung eines Verfahrens wegen eines übermäßigen Defizits (ÜD-Verfahren) zur Folge.
Inflation lässt Staatsausgaben verzögert ansteigen und erhöht Defizit
Die hohe Inflation der letzten Jahre verursachte u. a. einen deutlichen Anstieg der Sozialausgaben sowie der Löhne und Gehälter der öffentlich Bediensteten. Die vollständige Budgetwirkung in diesen Bereichen entfaltet sich erst zeitlich verzögert im Jahr 2024 und hält, etwas abgeschwächt, auch 2025 an. Gleichzeitig schwächt sich das inflationsbedingt hohe Einnahmenwachstum, aufgrund des Rückgangs der Inflation ab 2024[3] deutlich ab. Abseits des zeitlich verzögerten Anstiegs der Staatausgaben ist das inflationsbedingte Wachstum der Staatsausgaben höher als jenes der Staatseinnahmen. Dies führt zu einer deutlichen und dauerhaften Verschlechterung des Budgetsaldos. Einnahmenausfälle aufgrund der Konjunkturverschlechterung[4] und Ausgabenerhöhungen aufgrund höherer Arbeitslosigkeit und des Hochwasserereignisses 2024, zusätzliche Klimaschutzmaßnahmen (z. B. USt-Befreiung für PV-Anlagen) und konjunkturstützende Maßnahmen (Wohnraum- und Bauoffensive), die ohne Gegenfinanzierung verabschiedet wurden, belasten den Staatshaushalt gegenüber dem Vorjahr zusätzlich.
Geschätzte Budgetbelastung durch das Hochwasser 2024 beträgt 1,1 Mrd Euro
Die Abschätzung der Ausgaben von Bund, Ländern und Gemeinden aufgrund des Hochwassers 2024 basiert auf den Erfahrungen mit den Hochwasserereignissen 2002. Es wird davon ausgegangen, dass die budgetäre Belastung für die Jahre 2024 und 2025 jeweils 550 Mio Euro beträgt. Auf Grund der geringeren Anzahl an vom Hochwasserereignis 2024 betroffenen Regionen fallen die budgetären Kosten trotz höherer Ersatzraten damit merklich geringer aus als im Jahr 2002. Die Ausgestaltung der zugesicherten Umschichtung von EU-Transfers für die Hochwasserhilfe dürfte nur in geringem Umfang zur Gegenfinanzierung der entstehenden Staatsausgaben beitragen.
Großes Volumen an dauerhaft wirksamen, nicht gegenfinanzierten Politikmaßnahmen verschlechtert strukturelle Budgetlage gegenüber Vorkrisenjahren deutlich
Eine Reihe an Maßnahmen verschlechtert den Budgetsaldo gegenüber den Vorkrisenjahren deutlich: Steuersenkungen (v. a. KöSt und Tarifreform Einkommensteuer) und die Überkompensation der CO2-Steuer durch den Klimabonus im Rahmen der Ökosozialen Steuerreform, die lang anhaltenden budgetären Belastungen durch die COVID-19-Konjunkturstützungen (z. B. Investitionsprämie), dauerhaft wirksame Maßnahmen im Rahmen der COVID-19-Hilfen (z. B. Coronabonus für Pensionist:innen) und Teuerungs-Entlastungspakete (z. B. UV- und FLAF-Beitragssenkung), Ausgabenerhöhungen im Zuge des neuen Finanzausgleichs (z. B. Zukunftsfonds) und starke Erhöhungen der Militärausgaben und Investitionen in die Schieneninfrastruktur. Zusätzlich setzen demografisch bedingte strukturelle Ausgabenerhöhungen für Pflege, Gesundheit und Pensionen verstärkt ein. Die seit Anfang 2020 verabschiedeten wirtschaftspolitischen Maßnahmen wurden ausschließlich ohne Gegenfinanzierung verabschiedet.
Die Ausgabenquote steigt bis zum Jahr 2025 gegenüber dem Durchschnitt der Vorkrisenjahre 2015 bis 2019 von 50,0% auf 55,2% an, obwohl ein Großteil der temporären Krisenhilfen bereits ausgelaufen ist. Gleichzeitig steigt die Einnahmenquote bis 2025 von durchschnittlich 49,6% in den Vorkrisenjahren auf 51,1% an. Dieser Anstieg ist vor allem der starken Dynamik der Lohnquote zuzuschreiben. Die umgesetzte automatische Indexierung der Steuertarifstufen („Abschaffung der kalten Progression“) verhindert einen stärkeren Anstieg der Einnahmenquote. In Summe steigt die Ausgabenquote gegenüber den Vorkrisenjahren deutlich stärker als die Einnahmenquote, die Budgetlage verschlechtert sich deutlich.
Schuldenquote liegt 2025 bereits mehr als 10 Prozentpunkte über dem Vorkrisenniveau
Trotz der historisch gesehen weiterhin sehr niedrigen Zinsausgaben 2024 und 2025 (1,4% und 1,6% des BIP) steigt die Schuldenquote v. a. aufgrund der hohen Primärdefizite 2024 und 2025 (2,5% und 2,6% des BIP) weiter an. Mit 79,7% und 81,6% des BIP liegt die Schuldenquote in den Jahren 2024 und 2025 klar über dem Maastricht-Referenzwert von 60% des BIP und der Schuldenquote vor der COVID-19-Pandemie (2019: 71,0% des BIP).
Neue EU-Fiskalregeln ergeben für 2025 Konsolidierungsbedarf von mindestens 4,4 Mrd Euro
Zur Einhaltung des Nettoprimärausgabenpfads gemäß der neuen EU-Fiskalregeln ergibt sich für Österreich bei Anwendung eines vierjährigen Anpassungszeitraums, wie bisher geplant, auf Basis der aktuellen Budgetschnellschätzung ein Konsolidierungsbedarf von 4,4 Mrd Euro im Jahr 2025. Hierbei handelt es sich um eine Untergrenze, da der Anpassungsbedarf bei Anwendung der Schutzvorkehrung bezüglich Staatsschulden eine zusätzliche deutliche Verschärfung nach sich ziehen könnte. Ob diese Schutzklausel zur Anwendung kommt und welcher Anpassungsbedarf sich daraus ergibt, hängt von Detailannahmen ab, die im Rahmen einer Verhandlung zwischen Österreich und der Europäischen Kommission zu klären sind. Die Resultate dieser Verhandlungen, die politische Entscheidungen zu Zeitpunkt, Ausmaß und Auswahl nötiger Konsolidierungsmaßnahmen einschließen, sind derzeit noch nicht absehbar.
[1] Die Schnelleinschätzung basiert auf der aktuellen WIFO-Konjunkturprognose vom 4.10.2024.
[2] Der konjunkturell bedingte Anteil am Budgetdefizit beträgt 0,8% bzw. 0,6% des BIP in den Jahren 2024 und 2025.
[3] Inflationsraten laut WIFO: 3,1% (2024) und 2,2% (2025).
[4] Reales BIP-Wachstum laut WIFO: -0,6% (2024) und +1,0% (2025).
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